Schweiz [1]

[619] Schweiz (Helvetische Eidgenossenschaft, Geogr), ein aus 22 Cantonen bestehender Bundesstaat in Mitteleuropa, welcher früher Helvetien hieß u. den jetzigen Namen von dem wichtigsten der Urcantone, Schwyz, erhielt; grenzt an Baden, den Bodensee, Tyrol, Liechtenstein, die Lombardei, Piemont u. Frankreich, doch sind an mehren Punkten, namentlich gegen Tyrol, Italien u. Frankreich, die Grenzen noch nicht genau bestimmt. Die S. hat nach den neuesten trigonometrischen Messungen 739,51 QM. (= 40,731 Quadratkilometer) Flächengehalt. Ebenen finden sich icht, nur innerhalb des Jura breiten sich mehre Plateaux, wie das der Freiberge, von Pruntrut, des Rayath aus; wohl aber ist die S. fast in allen Theilen mit Gebirgen erfüllt. Der Jura, welcher sich vom Salève bis zum Rayath in einer Länge von ungefähr 96 Schweizerstunden in nordöstlicher Richtung durch die S. zieht, bildet innerhalb derselben die neun Ketten des Blauen-, Wiesenberg-, Hauenstein-, Paßwang-, Weißenstein-, Chasseral-, Neuenburger-, Waadtländer-, Schaffhauser Jura, erhebt sich im Mittel 2100–3300 Fuß u. erreicht im Waadtländischen Jura seine größte Höhe (Mont Tendre 5180 Fuß ü. M., Dôle 5175 F., Chasseron 4958 F., Suchet 4912 F.). Mit ihm stehen durch langgestreckte Ausläufer, wie die Lägern, die Alpen in Verbindung, welche in drei Hauptketten u. in vorwiegend östlicher Richtung das Land erfüllen. Von diesen erstreckt sich die Gotthardtkette (Penninische u. Lepontische Alpen), der Centralpunkt der Schweizer Alpen, etwa 80 Stunden lang vom Montblanc (14,808 F.) über den Großen St. Bernhard, Matterhorn (13,901 F.), Monte Rosa (12,260 F.), Simplon, über den Nüsenenpaß zum St. Gotthardt, wo sie sich an die lange Adulakette (Piz Val Rhein 10,220 F., Záborthorn 10,220 F., Tambohorn 10,086 F.) anreiht u. am Septimer mit dem Albulazuge zusammentrifft; sie hat eine mittlere Erhebung von 10,000 bis 11,000 F. u. sendet sechs Hauptarme nach Norden u. 10 nach Süden, über sie führen sechs Hauptpässe (Großer St. Bernhard, Simplon, St. Gotthardt, Lukmanier, Bernhardin u. Splügen) u. über 40 Übergänge. Die zweite, die Finsteraarhornkette, welche von der Dent de Morcles (9044 F.) über die Diablerets, die Gemmi, [619] Jungfrau (12,227 F.), das Finsteraarhorn (13,160 F), die Wetterhörner, den Galenstock, Trispalt u. Tödi (11,115 F.) zieht u. in den Ausläufern des Talanda (8840 F.) endigt, hat eine mittlere Erhebung von 8000 bis 9000 F., sendet einen Hauptzweig vom Galenstock über den Titlis zum Urirothstock u. Brienzergrat, einen anderen vom Tödi zum Scheerhorn, Kinzigkulm, Pragel u. Rigi, außerdem Zweige in die Cantone Waadt u. Freiburg u. ist am Nordende von der selbständigen Gruppe des Sentis (7709 F.) umgeben; Hauptpàsse führen über diese Kette nicht, sondern nur Übergänge zwischen den einzelnen Cantonen, wie der Pillon, die Hahnenmöser, der Sanetsch, Rawyl, die Grimsel, der Brünig, Pragel, Albis, Ezel, die Hulftegg. In einem gewaltigen Bogen zieht vom Septimer beginnend über den Julier, Albula, Selvretta u. Rhätikon bis zum Rheine die Albulakette, ein Theil des selbständigen, vielfach verschlungenen Gebirgssystems der Rhätischen Alpen mit einer durchschnittlichen Erhebung von 9000 bis 10,500 F.; durch sie führt der Paß über den Julier. Die Berninaalpen im Südosten der S., ebenfalls eine eigene Gebirgsgruppe bildend, erheben sich durchschnittlich 10,500 Fuß u. breiten sich im Hintergrunde des Fentthales östlich