Nichts

[878] Nichts, 1) das Gegentheil von Etwas, Verneinung der Existenz. Obgleich dieser Begriff an sich höchst einfach ist, so ist er doch aus dem Grunde Gegenstand verschiedener Auffassungen geworden, weil die metaphysische Frage nach dem, was in Wahrheit ist u. den wechselnden Erscheinungen zu Grunde liegt, veranlaßt hat, auf den Begriff des Nichtseienden ebenso, wie auf den des Seienden, Unterscheidungen u. nähere Bestimmungen zu übertragen. So nannte schon Plato die Materie, das den Ideen gegenüberstehende Element des Wandels u. Wechsels, ein Nichtseiendes (μὴ ὄν), welches gleichwohl in gewissem Sinne auch als seiend gedacht werden mußte, ein relatives N., im Unterschiede vom absoluten N. Den Verlust gewisser Eigenschaften, welchen die Dinge in ihren Veränderungen erfahren, bezeichnete Aristoteles als Beraubung (Steresis, Privatio), u. daher unterschieden die Scholastiker ein Nihil privativum, ein Nichts, welches sich im Verschwinden eines vorher da gewesenen zu erkennen gibt, von dem Nihil negativum, als dem einfachen Ausdrucke für das Nichtsein überhaupt. Ferner scheint dem Unbestimmten u. Allgemeinen im Vergleich zu dem Bestimmten u. Besonderen etwas zu fehlen; u. wo man das Erstere als die Grundlage des Letzteren betrachtet, kann das Nichts als die Grundlage des Letzteren angesehen werden, wie z.B. Jakob Böhme sagte: Gott außerhalb der Natur u. Creatur ist ein ewiges N., Oken das Zeichen der Null zum Symbole des Absoluten machte u. Hegel den Satz aussprach: das Sein (das gänzlich unbestimmte) ist N. Namentlich hat, während die antike Welt an dem Satze festhielt: aus Nichts wird Nichts (ex nihilo nihil fit), die Lehre von der Schöpfung aus Nichts vielfache Veranlassung zu Versuchen gegeben, die Bedeutung dieses Nichts, aus welchem Gott die Welt geschaffen habe, zu bestimmen, u. unter Anwendung des aus der antiken Philosophie überlieferten Begriffs der Materie als eines relativen Nichts, d.h. als eines nicht wirklich, sondern möglicherweise Seienden, entstanden darüber verschiedene Meinungen, ob Gott die Materie selbst, od. die Welt nur aus der Materie (ex materia praejacenti)[878] geschaffen habe. 2) (Nihilum), Hüttenproduct; Graues N., s. Tutie; Weißes N. (Nihilum album, Pompholyx), unreines, beim Schmelzen des Zinks im Großen als Sublimat gewonnenes Zinkoxyd, weiße, leichte, lockere Masse, das im Handel vorkommende ist meist verunreinigt, oft ohne Spur von Zinkoxyd, weshalb in der Pharmakopöe stets die Zinkblumen statt dessen anzuwenden sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 878-879.
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