Ruthenĭum

[629] Ruthenĭum, Ru = 52,2 ein von Clauß in den Platinerzen entdecktes Metall, ein Bestandtheil des Osmium-Iridiums, in welchem es zugleich mit Platin u. Rhodium vorkommt. Zur Darstellung des R. wird Osmium-Iridium sein zerrieben, das Pulver mit Kochsalz gemischt u. in einem Porzellanrohre in der Rothglühhitze mit feuchtem Chlorgase behandelt. Die theilweise aufgeschlossene Masse wird mit kaltem destillirten Wasser ausgezogen, zu der concentrirten rothbraunen Lösung einige Tropfen Ammoniak gesetzt u. erwärmt; es fällt ein brauner Niederschlag aus Osmiumoxyd u. Rutheniumoxyd zu Boden, u. wenn derselbe in einer Retorte mit Salpetersäure behandelt wird, entweicht Osmiumsäure; das zurückgebliebene Rutheniumoxyd wird mit Kali u. Salpeter geschmolzen, die geschmolzene Masse mit Wasser ausgelaugt u. die klare Lösung mit Salpetersäure neutralisirt; das niedergeschlagene Oxyd wird getrocknet u. mittelst Wasserstoff reducirt. Das auf diese Weise erhaltene R. besteht aus metallglänzenden, grauweißen, porösen, dem Iridium ähnlichen Stücken, ist spröde, schwer schmelzbar u. in Säuren fast unlöslich; das specifische Gewicht = 8, 6. Es hat unter allen Platinmetallen die größte Neigung sich mit Sauerstoff zu verbinden; es oxydirt sich sehr leicht beim Glühen an der Luft u. in der Oxydationsflamme zu blauschwarzem Oxyd. Beim Glühen mit Kali geht es in Rutheniumsäure über. A) Sauerstoffverbindungen des R-s. Die Oxydationsstufen des R-s sind denen des Iridiums gleich; a) das Ruthe niumoxydul, RuO, wird dargestellt, indem man das Rutheniumchlorür, Ru Cl, mit etwas mehr als einem Äquivalent kohlensaurem Natron mengt, in einem Strome Kohlensäuregas stark glüht u. dann die Masse mit Wasser auszieht; das Oxydul bleibt als schwarzgraues Pulver zurück, ist in Säuren unlöslich u. wird schon bei gewöhnlicher Temperatur durch Wasserstoffgas reducirt. b) Rutheniumsesquioxyd, Ru2O3, wird wasserfrei durch anhaltendes Glühen des Metalls an der Luft, od. als Hydrat durch Fällen der Lösung des Rutheniumsesquichlorürs mit reinem od. kohlensaurem Natron dargestellt; als Hydrat löst es sich in Säuren mit gelber Farbe, aber nicht in überschüssigem Kali; das Hydrat enthält, selbst nach dem sorgfältigsten Auswaschen noch 3–4 Procent Alkali. c) Rutheniumoxyd, RuO2, bleibt zurück, wenn man das durch Schwefelwasserstoff gefällte Sulfuret RuS2 anhaltend an der Luft glüht, od. wenn man das schwefelsaure Rutheniumoxyd glüht; es ist schwarzgrau, mit metallischem Glanze in Grün u. Blau schillernd u. in Säuren unlöslich; das Hydrat bildet sich durch Erhitzen der Lösung des Chlorides mit etwas Kali; es löst sich in Säuren mit gelber Farbe u. gibt beim Abdampfen eine rosenrothe Lösung. Das schwefelsaure Rutheniumoxyd wird erhalten, wenn man das Sulfuret RuS2 durch Salpetersäure oxydirt u. die Lösung eindampft; es bildet sich eine stark saure dunkelbraune klebrige Masse, welche begierig Feuchtigkeit anzieht. Bis 180° erhitzt, bläht sie sich auf, es entweicht Schwefelsäure u. liefert eine spröde gelbe Masse, welche dem Massivgolde ähnlich ist, Feuchtigkeit anzieht u. sich mit gelbrother Farbe in Wasser löst; sie ist neutrales schwefelsaures Rutheniumoxyd, schmeckt sehr zusammenziehend, etwas sauer. Die höchste Oxydationsstufe ist d) die Rutheniumsäure, RuO3, welche im isolirten Zustande nicht bekannt ist; sie ist in der Lösung enthalten in Gestalt von basisch rutheniumsaurem