vom Monte dell' Oro beginnend mit ihren unermeßlichen, fast überall zusammenhängenden Gletschern in nach Süden offener Hufeisenform aus; über sie führt der Berninapaß aus dem Engadin ins Puschlav. Die Gebirgsformation der Alpen ist von sehr verwickelter Art; im Allgemeinen besteht die Gotthardtkette aus Urgebirge (Granit, Porphyr, Thon- u. Glimmerschiefer), die Finsteraarhornkette aus Kalkgebilden (Grauwacke, Flötzkalk etc.). Dem Tertiärgebirge, u. zwar der mittleren Abtheilung (Miocän), in der S. häufig Molasse genannt, mit ihren reichen Versteinerungen gehört der Bezirk des Schweizer Hügellandes mit den nördlichen Vorbergen der Alpen an. Der Jura besteht wesentlich aus den Schichten einer mit organischen Resten angefüllten Gebirgsformation, welche von diesem Gebirge den Namen der Juraformation erhalten hat. Die die Berge bedeckenden Gletscher nehmen fast 14 Procent der Gesammtoberfläche des Landes ein, man zählt ihrer 540, von welchen 225 auf den Canton Graubündten, 155 auf Bern, 130 auf Wallis kommen; die meisten derselben (370) gehören dem Rheingebiet an; der mächtigste Gletscherstock ist der Bernina, der größte Gletscher der 8 Stunden lange Aletschgletscher. Die Gewässer der S. gehören den Stromgebieten des Rhein, der Rhône, der Donau u. des Po an. Der Rhein, welcher vom Ursprung seiner Hauptquelle am Adula bis Basel auf 88 Schweizerstunden einen Fall von 7038 F. hat, nimmt alle Gewässer auf, welche von dem südlichen Abhang der Tödikette, des Crispalt u. Badus, von den nördlichen Abhängen der gesammten Adulakette, aus Zweigen der Albulakette, aus der Churfirsten- u. Sentiskette, den Nordgehängen der Finsteraarhornkette u. ihren Verzweigungen herabfließen, nämlich: Glenner, Albula, Davoserlandwasser, Rhin da Surseß, Plessur, Landquart, Tamina, Necker, Sitter, Urnäsch, Töß, Glatt, Aare, Birs; er bildet den Rheinfall bei Schaffhausen. Die Rhone nimmt die von der Südseite der Finsteraarhornkette u. von der Nordseite der Gotthardtkette strömenden Gewässer auf (Visp, Vorgne, Dranse, Grand' Eau, Arve) u. hat auf 39 Stunden 3896 F. Fall. Durch den Inn; welcher in den 19 Stunden seines Laufes durch die S. einen Fall von 3700 F. macht, strömen der Donau die Gewässer vom Südabhange der Albulakette u. von der Nordseite der Berninagletscher zu, unter ihnen bes. der Flatzbach u. Spöl. Der Po erhält durch den Tessin (22 Stunden Lauf, 5698 F. Fall) die Wasser von der Südseite der Gotthardtkette (Brenno, Moesa, Marobbia, Verzasca, Maggia, Rovana), außerdem durch die Adda den Poschiavino. Alle diese Flüsse werden indeß erst jenseit der S. für den Verkehr bedeutend; von größerer Wichtigkeit in dieser Beziehung sind die 9 Procent der Gesammtoberfläche einnehmenden Seen, der Bodensee, Genfer, Vierwaldstätter, Züricher, Neuenburger, Wallenstadter, Thuner, Brienzer, Murtner. Bieler, Zuger, Lungern, Lowerzer, Silvaplaner, Silser, Greifen, Hallwyler, Ägeri, Sempacher, Puschlaversee; auch der Lago maggiore u. der Luganersee erstrecken sich noch in das Gebiet der S., welche außer den genannten noch über 110 kleine Seen hat. Unter den Kanälen sind der Linth-, Glatt- u. Reußkanal zu erwähnen. Mineralquellen zählt man 236, darunter 45 alkalischsalinische Wasser, 4 einfache Warmquellen, 34 Eisenwasser, 27 Salzwasser, 25 Sauerwasser, 108 Schwefelwasser; die besuchtesten sind Leuk, St. Moritz, Pfäffers, Baden, Schinznach, außerdem viele Molkencuranstalten (Gais, Weißbach, Rigi, Weißenstein).

