Bleichsucht

[876] Bleichsucht (Chlorosis), eine am häufigsten das weibliche Geschlecht, vorzüglich in den Jahren der Geschlechtsreife befallende, jedoch auch beim männlichen Geschlecht vorkommende u. hier gewöhnlich als Blutarmuth bezeichnete chronische Krankheit, charakteristisch durch eine ungewöhnlich bleiche, hier u. da selbst ins Grünliche fallende, bisweilen fast leichenartige Farbe des Gesichts u. der übrigen Haut, Blässe der gewöhnlich gedunsenen Lippen u. bläuliche od. gelbliche Ringe um die Augen, Schlaffheit u. Gedunsenheit der Haut, Mattigkeit, trübe, traurige, reizbare Gemüthsstimmung, beklommenen Athem, Herzklopfen, gestörte Verdauung, verminderte od. auf ungewöhnliche Dinge gerichtete Eßlust, Neigung zu Stuhlverstopfung, Magenkrampf, Austreibung des Unterleibes, fehlende u. in ihrer Entwickelung zögernde, od. zu sparsame, zu seltene, schmerzhafte, zu starke, in unregelmäßigen Zwischenräumen erscheinende Menstruation, weißer Fluß. In den Halsvenen ist ein eigenthümliches Sausen, das sogenannte Nonnengeräusch (s.d.), hörbar. Das Übel wird entweder durch die sich regelmäßig einstellende Menstruation, Verheirathung, eine eintretende Schwangerschaft etc. gehoben, od. geht in Auszehrung, Verwässerung des Blutes, Hysterie etc. über. Begründet wird die B. durch schlechte od. dürftige Ernährung u. Pflege des Körpers überhaupt, schnelles Wachsthum, zu schnelle od. auch zu späte Geschlechtsreife, Onanie, Skropheln, Rhachitis, niederdrückende Gemüthsaffecte, bes. unglückliche Liebe, vorwaltende Ausbildung des Geistes, Mangel an Bewegung u. am Genuß der freien Luft etc. Die ärztliche Behandlung[876] der B. hat zunächst die veranlassenden Momente zu entfernen, den Genuß der freien Luft, Bewegung, laue, später kühle Bäder, Erheiterung des Gemüths, leicht verdauliche u. nährende Kost zu empfehlen, selten sind die Menstruation treibenden Mittel nöthig. Die in späteren Jahren eintretende B. entsteht gewöhnlich durch Unordnungen in der Menstruation, auch durch plötzliche Unterlassung des Geschlechtsgenusses, bei Wittwen etc. Vgl. Richter, Blutarmuth u. Bleichsucht, die wichtigsten Krankheiten der Jetztzeit, Lpz. 1850. Die B. ist auch eine Krankheit der Schafe (s. Egelkrankheit) u. der Pflanzen; diese werden blaß u. gelb, treiben dünne Stängel u. Äste, u. weder Blätter noch Blüthen bilden sich gehörig aus, sondern sterben sehr leicht ab. Die Säfte sind mit sehr viel Wasser u. Schleim vermischt. Viel Regen u. plötzlich eintretende Kälte nach warmen Tagen, worauf dann wieder wärmeres Wetter folgt, sind die Ursachen. Gegenmittel: gepulvertes u. mit Erde vermischtes Eisenvitriol, womit die Pflanzen überstreut werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 876-877.
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