Kali, welches man erhält, wenn man das Metall mit Kali u. Salpeter, od. mit chlorsaurem Kali geglüht hat. Die Lösung des Salzes ist von orangegelber Farbe u. vollkommen neutral; ihr Geschmack ist stark zusammenziehend; sie färbt die Haut durch Ablagerung von Oxyd sogleich schwarz; Säuren fällen daraus ein schwarzes Oxyd, welches wahrscheinlich Sesquioxyd ist. B) Chlorverbindungen des R-s: a) Rutheniumchlorür, RuCl; wird pulverförmiges R. in eine Kugelröhre längere Zeit bei schwacher Rothglühhitze mit Chlorgas behandelt, so bleibt dieses Chlorür als schwarzes krystallinisches Pulver zurück; es ist unlöslich in Säuren, selbst durch Königswasser wird es nur wenig angegriffen. b) Rutheniumsesquichlorür, Ru2Cl3, wird erhalten durch Auflösen des aus dem rutheniumsauren Kali gefällten schwarzen Oxydes in Salzsäure u. Abdampfen zur Trockne; es ist eine braungelbe, krystallinische, sehr hygroskopische, zerfließliche Masse, die bei stärkerem Erhitzen dunkelgrün, an anderen Stellen blau wird. Das braune Salz löst sich mit Zurücklassung einer geringen Menge eines basischen Salzes mit schön orangegelber Farbe in Wasser u. in Alkohol auf; es schmeckt zusammenziehend. Die Lösung zerfällt beim Erhitzen in schwarzbraunes Sesquioxydul u. Chlorwasserstoffsäure; sie wird durch Kaliumeisencyanür entfärbt; Zink färbt die Lösung lasurblau, fällt dann R. u. die Flüssigkeit wird farblos. Wenn man die Lösung längere Zeit mit Schwefelwasserstoff behandelt, so fällt ein braunes Sulfuret nieder u. die Flüssigkeit nimmt eine lasurblaue Farbe an, was für das R. charakteristisch ist. Kalium Rutheniumsesquichlorür, Ru2Cl32KCl, bildet sich beim Vermischen concentirter Lösungen von Rutheniumsesquichlorür u. Chlorkalium als braunes, ins Violette spielendes krystallinisches Pulver, welches sich unter dem Mikroskop als aus Würfeln bestehend zeigt; es ist unlöslich in Weingeist. Die wässerige Lösung zersetzt sich sehr leicht; in dem zersetzten Zustande hat dieses Salz eine außerordentlich färbende Kraft; die verdünntesten Lösungen des Salzes werden beim Erhitzen schwarz wie Tinte; das Salz schmeckt zusammenziehend. c) Rutheniumchlorid, RuCl2, ist nur in Verbindung mit Chlorkalium bekannt in dem Kalium Rutheniumchlorid, RuCl2 + KCl; man stellt diese Verbindung dar, indem man R. mit Salpeter glüht, die Masse mit Wasser aufweicht u. sie mit Salpetersäure digerirt. Zu der dunkelbraunen Lösung setzt man Chlorwasserstoffsäure u. concentrirt sie durch Abdampfen, wobei sie die Farbe des Sesquichlorürs annimmt. Nachdem der Salpeter entfernt ist, erhält man die Verbindung als braunes, ins Rosenrothe spielendes Pulver von zusammenziehendem Geschmack; das Pulver erscheint[629] unter dem Mikroskope als aus durchsichtigen, rosenrothen Prismen u. sechsseitigen Tafeln bestehend; es ist in Wasser leicht löslich, unlöslich in Alkohol, wenig löslich in Salmiaklösung. Die wässerige Lösung ist rosenroth. C) Schwefelverbindungen des R-s. Höchst wahrscheinlich gibt es so viele Verbindungen des R-s mit Schwefel, als dieses Metall Oxydationsstufen hat; die Sulfurete des R-s sind aber noch nicht im reinen Zustande dargestellt worden. Je mehr eine solche Verbindung Schwefel enthält, desto heller ist ihre Farbe. Ein von Clauß analysirtes Sulfuret hatte die Formel RuS2, eine andere Ru2S3.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 629-630.
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