Das Klima ist je nach der Höhe des Ortes über der Meeresfläche, nach der Lage am Nord- od. Südabhange der Alpen, nach der Richtung der Thäler sehr verschieden. Auf den höchsten Berggipfeln herrscht ewiger Schnee u. Eis vor, u. sie sind im Winter ganz unzugänglich, auch im Sommer vielfach nicht zu ersteigen; die Mittelalpen können noch Frühlings- u. Herbstwitterung haben, wenn im Thal zu ihren Füßen der volle Sommer eingezogen ist; so steigt die Temperatur von der Kälte Sibiriens bis zu italienischer Wärme (in Wallis u. Tessin); im Ganzen ist das Klima gesund, Die mittlere Jahrestemperatur ist in Basel 9,35, in Genf 9,3, in Zürich 9,0, in Bern 7,8 in Chur 9,4, in Malix 3,1, in Brévine im Jura 2,7, in Bevers im Engadin 1,8, auf dem St. Gotthard 0,3, auf dem St. Bernhard 1,3 . Einzelne Gegenden, wie in Wallis etc., haben Sümpfe; schneller Wechsel der Temperatur kommt in den Hochalpen u. im Jura am häufigsten vor; Nebel sind in den Mittelalpen seltener als in den Hochalpen. Hauptwinde sind in den westlichen u. nördlichen Theilen der S. der Ost- u. Westwind, in den östlichen u. südlichen der Nord- u. Südwind (Föhn); in den Hochalpen sind Schnee- u.a. Stürme nicht selten, Lawinen am häufigsten in den Hochthälern von Graubündten, Wallis, Uri, Bern, Überschwemmungen in den Thälern des Rhein, der Aare, der Rhone, der Dranse, Borgne, Reuß, Töß, Glenner, Thur, Sernst u. des Tessin; Bergstürze kommen an den Nagelfluhgebirgen vor. Producte: Rücksichtlich der Vegetation gibt es in der ebenen Region Mandelbäume, gute Kastanien, Wein, Mais, Tabak, Weizen, Wallnüsse, Eichen- u. Buchenwälder, in der Hügelregion (1000–2800 F. ü. M.) Wein, gutes Obst, Weizen, Spelt, Buchen, Eichen, Wiesen, in der montanen (bis 4000 Fuß) Buchen, Kirschen u. Zwetschen nur in guten Lagen, Rothe u. Weißtannen, Lärchen, Roggen, Gerste, gute Weiden, in der subalpinen (bis 5500 Fuß, in Graubündten[620] 6500 F.), Weißtannen, Ahorn, Kartoffeln, treffliche Weiden, in der alpinen (bis 7000 Fuß) die besten Weidekräuter, Alpengewächse u. niederes Gestrüpp, in der Schneeregion nur an den Felswänden u. Gletschergeschieben einige Moose u. Flechten. Von Wild gibt es in der S. den Bär nur noch in Graubündten, Wölfe nur selten auf dem Jura, Hirsche, Rehe, Wildschweine, ebenfalls selten, Luchse, Füchse, Dachse, wilde Katzen, Murmelthiere, Gemsen, Steinböcke (nur noch am Monte Rosa), Alpenhasen, Schlafmäuse, Alpenspitzmäuse, Schneemäuse, Lämmergeier, Stein-, See- u. Fischadler, Taubenhabichte, Falken, Uhus, Schnee-, Stein-, Hasel-, Birk-, Urhühner, Schnepfen, Störche, Reiher, Schneefinken, Stein- u. Schneekrähen, Alpensegler, Wildenten, Taucher etc., außerdem giftige Schlangen, Kupferschlangen, Vipern (am häufigsten in Tessin); gezogen werden Pferde, bes. Rindvieh, Ziegen u. Schafe, Bienen u. Seidenwürmer, von den Hunden sind die fast ausgestorbenen St. Bernhardsdoggen am berühmtesten (vgl. Tschudi, Das Thierleben der Alpenwelt, Lpz. 1860). Fische gibt es bei der reichlichen Menge der Gewässer im Überfluß, darunter bes. Lachse, Forellen, Muränen, Blaufelchen, Rheinlanken, Hechte, Karpfen; von Pflanzen bietet das Land außer Getreide, Kartoffeln, Hanf, Flachs, Obst, Wein u. Südfrüchten eine Menge nur den Alpen eigenthümliche Pflanzen, Arznei- u. Futterkräuter, viel Holz. An Mineralien wird wenig Gold aus dem Rhein, der Aare u. den beiden Emmen gewonnen, Bohnerz in Bünden, Wallis, St. Gallen, im Jura etc. (die Gesammtmasse des gewonnenen Eisens beträgt etwa 350,000 Ctnr., im Werthe von 81/2 Mill. Francs, aber mit geringem Reinertrag, u. die Einfuhr übertrifft die Ausfuhr); außerdem Marmor im Melchthale, in Graubündten zu Avers u. Splügen, im Canton