Boccaccio

[935] Boccaccio (spr. Bokkatscho, Giovanni), stammte aus einer Familie aus Certaldo, daher er sich B. de Certaldo nannte u. später den Namen il Certaldese erhielt; er war der natürliche Sohn eines Kaufmannes in Florenz, 1313 in Paris geb., kam zeitig nach Florenz, lernte in Paris die Handlung, conditionirte 6 Jahre in Neapel, schloß sich aber hier an Gelehrte an u. studirte die Wissenschaften, befaßte sich mit poetischen Studien, vorzugsweise über Dante, u. versuchte sich selber in lateinischen u. italienischen Versen. Nach dem Tode seines Vaters ließ er sich um 1350 in Florenz nieder, lebte ganz seinen Studien u. begann gleich Petrarca, mit welchem er befreundet wurde, Handschriften zu sammeln u. zu copiren. Unter andern besaß er die ersten nach Italien gekommenen Handschriften der Iliade u. Odyssee. Um sich im Griechischen zu vervollkommnen, ließ er den Leontios Pilatos aus Thessalonich zu sich kommen u. behielt ihn 3 Jahre in seinem Hause. Er wurde seit 1350 zu mehreren diplomatischen Sendungen gebraucht, so nach Ravenna, 1351 zu Ludwig von Brandenburg u. 1353 u. 1354 nach Avignon zum Papst; besuchte 1363 auf kurze Zeit Neapel u. lebte dann im Stillen ganz den Studien auf seinem Landgute zu Certaldo; 1373 erhielt er den neuen Lehrstuhl zu Erklärung des Dante zu Florenz u. st. 21. Dec. 1375 in Certaldo. Sein Verhältniß zu der von ihm unter dem Namen Fiametta besungenen Prinzessin Marie, natürlicher Tochter des Königs Robert von Neapel, ist sagenhaft. B. ist der Erfinder der Ottaven u. einer der vorzüglichsten Schriftsteller in der prosaischen Erzählung Italiens; er schr.: Decamerone (100 Erzählungen, zum Theil provenzalischen Dichtern nacherzählt), 1. Ausg. Ven. 1471 (nur in 4 Exemplaren bekannt) u.ö., herausgeg. von Poggiali, Livorno 1789 f., 4 Bde.; Pisa 1815, 4 Bde., von Piagoli, Par. 1823, 5 Bde., von Ugo Foscolo, Lond, 1825 (deutsch von Soltau, Berl. 1803, 3 Bde., von Witte, 2. Aufl. 1843, 3 Bde., von Vincenzo, Graf von Brusantini in italienische Verse übertragen). Er schrieb außerdem: La Teseide (romantisches [935] Epos); Amerosa visione (Gedicht); Il Filostrato; Nimfale Fiesolano; Rime; die Romane: Il Filocopo u. L'amorosa Fiametta (deutsch von Sophie Brentano); Nimtale d'Ameto (Schäfergedicht); Il Corbaccio os a Labirntod'Amore; Origine, vit ae costumi di Dante Alighieri; Commento sopra la commedia di Dante (bis zum 1 7. Gesang); De genealogia Deorum; De casibus virorum et feminarum illustrium: De cla ris mulieribus; De montium, sylvarum etc. nominibus; Eclogae u. Fpistolae. Seine Opere (mit Ausnahme des Decamerone. der Teseide, Filostrato u. der Briefe), Neap. 1723–24, 6 Bde.; Opere complete. herausgeg. von Montier, Flor. 1827 ff., 17 Bde. Eine Auswahl in einer deutschen Übersetzung von Schaum, Quedlinb. 1836, 6 Bde.; Lebensbeschreibung von Baldelli, Flor. 1806

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 935-936.
Lizenz:
Faksimiles:
935 | 936
Kategorien: