Theodōra

[468] Theodōra, 1) Gemahl in des oströmischen Kaisers Justinian I., Tochter eines Zirkusbeamten, war früher Tänzerin und Hetäre, dann die Geliebte und endlich die Gemahlin Justinians. Als dieser 527 den Thron bestieg, wurde sie auch gekrönt. Sie übte eine bedeutende Gewalt über den Kaiser aus und gab vielfache Beweise von Klugheit und Mut, aber auch von Hochmut, Herrschsucht und rachsüchtiger Grausamkeit. Bei dem 532 in Konstantinopel ausgebrochenen Nika-Aufstand verhinderte sie durch ihr unerschrockenes Auftreten ihren Gemahl, der den Mut verloren hatte, an der Flucht und rettete so seinen Thron. Ihre vertraute Freundin war die sittenlose Gemahlin Belisars, Antonina, weswegen sie Belisar begünstigte. Durch äußere Frömmigkeit und kirchliche Rechtgläubigkeit suchte sie ihren frühern Lebenswandel zu sühnen. Sie starb, 40 Jahre alt, 548. Prokopios hat in der »Geheimgeschichte« (»Anecdota«) ein abschreckendes Bild ihrer Sittenlosigkeit und ihrer Freveltaten gegeben, das von der neuern Kritik aber als übertrieben erkannt worden ist. Vgl. Debidour, L'impératrice T. (Par. 1885); Diehl, T., impératrice de Byzance (das. 1904); Holmes, The age of Justinian and T. (Lond. 1905).

2) Gemahlin des oströmischen Kaisers Theophilos, nach dessen Tod 842 Regentin für ihren unmündigen Sohn Michael III. Schon bei Lebzeiten ihres bilderfeindlichen Gemahls heimlich dem Bilderdienst zugewandt, stellte sie diesen nach ihrer Thronbesteigung wieder her; der von ihr eingesetzte Patriarch Methodios feierte 19. Febr. 842 »das Fest der Rechtgläubigkeit«, das noch heute von der griechisch-katholischen Kirche begangen wird. Sie wurde 856 auf Veranlassung ihres Bruders Bardas von ihrem Sohn in ein Kloster geschickt, später aber wieder entlassen und überlebte noch den Tod Michaels (867).

3) Tochter des oströmischen Kaisers Konstantin VIII., wurde 1042 nach dem Sturz Michaels V. mit ihrer Schwester Zoë auf den Kaiserthron erhoben, führte dann nach deren Tod und dem ihres dritten Schwagers, Konstantin IX. Monomachos, 1054–56 allein die Regierung. Mit ihr erlosch die von Basileios I. begründete mazedonische Dynastie. Vgl. Schlumberger, L'Epopée byzantine, Bd. 3 (Par. 1905).

4) Römerin, Gemahlin des Konsuls Theophylactus, schön, klug und ehrgeizig, aber sittenlos, Mutter der Marozia und der jüngern Theodora, beherrschte mehrere Jahre Rom und den päpstlichen Stuhl, auf den sie 914 Johann X., ihren frühern Geliebten, erhob.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 468.
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