Solothurn, Alabaster in Bünden u. im Jura, Gyps bes. in Wallis, Tessin u. Bünden, Lavezsteine, Serpentin in Wallis, Uri, Tessin, Bern, Bünden, Schiefer in Glarus u. Schwyz, Bergkrystalle in Wallis, Bern, Bünden, Glarus u. Tessin, seine Erden u. Thonarten im Jura, Braunkohlen bei Uznach, Steinkohlen in Waadt, Freiburg, Basel, St. Gallen, Aargau, Zürich, Torf am Fuße des Jura, Salzwerke bei Bex (40,000 Ctnr.), Schweizerhall (200,000 Ttnr.), Kaiseraugst (150,000 Ctnr.), Rheinfelden (350,000 Ctnr.), doch reicht der Gewinn aus denselben für den inneren Bedarf, welcher der Viehzucht wegen sehr stark ist, nicht hin; Salzquellen gibt es auch in Wallis, Unterwalden u. Freiburg.

Die Zahl der Einwohner betrug nach der Volkszählung vom 10. Decbr. 1860: 2,534,240, welche in 92 Städten, 63 Flecken u. 10,345 Dörfern u. Weilern wohnen; darunter waren den Confessionen nach 1,483,298 Reformirte u. 1,040,469 Katholiken. Rein katholische Cantone sind Luzern, Uri, Unterwalden, Schwyz, Zug, Tessin u. Wallis, die übrigen sind gemischt, mehre enthalten fast nur reformirte Einw. Am stärksten bevölkert ist der Canton Genf, am schwächsten Graubündten. Die Einw. sind meist deutscher Abkunft, der vierte Theil an der französischen u. italienischen Grenze französischer u. italienischer Abstammung; von ihnen sprachen 1,681,000 Deutsch in mehren Dialekten, 540,000 Französisch (bes. in den Cantonen Neuschatel, Genf, Waadt u. Wallis), 130,000 Italienisch (in dem Canton Tessin), 42,000 Romanisch, auch den Dialekt Ladinisch (bes. in Graubündten). Im Allgemeinen sind die Schweizer ein treues u. biederes Volk, offen u. redlich, thätig u. arbeitsam, mäßig, gastfrei, uneigennützig, lieben die Freiheit u. ihr Vaterland u. empfinden nach letzterem, durch Verhältnisse ins Ausland versetzt, oft eine unbesiegbare Sehnsucht; doch haben sie durch den überhandnehmenden Besuch von Fremden viel von ihren Tugenden verloren, u. gehen wenigstens an den besuchtesten Straßen jetzt zu sehr auf Gewinn, Überlistung u. Übertheuerung des Fremden aus. Nach den verschiedenen Cantonen findet sich rücksichtlich der Sitten u. Gebräuche mancher Unterschied; die italienischen u. französischen Schweizer nähern sich mehr dem italienischen u. französischen Charakter. Ihre Trachten sind originell, bes. die der Mädchen u. Frauen, in jedem Canton aber anders, am merkwürdigsten die der Bernerinnen, welche, bes. im Haslithal, auch wegen ihrer Schönheit berühmt sind. Die Wohnungen erbaut man auf dem Lande meist von Holz, die sehr flachen Dächer sind mit Schindeln gedeckt u. mit großen Steinen belegt, damit sie der Sturm nicht abdecke; sie springen mehre Ellen weit vor u. unter ihnen laufen offene Gallerien rings um das Haus u. von außen hinauf; zierliche Inschriften, fromme Sprüche, Malereien von schweizerischen Helden u. Heiligen zieren das Haus, bes. in Städten, wo übrigens die steinerne Bauart vorherrscht. Kunstloser sind die Sennhütten (s. Sennereien). Die Sitten der Schweizer haben viel Eigenthümliches; sie sind unter andern leidenschaftliche Büchsenschützen u. oft ziehen Schützen von einem festlichen Preisschießen zum andern od. es wird ein gemeinschaftliches Schützenfest (Freischießen) gehalten; die Jagdfreiheit überall lockt sehr zu diesen Vergnügungen; die Bauernbursche ringen oft u. kämpfen mit einander (Schwingfeste), wobei sie einen eisernen starken Schlagring zum kräftigeren Treffen am Finger haben, u. oft endigen solche Kämpfe mit blutigen Köpfen od. dem Tod eines der Kämpfenden. Auch der Kiltgang (s.d.) ist sehr gewöhnlich. Dagegen sind gemeinschaftliche Tänze der Buben u. Mädchen an manchen Orten der S. selten. Fröhlich ist das Erntefest u. das Kirchweihfest.

