Bukhāra [2]

[439] Bukhāra (Gesch.). V. war zur Zeit Orguz Khans die Hauptstadt von Turkestan; 909 wurde es Hauptstadt der Samaniden, doch verließ es Abul Hassan Nasser (regierte 914–941) u. residirte in Herat; nach dem Sturz der Samaniden 993 kam V. an die Mogols von Kathai; 1197 nahm sie ihnen Mahomed Khan von Kharesm wieder ab; 1219 ging sie an Dschingis-Khan über, der sie verbrennen ließ. Von Dschingis-Khans Sohn, Dschiagethi, wieder hergestellt, wurde B. 1370 von Tamerlan erobert u. blieb den Timuriden bis 1498, wo Babur von Schaibek Khan vertrieben wurde. Schaibek Khan regierte bis 1510, wo er in der Schlacht bei Meru gegen die Timuriden fiel. Mit ihm kamen die Usbekischen Khane wieder aus den Thron von V. Sein Nachfolger Kuschandschi st. 1529, u. nach dem Tode von dessen Sohn Abusaid folgte 1533 Obeid Khan, dessen Vetter, ein Enkel Schaibeks, welcher bis 1584 regierte. Diese Dynastie endigte 1599 mit Abdul Mumm, dessen Mörder, Imam Kuli Khan, B. einnahm; dieser regierte bis 1642. Sein Nachfolger, Nadir Mahomed, wurde 1646 abgesetzt u. dessen Sohn Abdolaziz Khan folgte. Nachher wurde das Khanat in das von B. u. von Samarkand getheilt, später aber wieder vereinigt. In neuester Zeit war Großkhan von B. u. Samarkand Mir Heider Khan; als erstarb, folgte ihm sein Sohn Mir Hussein, u. diesem nach viermonatlicher Negierung sein Bruder Bahadur (Batkar) Khan. Die Khane von V. waren in stetem Krieg mit den Khanen von Khiwa u. von Khokand; auch die ihm untergeordneten Fürsten von Scher Schabaz u. Hissar erkannten ihre Oberherrlichkeit nicht an u. der von Khanduz plünderte das B. unterworfene, aber nicht zinspflichtige Balkh. 1826 kam Nasser Alla (Nesser Ulla) an die Negierung. Er regierte mit seinem Minister Kusch Beki gerecht u. gut, hob das gesunkene Ansehen seines Staates nach Innen u. Außen, aber nach dem Sturze des Veziers Kusch Beki, 1837, regierte er, unter dem Einflusse der fanatisch-islamitischen Geistlichkeit, hart u. ungerecht. Als die Briten 1838 B. gegen die Russen sichern u. deshalb den Khan zur Einstellung der Raubzüge in das russische Gebiet u. Freigebung der bei jenen Zügen gemachten Gefangenen bestimmen wollten, schickten sie den Obersten Charles Stoddart als Agenten nach B. Dieser kam schon in Differenzen mit dem Vezier wegen des Empfangs beim Khan, u. da er sich bei der Audienz selbst ungeeignet benahm, wurde er in (in unterirdisches Gefängniß gesetzt u. mit dem Tode bedroht, wenn er nicht zum Islam überginge. Er that zwar das Letztere, erklärte aber nach seiner Freilassung, daß sein Übertritt zum Islam erzwungen gewesen u. deshalb nicht bindend für ihn sei. Da Stoddart auch jetzt noch im Lande blieb u. ein allgemeiner Widerwille sich gegen ihn zeigte, so ließ ihn der Khan, der in dem Fremden einen Spion argwöhnte, am 17. Juni 1842 in B. hinrichten. Mit ihm wurde der Capitän Conolly, welcher in gleicher Absicht, wie Stoddart, in Khokand gewesen u. nun nach B. gekommen war, enthauptet. Lauge erfuhr man in Europa nichts über das Schicksal der beiden Briten, bis, um Gewißheit zu erhalten, 1843 der Missionär Wolff nach V. ging. Der Khan, welcher in einer Niederlage durch die Khiwaner am 26. Mai 1843 bei Khefarasy eine Strafe Gottes für die Hinrichtung der Engländer erkannte, nahm Wolff rücksichtsvoller auf, u. dieser kehrte in Begleitung einer Gesandtschaft, welche der Khan auf Wolffs Vorstellung zu seiner Entschuldigung nach England schickte, zurück. 1853 wurde der Khan von einer Bande Unruhestifter, meist aus Afghanen bestehend, ermordet, u. Ildhirim, der bisherige Vexier, ein Afghanenfürst, zum Khan erhoben. Vgl. Grover, The Bokhara victims, Lond. 1845; Wolff, To ascertain the fate of Col. Stoddart and Cap. Conolly, ebd. 1845.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 439.
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