Willkür

[654] Willkür, soviel wie grundloses, launenhaftes Wollen (s. Wille); im engern Sinn eine Bestimmung oder Entscheidung, die nicht durch das Gesetz oder die Vernunft an sich gegeben ist, sondern aus freier Wahl erfolgt; daher gewillkürtes Recht, dasjenige Recht, das auf äußern Satzungen beruht, im Gegensatz zu dem Vernunftrecht oder philosophischen Recht. Früher wurden auch die Statuten einzelner Korporationen und Gemeinden Willküren (Gedingrecht) genannt. In Deutschland galt früher der Satz: »W. bricht Stadtrecht, Stadtrecht bricht Landrecht, Landrecht bricht gemeines Recht.« Auch bedeutet W. im Gegensatze zum Gesetz das diesem entgegengesetzte und durch dasselbe nicht gerechtfertigte Wollen und Belieben. Willkürliche Strafen gibt es heutzutage nach dem Gesetze nicht mehr, da eine Handlung nur dann mit einer Strafe belegt werden darf, wenn eine solche hierfür gesetzlich bestimmt ist. Vgl. auch Nulla poena sine lege poenali.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 654.
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