Die Bodenfläche vertheilt sich auf 20 Procent Alpen- u. Weideland, 17 Procent Waldungen, 11 Procent Ackerland, 20 Procent Wiesen, 1 Procent Weinberge, 31 Proc. Unland. Der Boden steht in hohem Preise, gibt aber höchstens 4 Proc. Reinertrag; Bodencultur wird von 4/5 der Bevölkerung getrieben, daher sind große Güter nicht vorhanden, die größten finden sich im Emmenthale; die Landwirthschaft ernährt 1,900,000 Menschen; das Ackerland beträgt etwa 21/4 Millionen Morgen Land. Der zweckmäßig betriebene Ackerbau liefert bes. Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, aber für den Bedarf nicht zureichend; Gemüse, Faser- u. Färbepflanzen u. Tabak werden in unbedeutender Menge gebaut; viel Obst wird im Thurgau, Zürich, Baselland, Solothurn, Zug gewonnen u. zur Erzeugung von Cider-, Perry- od. Birnwein u. Kirschwasser verwendet (Kirschwasser wird jährlich über 300 Centner ausgeführt); auch die Fabrikation des Extrait d'Absinthe im Traversthale in Neuenburg, von welchem 1853 2278 Ctnr. ausgefahren wurden, bildet einen nicht unbedeutenden Handelsartikel. Der Weinbau, auf 120,000 Morgen Weingärten ausgeübt, gibt jährlich durchschnittlich[621] 900,000 Hectolitres Wein im Werthe von 18 Mill. Francs; die besten Weine erzeugt Genf, Waadt (Ryffwein u. Coteweine, Vin de la Côte), Wallis (die von Marque), Neuenburg, Graubündten, stellenweise auch Tessin, Zürich, Schaffhausen, Thurgau; auch werden gegen 150,000 Flaschen Schweizer Champagners ausgeführt. Hopfen wird nur hier u. da in größeren Mengen gebaut. Es gibt über 1500 große Branntweinbrennereien. Der Waldcultur wird in neuester Zeit eine größere Sorgfalt gewidmet als früher, da auf eine solche die Zunahme der Verheerungen durch Lawinenstürze, der Wasserbrüche u. Bergschlipfe hingewiesen hat; die Waldungen, welche annähernd 2,400,000 Morgen anfüllen, liefern mehr als den Bedarf an Brennmaterial, aber die Ausfuhr an Holz ist gering, weil vieles verschwendet, vieles zum Häuserbau gebraucht wird u. viele Wälder nothwendige Schutzwehren gegen Lawinen sind. Das Weiden- u. Alpenland nimmt den fünften Theil der Gesammtoberfläche ein; die größten u. besten Alpenweiden gibt es in Glarus, Graubündten, Appenzell, Bern, Tessin u. Wallis; die Kuhalpen ziehen sich bis 6500 Fuß, die Schafalpen durchschnittlich bis 7000 Fuß hinaus. Der Wiesenbau wird neuerdings mehr gepflegt als früher, die Wiesen nehmen ebensoviel Land ein als die Weiden u. Alpen, die künstlichen Weiden gegen 900,000 Morgen. Den Haupterwerbszweig der Einw. bildet Viehzucht u. Alpenwirthschaft. Nach den neuesten Angaben hat die ganze S. annähernd 850,000 Stück Hornvieh (nämlich 475,000 Kühe, 85,000 Ochsen u. 290,000 Rinder), 104,000 Pferde, Esel u. Maulthiere, 469,000 Schafe, 347,000 Ziegen u. 318,000 Schweine; ausgeführt werden jährlich 85,000 Stück Vieh, darunter 50,000 Stück Rindvieh, eingeführt 180,000 Stück, darunter 80,000 Stück Rindvieh. Jährlich bereitet man 600,000 Centner Käse, wovon 130,000 Ctnr. ausgeführt werden. In den ebneren Gegenden hat bei der eingeführten Stallfütterung die Viehzucht sehr zugenommen, in den Alpen dagegen bei schlechter Wirthschaft u. Verschlechterung der Weiden durchschnittlich abgenommen. Von den ausgezeichneten Schweizer Rindvieharten sind die berühmtesten die im Simmenthale, in der Landschaft Saanen u. im größten Theile des Cantons Freiburg mit einer Milchergiebigkeit von 1300 Maß (à 4 Pfund) jährlich, außerdem das Rindvieh vom Grindelwald, Oberhasli, Lauterbrunnen, Entlibuch, Zug u. Schwyz, Appenzell. Die Schweizerkühe, deren eine im Lande selbst etwa 