Vorsteherdrüse

[264] Vorsteherdrüse (Prostata), bei den männlichen Säugetieren eine den Anfang der Harnröhre und das Ende der Samenleiter umgebende Drüse, die paarig oder unpaarig ist und bei manchen sehr groß wird. Beim Menschen (s. Tafel »Eingeweide I«, Fig. 2, und Tafel II, Fig. 4) liegt sie im untern Teil des Beckens, hat die Gestalt einer Kastanie, ist rötlichbraun und läßt ihre Drüsenläppchen mittels etwa 30 sehr enger Öffnungen in die Harnröhre ausmünden. Der weißliche Saft (liquor prostaticus) fließt vor und bei Ergießung des Samens in die Harnröhre aus und mischt sich mit ihm. Zwischen den beiden Samenleitern befindet sich im Gewebe der V. eine Spalte, der sogen. männliche Uterus (uterus masculinus), der dem Ende der Eileiter des Weibes entspricht und aus den Resten des Müllerschen Ganges (s. Eileiter) hervorgeht. – Die Erkrankungen der V. sind sehr oft von den benachbarten Schleimhäuten auf die V. fortgeleitet. Bei oder nach Tripper entstehen akute Entzündungen im Bindegewebe der V. (Prostatitis acuta), die meist äußerst schmerzhaft sind, zumal bei Untersuchung mit dem Katheter oder bei Druck vom Mastdarm her. Die Urinentleerung ist schmerzhaft, verzögert, es besteht Harn- und Stuhldrang. In schweren Fällen entstehen in der V. Abszesse, die sich in die Harnröhre, in den Mastdarm oder durch die Haut des Dammes nach außen entleeren. Ruhe, warme Sitzbäder, Narkotika bilden die Behandlung so lange, bis etwa chirurgische Eröffnung notwendig wird. Die chronische Prostatitis ist selten tuberkulös; sie entwickelt sich entweder aus der akuten oder im Anschluß an Gonorrhöe unter ähnlichen Symptomen. Der Ausfluß des Prostatasekrets (Prostatorrhöe), mit Eiter gemischt, und Vergrößerung der V. bilden die wesentlichsten Erkennungsmerkmale. Oft wird Prostatorrhöe mit Spermatorrhöe verwechselt, doch charakterisiert sich erstere mikroskopisch durch das Vorkommen großer wetzsteinförmiger Böttcherscher Kristalle nebst den geschichteten amyloiden Körperchen. Die Behandlung mit Bougies, namentlich die Anwendung von Höllenstein auf diesem Wege, ferner Massage der V. führen häufig Heilung herbei. Bisweilen entwickelt sich im vorgerücktern Alter eine Prostatahypertrophie, die starke Beschwerden im Harnlassen verursacht. Die vergrößerte V. verlegt die Harnröhre derart, daß die Blase nie völlig entleert werden kann; der allmählich immer größere Rest zurückbleibenden Harns erzeugt eine Vergrößerung der Blase, deren muskulöse Wand durch die vermehrte Anstrengung bei der Harnentleerung sich verdickt, oft derart, daß einzelne Muskelzüge auf ihrer Innenwand strangartig hervortreten (Balkenblase). Wegen völliger Harnverhaltung muß nicht selten der Katheter angewendet werden; dabei kann jedoch Blasenkatarrh eintreten, von dem aus auch Entzündung der Harnleiter und des Nierenbeckens ausgehen kann. Auch Krebs der V. kommt vor. Die Prostatahypertrophie kann manchmal durch Operation geheilt oder gebessert werden. Man schneidet entweder einen Teil der vom Damm aus freigelegenen V. weg oder bringt sie durch Einstiche mit dem galvanokaustischen Brenner zum Schwund. Auch Durchschneidung der Samenleiter hat Verkleinerung der V. zur Folge, ebenso Bestrahlung mit Röntgenstrahlen. Vgl. Güterbock, Die Krankheiten der Harnröhre und der Prostata (Wien 1890); Socin und Burckhardt, Die Verletzungen und Krankheiten der Prostata (Stuttg. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 264.
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