Towianski

[734] Towianski, ein lithauischer Edelmann, welcher von Jugend auf ein Religionsschwärmer gewesen war u. sich bes. zum Verkündiger einer neuen Lehre zur Umgestaltung aller socialen Zustände von Gott berufen glaubte. Da er in seinem Vaterlande keine Beachtung mit seinem Plane gefunden hatte, ging er nach der Niederwerfung der Polnischen Revolution, 1831, nach Paris u. hier kam er darauf durch ein anderes Mittel, als die vielfachen Polenvereine, zur Befreiung seines Vaterlandes zu wirken. Er lehrte das Dasein verschiedener Geister, gab vor in überirdischem Verkehr zu stehen u. prophezeihte das Bevorstehen einer neuen Welterlösung durch Polen; zuvor würde Polen befreit werden, diese Mission aber sei ihm als dem siebenten Messias vom Himmel aufgetragen u. er dazu mit Wunderkraft ausgerüstet worden. Die Vorbereitung der Theilnahme sollte dazu durch Ascese u. Gebet geschehen, u. wenn dann die Zeit erfüllt wäre, würden die Auserwählten unter Vortragung des Kreuzes u. des Marienbildes siegreich in Polen einziehen. Dieser mystisch-pietistischen Doctrin, dem Towianskismus, wendeten sich viele von der emigrirten Aristokratie zu, selbst der Fürst Adam Czartoryiski u. der Dichter Mickiewicz (dessen Gattin T. durch Handauflegung von einer Krankheit befreit haben sollte); sie wurde daher, weil sie von der Energie zur Erschlaffung führte, von der emigrirten Demokratie heftig bekämpft u. nahm mit der Bewegung von 1848 in Paris ein Ende. T. selbst war, als er 1842 in der Notre-Dame-Kirche zu Paris mit einer Predigt als Messias aufgetreten war, aus Frankreich verwiesen worden u. wendete sich erst nach Belgien, dann nach der Schweiz u. von da nach Rom, auch hier ausgewiesen wieder nach der Schweiz, wo er verscholl.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 734.
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