140 Thaler kostet, geben mehr Milch als die der Lombardei, wo sie sehr gesucht sind; in manchen Districten geben 40 Kühe täglich einen Käse von 45 Pfund. Im Sommer sind die Kühe auf der Alp, die Auffahrt dahin gewöhnlich im Mai ist ein großes Fest (s.u. Sennerei). Die besten Schweizerkäse sind die Emmen-, Saanen-, Simmenthaler, Greyerzer u. Urserner. Pferdezucht wird bes. in Freiburg, Waadt, Bern, Solothurn u. Schwyz getrieben; die schönsten u. ausdauerndsten Pferde liefert Freiburg, die stärksten Bern u. Solothurn, Esel bes. Tessin. Die Schafzucht, welche im Ganzen nicht sehr bedeutend ist, erzeugt gewöhnliche schwäbische, flämische od. holländische, Bergamasker, spanische od. Merinoschafe. Mit Jagd u. Fischerei beschäftigen sich Viele. Honig u. Wachs wird in Bern, Bünden, Neuenburg, Appenzell, Tessin, Seide bes. in Tessin gewonnen. Die Industrie, welche sich seit etwa 150 Jahren in der östlichen, sodann auch in der nördlichen u. westlichen S. entwickelt hat, während sie in Graubündten u. in den italienischen Cantons fast ganz fehlt, ist die Nahrungsquelle für etwa 330,000 Menschen, davon 180,000 in den Fabriken, die übrigen Handwerker. Die eigentlichen Fabrikcantons sind Appenzell-Außerrhoden, St. Gallen, Thurgau, Zürich, Aargau, Basel, Genf u. Neuenburg. Die Baumwollenindustrie, welche bes. in Appenzell-Außerrhoden, Zürich, Aargau, St. Gallen, Glarus betrieben wird, hat 135 Spinnereien, 18 mechanische Webereien u. etwa 4000 Webstühle mit einer Arbeiterzahl von ungefähr 20,000 Menschen. Die Handweberei, bes. in Zürich, St. Gallen, Glarus, Aargau, Thurgau, beschäftigt etwa 38,000 Personen; Kattundruckereien gibt es 110, unter welchen sich die von Neuenburg durch glänzende Farben auszeichnen, Appreturen 60, größere Färbereien gegen 300 (bes. sind die Türkischrothfärbereien in Glarus berühmt); die Musselinfabrikation u. Stickerei (z.B. Gardinen) wird namentlich in St. Gallen u. Appenzell betrieben; Seidenspinnerei u. Weberei in Zürich, Aargau, Bern, Solothurn (glatte Zeuge) u. Basel (Bänder) treiben gegen 50,000 Menschen, u. es wird der jährliche Reinertrag dieser Industrie auf 76 Mill. Francs geschätzt. Die Strohflechterei u. Strohhutfabrikation wurde vor Kurzem bes. in Aargau, Luzern, Baselland, Tessin, Freiburg u. Solothurn betrieben, ist aber seit 1854 gesunken, doch ist dieser Zweig noch immer für etwa 25,000 Menschen die, wenn auch geringe Erwerbsquelle; 1853 wurden noch 5264 Centner Strohhüte u. Geflechte ausgeführt. Gleiches gilt von der Leinwandindustrie, wichtig ist sie noch in dem Canton Bern, außerdem in Zürich, St. Gallen, Thurgau, Neuenburg. Die Spitzenfabrikation, ehemals für Neuenburg u. Waadt von großer Bedeutung, ist durch die Uhrenfabrikation theilweise verdrängt. Uhren- u. Bijouteriefabrikation in Genf, Neuenburg, Waadt, Bern, Solothurn, Aargau, beschäftigen über 36,000 Personen, welche jährlich etwa 500,000 Uhren (3 goldene auf 4 silberne) verfertigen. Bedeutend sind auch die Gerbereien, bes. durch Bereitung von Sohlleder. Wollfabrikation wird in Zürich, Glarus, Solothurn u. Bern in 32 größeren Fabriken getrieben, doch muß an Wollenzeugen fast die Hälfte des Bedarfs eingeführt werden. Außerdem beschäftigt man sich mit Holzschnitzerei, Maschinenfabrikation (in 18 Fabriken), Verfertigung von Zündnadelgewehren u. Glas (in 14 Hütten); es gibt 20 Eisenschmelzen, Papierfabriken, Buchdruckereien, Lithographische Anstalten etc. Die jährliche Gesammtproduction der Industrie wird auf 225 Mill. Francs veranschlagt, der innere Verbrauch auf 115 Mill.; Einfuhr 320 Mill. Francs, Ausfuhr 