Hexamĕter

[355] Hexamĕter (v. gr.), ursprünglich griechischer, von den Epikern gebrauchter (daher Epischer od. Heroischer Vers), aus Daktylen u. Spondeen bestehender Vers. In jedem Versfuß können Daktylen od. Spondeen stehn, nur im fünften steht regelmäßig ein Daktylus u. der sechste Fuß ist nur ein Spondeus od. Trochäus.

Schema:

Hexamĕter

Der heroische H. soll ursprünglich aus den delphischen Orakelsprüchen hervorgegangen sein (daher auch Theologisches Metrum, Pythisches Metrum). Meist haben gute H. ihre Hauptcäsur im dritten Fuße u. zwar entweder nach der Länge (männliche Cäsur), od. nach der Kürze (weibliche Cäsur). Durch einen Abschnitt des epischen H-s nach dem vierten Fuße, wodurch die beiden letzten

Hexamĕter

abgesondert werden, entsteht der Bukolische H. (so genannt, weil er bes. häufig in bukolischen Gedichten vorkommt). Gereimte H., wie z.B. die Weissagungen von Lehnin (s.u. Hermann 49), kommen in der klassischen Zeit nicht vor, s.u. Leoninische Verse. Durch Verbindung des H-s mit dem Pentameter zu Distichen entsteht das Elegische Versmaß. In den neuern Sprachen ist der H. in der deutschen am besten gelungen, wo ihn im 16. Jahrh. zuerst Fischart, Heräus, K. Geßner u. Andere versuchten. In der Mitte des 18. Jahrh. wurde er bes. von Uz, Klopstock u. Kleist empfohlen u. gebraucht u. von Voß ausgebildet; dieser nebst Schlegel, I. F. Schmid, Apel u. Andern haben die Aufgabe gelöst, die früher häufig statt der Spondeen wiederkehrenden Trochäen zu vermeiden u. den antiken H. genau nachzubilden. Welcher Vollkommenheit der deutsche H. fähig ist, beweist Goethe's Hermann u. Dorothea. Italienische H. versuchte Annibal Caro, französische Baïf, beide im 16. Jahrh., englische Stanyhorst u. Sidney, schwedische Adlerbeth, holländische Meermann, ungarische Barot u. Debrentei.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 355.
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