Gichtel

[344] Gichtel, Joh. Georg, geb. 4. (14.) März 1638 in Regensburg, wo sein Vater Senator u. Steuerherr war; er studirte in Strasburg erst Theologie, dann Jurisprudenz, kam hierauf nach Speier, wo er bei einem Advocaten arbeitete, u. wurde 1664 Advocat in Regensburg. Hier lernte er den Freiherrn von Weltz kennen, mit dem er sich zu einer Reformation der Protestantischen Kirche, welche in der Einführung u. Verbreitung theosophisch-asketischer Ideen bestehen sollte, u. zur Bekehrung der Heiden verband. Sie nannten ihren Bund die Jesum liebende Gesellschaft. Weltz ging nach Amerika, G. blieb noch in Europa. Als er auf einer Missionsreise 1665 nach Nürnberg gekommen war, ließen ihn die Regensburger daselbst gefangen nehmen, nach Regensburg bringen u. dann als Ketzer u. Schwärmer des Landes verweisen. Nachdem er eine Zeit lang in Gersbach bei Pistorius gelebt u. in Wien die Angelegenheiten Weltz's geführt hatte, ging er 1667 nach Holland, lebte Anfangs in Zwoll u. seit 1668 in Amsterdam u. starb daselbst 8 Jan. 1710. Seine Anhänger hießen Gichtelianer od. Engelsbrüder (s.d.), an deren Spitze nach seinem Tode Überfeld stand. Er gab J. Böhms Schriften heraus u. schr.: Kurze Eröffnung der drei Principien u. Welten im Menschen, 1669. Seine Briefe gab heraus Gottfr. Arnold 1701, 2 Bde., 1798, 5 Bde., von Überfeld als Theosophia practica, Leyd. 1722, 7 Bde., u. Ausg. Berl. 1768; Lebensbeschreibung von Reinbeck, Berl. 1732, u. Kanne in Leben erweckter Christen, 2. Bd.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 344.
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