290 Mill. Viele Zweige der Industrie werden nicht in geschlossenen Anstalten, sondern in den Wohnungen der Arbeiter betrieben, so, mit Ausnahme der Jacquardstühle, die Seidenweberei, ferner die Bandweberei u. die Uhrenverfertigung. Das Zunftwesen besteht nur noch in Basel u. Schaffhausen in gemilderter Form fort. Die ersten Gewerbsausstellungen fanden in Zürich u. st. Gallen statt. Die S., obgleich umgeben von schutzzöllnerischen Staaten, huldigt dem Systeme des freien Verkehrs, u. obgleich vom Meere abgeschnitten, hat ihre Industrie dennoch Absatz in weite Fernen gefunden[622] (bes. rohe Tücher u. Musseline). Der Handel der S. hat sich in Folge der wohlfeilen Administration u. wegen der völligen Handels- u. Zollfreiheit bedeutend entwickelt, bes. auch seit 1849 alle Binnenzölle, Weg- u. Brückengelder weggefallen sind, wofür die Cantone jährlich vom Bund eine Entschädigung von 2,350,000 Francs erhalten. Auch durch das Zollgesetz vom 1. Sept. 1848 ist der Handelsfreiheit kein wesentlicher Eintrag geschehen, indem dadurch in der Hauptsache nur geringe Finanzzölle im Interesse der Eidgenossenschaft eingeführt wurden. Ausgeführt wird bes. Vieh (jährlich 85,000 Stück, darunter 50,000 Stück Rindvieh), Käse (im Jahre 1856 147,259 Centner), Seidenstoffe (1856 34,397 Ctnr.), Baumwollenwaaren (1856 165,032 Ctnr.), Uhren, Spieldosen, Bijouterien, Strohgeflechte, Spitzen, Häute, Metallwaaren, Holt u. Holzkohlen (1856 für 6,966,511 Thaler), Obst, Wein, Liqueure, Kräuter; eingeführt: Getreide u. Hülsenfrüchte (1856 2,271,780 Ctnr.), Satz ((Mill. Ctnr. jährlich), Vieh (jährlich 180,000 Stück). Rohstoffe für die Industrie, Eisen- u. Metallwaaren, Droguen, Färbestoffe, Öl, Wein, Branntwein, Colonial- u. Luxuswaaren etc. Der Binnenhandel übertrifft weit den auswärtigen Handel; er setzt jährlich eine Waarenmasse von 675 Mill. Francs an Werth in Bewegung. Für den überseeischen Absatz sind Nordamerika, Brasilien u. die Levante die wichtigsten Märkte; der Werth des auswärtigen Handels ist 450 Mill. Francs, ungerechnet den sehr bedeutenden Schleichhandel. Die Durchfuhr betrug 1853 357,368 Centner an Vieh u. Waaren Haupthandelslinien sind: vom Bodensee nach Genf, von Schaffhausen u. Basel nach Genf, bes. aber von Basel über Luzern, den St. Gotthardt, nach Mailand u. Genua; od. von Basel über Zürich, durch Graubündten, über den Splügen nach der Lombardei u. Triest. Zollwesen: Nach Einführung des Zollgesetzes vom 1. Sept. 1849 ist für den inneren Verkehr eine vollständige Freiheit eingetreten, dagegen sind die Grenzzölle, die früher, mehr nominell, 1 Batzen für den Centner Rohgewicht forderten, in steigende Tarifsätze von 1, 2, 5, 10, 15, 20, 25, 50 u. 100 Batzen verwandelt, übrigens aber noch immer sehr niedrig gegriffen, so daß sie nur als Finanz-, nicht als Schutzzölle betrachtet werden können. Die Aus- u. Durchfuhrzölle sind noch ungleich niedriger von 1/4 bis 20 Batzen angesetzt. Die neuen Zölle berühren überhaupt die nothwendigsten Lebensbedürfnisse höchst unbedeutend u. die Luxusgegenstände nicht erheblich. Zur Überwachung des Zollwesens ist die ganze S. in 6 Zollgebiete, deren jedem ein Zolldirector vorsteht, mit den Directionssitzen in Basel, Schaffhausen, Thur, Lugano, Lausanne u. Genf, eingetheilt. Ein Handelsvertrag mit Sardinien wurde am 29. Juli 1851 ratificirt. Banken gibt es 12, in Bern, Zürich, St. Gallen, Basel, Frauenfeld, Lausanne, Glarus, 2 in Genf, die Cantonale Bank u. die Handelsbank, dann eine in Freiburg, Aarau u. Baselland; das Actiencapital derselben betrug 1854 25,862,373 Francs.

