Szemere

[262] Szemere (spr. ßé-), Bartholomäus von, ungar. Staatsmann aus einer uralten adligen Familie (»de genere Huba«), geb. 27. Aug. 1812 zu Vatta im Borsoder Komitat, gest. 18. Jan. 1869 in Ofen, studierte in Sárospatak und Käsmark, praktizierte darauf im Borsoder Komitat als Advokat, bereiste Westeuropa, ward 1842 zum Oberstuhlrichter, 1846 zum Vizegespan in Borsod und von demselben Komitat 1843 bis 1844 als Deputierter in den Reichstag gewählt. Im März 1848 im Ministerium Batthyányi mit dem Portefeuille des Innern betraut, entschied er sich mit Kossuth für offene Revolution, übernahm nach dem Rücktritte des Ministeriums mit jenem die provisorische Leitung der Landesangelegenheiten und trat auch in den Landesverteidigungsausschuß ein. Im Dezember 1848 als Reichskommissar nach Oberungarn delegiert, bildete er hier ein Guerillakorps zur Abwehr des eingefallenen Schlikschen Korps. Nach der Unabhängigkeitserklärung (14. April 1849) übernahm er das Präsidium des neuen Kabinetts, vergrub nach der Waffenstreckung Görgeis bei Orsova die heilige Krone und floh dann nach Konstantinopel, machte hierauf eine Reise nach Griechenland und ließ sich in Paris nieder. Hier veröffentlichte er die vornehmlich gegen Kossuth gerichteten Charakteristiken: »Ludwig Batthyányi, A. Görgei und L. Kossuth« (Hamb. 1851). 1865 kehrte er, durch Schicksalsschläge an Leib und Seele gebrochen, heim und starb in einer Privatirrenanstalt. Seine gesammelten Schriften (darunter »Reisestudien«, »Tagebücher«, »Briefe«, »Reise im Orient nach 1848«, »Strafgerichtliche Studien«, »Gedichte«, »Gedanken eines Emigrierten«, »Erinnerungen«) erschienen 1869–70 (2 Bde.) in Budapest.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 262.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika