Schuldschein [1]

[453] Schuldschein, eine schriftliche Urkunde, welche die Versicherung des Ausstellers enthält, daß er einem Anderen eine gewisse Geldsumme od. Geldeswerth schuldig sei. Der S. hat zunächst nur die Natur eines Beweisdocumentes für dasjenige, was in demselben enthalten ist; er liefert also keinen Obligationsgrund, sondern dieser ruht vielmehr in dem Rechtsgeschäft, welches durch den S. nur verbrieft worden ist. Nur bei den Inhaberpapieren, welche ausdrücklich jeden Besitzer des Papieres zu der Forderung legitimiren (Staatspapiere, Actien au porteur) u. bei Wechseln (s.d.) leidet dies zum Theil eine Ausnahme, indem bei diesen Gattungen von S-en mindestens der Regel nach der Besitz des Documentes unerläßliche Voraussetzung für die Geltendmachung der Forderung ist. Ähnlich verhielt es sich mit dem Literalcontract (s.d.) des älteren Römischen Rechtes. Beim gewöhnlichen Darlehn (s.d.) ist die Beweiskraft eines darüber ausgestellten S-s zwei Jahre lang durch das Recht des Ausstellers suspendirt, dem S. die Behauptung des nicht empfangenen Geldes (Querela non numeratae pecunise), entweder mittelst einer Einrede wider die Klage des angeblichen Gläubigers, od. mittelst einer klagweisen Zurückforderung des Scheins, od. mittelst einer Protestation entgegenzusetzen. Die Wirkung der Querel ist alsdann Vernichtung der Beweiskraft des S-s. In gleiches Weise ist auch dem Aussteller eines S-s über eine[453] empfangene Dos (s.d.) je nach der Dauer der Ehe auf die Zeit von einem Jahre od. drei Monaten gegeben (Qerela non numeratae dotis) Ist in dem S. blos das einfache Versprechen der Bezahlung, ohne weitere Versicherung der Schuld durch Verpfändung einer Sache enthalten, so heißt der S. ein einfacher (Handschrift, Chirographum); ist in demselben zugleich eine Verpfändung verbrieft worden, so ist es ein hypothekarischer S. (Hypothekurkunde). In anderem Gegensatz nennt man einfache S-e auch die, welche ohne weitere Beglaubigung der Unterschrift des Ausstellers ausgestellt sind, u. jetzt ihnen die notariell od. gerichtlich beglaubigten gegenüber Gehörig ausgestellte S-e gewähren dem Forderungsberechtigten das Recht, die Schuld in dem schnelleren Wege des Executiv-processes (s.d.) einzuklagen. Hierzu ist jedoch erforderlich, daß der S. ein sogen quarentigiirtes Instrument sei, d.h. daß aus ihm der Betrag der Schuld, die Person des Schuldners u. Gläubigers, denn Darlehn der Empfang der geliehenen Summe, so wie der Rechtsgrund der Fordernug klar u. deutlich hervorgehe. S-e, welche den Rechtsgrund der Schuld nicht enthalten, heißen Cautiones indiscretae; vgl. Cautio.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 453-454.
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