Böhm [2]

[145] Böhm, 1) Johann Daniel, Bildhauer, Medailleur und Steinschneider, geb. 16. März 1794 zu Wallendorf in Ungarn, gest. 15. Aug. 1865 in Wien, widmete sich seit 1814 der Kunst und war Schüler Cervaras, bildete sich jedoch meist als Autodidakt zu Florenz und Rom. Später wurde er als Hofmedailleur und Lehrer der Graveurschule nach Wien berufen.

2) Theobald, Verfertiger von Holzblasinstrumenten (besonders Flöten), geb. 9. April 1794 in München, gest. daselbst 25. Nov. 1881, war als Flötist langjähriges Mitglied der königlichen Kapelle und auch als Komponist für sein Instrument, besonders aber als Verbesserer der Konstruktion desselben tätig. Das »System B.« wurde auch auf andre Holzblasinstrumente übertragen und hat eine vollständige Umwandlung im Bau derselben hervorgebracht. Er schrieb: »Über den Flötenbau und die neuesten Verbesserungen desselben« (Mainz 1847) und »Die Flöte und das Flötenspiel, in akustischer, technischer und artistischer Beziehung« (München). Sein wissenschaftlicher Beirat war Karl v. Schafhäutl.

3) Joseph, Gründer der modernen Wiener Geigenschule, geb. 4. März 1795 in Pest, gest. 28. März 1876 in Wien, erhielt von seinem Vater den ersten Unterricht im Gesang und Violinspiel, vervollkommte sich im letztern unter Rodes Leitung, konzertierte bereits in seinem achten Lebensjahr und ward 1819 erster Violinlehrer am Wiener Konservatorium, später auch Mitglied der Hofkapelle. Er komponierte Konzerte und Duette für Violine, Streichquartette etc. Seine namhaftesten Schüler sind: Ernst, Hauser, Auer, Ed. Singer, G. Hellmesberger, Joachim, Rappoldi.

4) Joseph Edgar, Bildhauer, Sohn von B. 1), geb. 4. Juli 1834 in Wien, gest. 12. Dez. 1890 in London, wurde durch seinen Vater früh in die Kunst eingeführt und bereiste mit diesem auch Italien und England. 1862 ließ er sich in London nieder, wo er durch Porträtbüsten und Statuetten bekannt wurde, die ihm Aufträge des Hofes verschafften. Allmählich gelangte er auch zu größern, monumentalen Arbeiten und namentlich zu Porträtstatuen; so schuf er eine[145] kolossale Marmorstatue der Königin Viktoria, des Prinz-Gemahls und des Königs Leopold I. von Belgien für das Schloß in Windsor, eine kolossale Bronzestatue des Dissenterpredigers John Bunyan (gest. 1688) in Bedford, eine bronzene Reiterstatue des Prinzen von Wales für Bombay, eine sitzende Figur Thomas Carlyles, die Statue des Feldmarschalls Bourgoyne auf dem Waterlooplatz in London, die des Lords Napier of Magdala für Ostindien und das Standbild des deutschen Kaisers Friedrich III. für die Georgskapelle im Schloß zu Windsor.

5) Rudolf, Pharmakolog, geb. 19. Mai 1844 in Nördlingen, studierte in München, Würzburg, Leipzig, habilitierte sich 1871 in Würzburg, ging 1872 als Professor der Pharmakologie, Diätetik und Geschichte der Medizin nach Dorpat, folgte 1881 einem Rufe nach Marburg und wurde 1884 Professor der Pharmakologie und Direktor des pharmakologischen Instituts in Leipzig. Er schrieb: »Studien über Herzgifte« (Würzb. 1871); »Handbuch der Intoxikationen« (mit Naunyn und H. v. Boeck, in Ziemssens »Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie«, 2. Aufl., Leipz. 1880); »Lehrbuch der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnungslehre« (Jena 1884, 2. Aufl. 1891); »Das südamerikanische Pfeilgift Curare« (2 Tle., Leipz. 1895 u. 1897); auch ist er seit 1882 Mitherausgeber des »Archivs für experimentelle Pathologie und Pharmakologie« (Leipz.).

6) Richard, Zoolog und Afrikareisender, geb. 1. Okt. 1854 in Berlin, gest. 27. März 1882 in Ostafrika, studierte Zoologie in Lausanne, Jena und Berlin, ging 1880 im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft mit v. Schöler, Kaiser und Reichard nach Ostafrika, zog 1881 von Bagamoyo über Tabora zum Tanganjikasee und erlag in Urua dem Fieber. Von seinen reichen Sammlungen und Skizzen ging der größte Teil durch einen Lagerbrand verloren. Seine Briefe aus Ostafrika wurden von Schalow herausgegeben: »Von Sansibar zum Tanganjika« (Leipz. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 145-146.
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