Tabakskollegium

[271] Tabakskollegium, Abendgesellschaft, die König Friedrich Wilhelm I. von Preußen fast täglich abends in Berlin, Potsdam oder Wusterhausen um sich versammelte, und zu der die Vertrauten des Königs (Leopold von Dessau, Grumbkow, Seckendorff), Minister, Stabsoffiziere, Gelehrte (s. Gundling 2), auch durchreisende Standespersonen gezogen wurden. In diesem vertrauten Kreise ließ sich der König völlig gehen, sprach seine eigne Meinung frei aus und glaubte die andrer zu vernehmen; alles Zeremoniell war verbannt. Man rauchte (aus kurzen tönernen Pfeifen), und wer nicht rauchte, mußte die Pfeife wenigstens in den Mund nehmen. Dazu ward Ducksteiner Bier aufgetragen; im Nebenzimmer stand kalte Küche. Man unterhielt sich über Tagesereignisse, Politik und Kriegsgeschichte; auch wurden mancherlei Späße, bisweilen sehr derber Art, getrieben, namentlich mit Gundling. Von Spielen war nur Schach- und Damenspiel gestattet. Durch den Einfluß, den in diesen Abendgesellschaften namentlich die von Österreich bestochenen Vertrauten unauffällig auf den König ausübten, wurden sie auch politisch wichtig. Eine Schilderung des Tabakskollegiums liefert die Biographie Gundlings in Öttingers »Narrenalmanach« für 1846, eine dramatische Darstellung Gutzkows »Zopf und Schwert«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 271.
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