Mistel

[322] Mistel 1) die Pflanzengattung Viscum; 2) Weiße M. (Viscum album), immergrüner, auf den Ästen der Birn- u. Äpfelbäume, wohl auch auf Eichen- u. Nadelhölzern (doch kommt auf diesen mehr der Loranthus europaeus unter dem Namen Eichenmistel vor), wo er schmarotzend wächst, 1–2 Fuß hoher Strauch, durchaus grünlichgelb, mit sehr ästigen, sparrigen, gabelförmig zertheilten Stängeln, lanzettförmigen, lederartigen, gegenüberstehenden, glatten, ganzrandigen Blättern, durchscheinenden, glatten, kugelrunden, weißen, mit klebrigem Schleim erfüllten Beeren. Die Fortpflanzung geschieht durch die an der Rinde sich anlegenden Samenkörner auf dem Baume selbst, auf anderen durch die Misteldrossel, welche die Kerne unverdaut von sich gibt. Kühe, Ziegen u. Schafe fressen den ganzen Strauch. Aus den Stängeln u. Beeren wird Vogelleim (Mistelharz) gemacht. Die Beeren sind ein Winterfutter für die Drosseln, Gimpel u. Kernbeißer. Die jungen Äste des auf Eichen wachsenden, übrigens aber von anderem nicht verschiedenen M-s (Viscum quernum), frisch von schwachem, unangenehmem, schleimigkratzendem Geschmack, sonst als Mittel gegen die Epilepsie in großem A nsehen, u. Bestandtheil mehrer Mittel gegen Epilepsie, bes. des Markgrafenpulvers u. m. a. Die M. war ein bedeutendes Symbol in der Druidenlehre; sie wurde von einem weiß gekleideten Priester mit großer Feierlichkeit abgenommen u. in einen Trank verwandelt, welcher jedem lebendigen Geschöpfe Fruchtbarkeit verliehen u. ein allgemeines Gegengift sein sollte.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 322.
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