Böhm [1]

[11] Böhm, 1) (Böhme), Jakob, geb. 1575 in Altseidenberg bei Görlitz, Bauernsohn, wurde Schuhmacher, wanderte, kehrte 1594 nach Görlitz zurück u. wurde hier Meister. Schon als Knabe hatte er Entzückungen u. Visionen gehabt, später hatte er viel über Religionsgegenstände nachgedacht u. gelesen u. bes. über die damaligen Krypto-calvinistischen Zänkereien viel gegrübelt, um zu erforschen, was der wahre Glaube sei; neue Visionen kamen 1600 u. 1610, u. er wähnte nun in den innersten Grund der geheimen Natur eingeführt zu sein u. schrieb die Offenbarungen als: Aurora od. die Morgenröthe im Aufgange, welches der sächsische Hofmarschall v. Pflug, Amsterd. 1612, drucken ließ. Der Pastor Primarius in Görlitz, Georg Richter, verdammte B. von der Kanzel wegen dieses Buches, wodurch der Rath bewogen wurde, B. 1613 das Bücherschreiben zu verbieten. Von anderen Seiten erhielt er dagegen Aufforderungen, ferner zu schreiben, u. von zahlreichen Anhängern in Schlesien u. der Lausitz Unterstützungen, so. daß er die Schuhmacherei ganz aufgab. Seit 1619 schrieb er wieder: Die drei Principien des göttlichen Wesens; Sex puncta mystica; Sex puncta theosophica. 1624 erregte die Schrift »Von wahrer Buße u. wahrer Gelassenheit« von Neuem Richters Zorn, u. dieser bewirkte, daß man B. rieth, Görlitz zu meiden. B. begab sich nach Dresden zu dem Arzt Hinkelman, wo er viele Gelehrte kennen lernte u. unter der Hand von Beauftragten um seine Lehre befragt wurde. Nach einiger Zeit kehrte B. nach Görlitz zurück, wo er nach wenigen Wochen am 27. Novbr. 1624 st. Außer den genannten Schriften schrieb er noch mehrere andere, gesammelt von Betke, Amsterd. 1675; von Gichtel, ebd. 1682, 10 Bde., 2. Ausg. 1715, 3 Ausg. 1730, 6 Bde.; von Schiebler, Lpz. 1831–47, 7 Bde.; Auszug, ebd. 1718 u. Frkf. l801; Lebensbeschreibung von A. von Frankenberg, im 1. Bde. der Amsterd. Ausg. von B-s Schriften 1682; Jak. Böhm, ein biographischer Versuch, Pirna 1801, Dresd. 1802; von Friedrich de la Motte Fouqué, Greiz 1831, u. von [11] Wullen, Stuttg. 1836. Die Schriften B-s sind von seinen Anhängern als göttliche Offenbarungen von Gott, Schöpfung, Natur, Sünde zu hoch, selbst über die Bibel geschätzt, von seinen Gegnern zu gering geachtet worden. Sie enthalten viel Treffliches, neben vielem Verschrobenen u. Schwärmerischen. Er schrieb ohne alle wissenschaftliche Bildung, begabt mit einer sehr lebendigen, regellosen Phantasie, versehen mit vielen, aber nicht recht verstandenen u. verarbeiteten theosophischen, chemischen u. alchemischen Kenntnissen. Er wollte nie einen Separatismus, wie mehrere seiner Anhänger behauptet haben, begründen. Die Schellingsche u. Hegelsche Schule haben in neuerer Zeit bes. auf B. aufmerksam gemacht. Vgl. Gamberger, Die Lehre J. B-s, Münch. 1844; Wullen, Blüthen aus J. B-s Mystik, Stuttg. 1838; Fechner, Jakob B., Görlitz 1857. Erklärer seiner Schriften waren die Philadelphisten in England u. J. Pordage; seine Anhänger hießen Böhmisten. 2) Amadeus Wenzel, geb. 1771 in Prag, bildete sich zum Kupferstecher unter Kohl in Wien, ging später nach Dresden u. 1797 von da nach Leipzig, wo er 1823 st. Er stach hauptsächlich Platten für Pathenbücher u. ähnliche Bilderwerke. Seine bedeutendsten Stiche sind: Der Apostel Paulus, nach Screta, u. eine Madonna, nach Carlo Dolce. 3) Johann Daniel, geb. 1794 in Wallendorf in Ungarn, Bildhauer u. Medailleur, war 1821 u. 1822 in Florenz u. Rom u. wurde als Hofmedailleur u. Lehrer der Graveurakademie nach Wien berufen. Außer Statuen, Basreliefs u. Büsten in Marmor (der löwenbändigende Amor, Antike Tänzerin etc.), fertigte er viele Stempel zu Münzen u. Medaillen, desgleichen mehrere Cameen (Kaiser Franz I., Thorwaldsen etc.). 4) S. Böhme.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 11-12.
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