Probiren

[607] Probiren (v. lat.), 1) die Möglichkeit u. Beschaffenheit einer Sache durch Erfahrung od. eigene Empfindung zu erkennen suchen, vgl. Probe; 2) so v.w. Probe 2) u. Probirkunst 1); 3) Waffen vor dem Gebrauch gehörig untersuchen, ob sie tüchtig sind. Dies geschieht a) bei Klingen, indem man sie von der Spitze bis zu der Angel biegt, wo sie nicht krumm werden dürfen, u. nicht Sprünge, Blasen u. Risse zeigen dürfen; beim Hauen auf ein eisernes Casket darf sich die Schneide nicht umlegen; b) Kürasse erprobt man, indem man auf dieselben in naher Entfernung eine Flintenkugel abfeuert; diese darf wohl einen Einbug machen, aber nicht durchdringen; c) Helme werden durch mehre Säbelhiebe probirt; d) das kleine Gewehr u. Pistolen dadurch, daß man vier- bis fünffache Ladungen des Gewehrs in dasselbe ladet u. es in einem festen Gewölbe, wo[607] man die Läufe durch eine Zündung verbindet, abfeuert; die übrigen werden, nachdem das Zündloch mit Wachs verklebt ist, mit Wasser gefüllt, einen Tag lang aufrecht hingestellt, um zu sehen, ob nicht das Wasser durchdringt u. sie also Risse haben; e) bei grobem Geschütz untersucht man die Zähigkeit u. Härte des Metalls; dies geschieht durch mehrmaliges Losschießen desselben, theils mit verstärkten Ladungen, nach den verschiedenen Ansichten der Artilleriebefehlshaber u. nach der Bestimmung der Geschütze. Während die leichtern Feldgeschütze durch die doppelte Feldladung von 2/3 des Kugelgewichts Pulver hinreichend probirtwerden, müssen die schweren Batteriestücken bisweilen eine große Anzahl Schüsse mit dem ganzen Kugelgewicht aushalten, u. bei den Seekanonen werden öfter auf die gewöhnliche Ladung zwei Kugeln gesetzt. Wurfgeschütze werden mit vollgeschütteter Kammer probirt. Dem Probeschießen ist eine genaue Untersuchung des Geschützes in Hinsicht seiner innern u. äußern Dimensionen vorhergegangen; ihm folgt unmittelbar die Wasserprobe, wo das Zündloch der Kanone mit Baumwachs verschlossen u. auf das hineingegossene Wasser ein mit einem gegerbten Schaffell umwickelter Setzer gedrängt hineingeschoben wird, wodurch auch unmerklich entstandene Ritzen sichtbar werden, weil das zusammengepreßte Wasser herausdringt. Bei dieser Wasserprobe bedienen sich die Engländer einer mit Ketten an die Schildzapfen der Kanonen befestigten Schraubenpresse, um das Wasser mit desto größerer Gewalt zusammenzudrücken. Nachdem die Waffen probirt u. für tüchtig befunden sind, werden sie mit einem Stempel versehen, ohne welchen sie nicht an die Truppen verausgabt werden dürfen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 607-608.
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