Verkehrsmittel. Die wohl unterhaltenen Landstraßen, Brücken u. Wasserbauten, welche wegen der Schwierigkeit des Terrains oft Riesenbaue erfordert haben stehen unter Aufsicht des Bundes, werden jedoch von den Cantonen besorgt u. unterhalten. An Cantonalstraßen besitzt die S. ungefähr 3000 Kilometer. Die vielen Seen unterhalten einen lebhaften Schiffsverkehr u. 11 derselben werden mit 30 Dampfbooten befahren. Auch die Kanäle (s. oben) fördern den Handel. Das Fahrpost u. Extrapostwesen ist jetzt gut eingerichtet. Durch Bundesbeschluß vom Nov. 1848 wurden die Posten im ganzen Umfange der S. vom 1. Jan. 1849 an von der Eidgenossenschaft übernommen u. dem Bundesrathe die Leitung des Postwesens übergeben. Den ersten Postvertrag nach Einführung der neuen Ordnung schlossen die Bundesbehörden mit Belgien, welches ihn im Nov. 1849 ratificirte; diesem folgte der mit Frankreich im Juni 1850 u. mit Österreich u. dem Deutschen Postverein am 23. April 1852 zu Lindau abgeschlossen u. am 15. Oct. ins Leben getreten; s.u. Post S. 427. Je länger die S. mit Einführung der Eisenbahnen gezögert hatte, um so lebhafter u. allgemeiner wurde diese Angelegenheit ergriffen, nachdem der Bundesbeschluß vom 28. Juli 1852 dieselbe den Cantonen anheimgestellt u. diese zur eigenen Ausführung od. zur Bestätigung von Baugesellschaften unter vor behaltener Zustimmung des Bundes ermächtigte. Die Cantone bauen nicht selbst, sondern betheiligen sich nur bei den gebildeten Actiengesellschaften. Es bestehen in der S. folgende Eisenbahnen: Die Walliser Bahn war von St. Gingolph am südlichen Ufer des Genfersees über Bouveret im Rhonethale hin bis Visp u. Brieg mit allfälliger Verlängerung über den Simplon nach Piemont projectirt, führt aber bis jetzt nur von Bouveret über St. Maurice u. Martigny bis Sion. Die Genf-Lyoner Bahn geht von Genf bis zur Schweizergrenze bei Dardagny, außerdem führt ein Zweig dieser Bahn nördlich nach Versoix zum Anschluß an die Westbahn. Die Westbahn erstreckt sich von Versoix bis Morges am Westufer des Genfersees entlang, vereinigt sich dann bei Bussigny mit der von Lausanne kommenden Zweiglinie u. führt nach Yverdon; von hier ist sie weiter westlich am Neuenburgersee hin über Grandson u. Neuenburg nach St. Blaise fortgesetzt, wo sie mit dem Solothurnischen Zweig der Centralbahn zusammentrifft Von Lausanne aus ist eine Bahn über Vevey nach Villeneuve projectirt, von wo sie bis Bex weiterführt u. bei St. Maurice in die Walliser Bahn münden soll. Die Verrièresbahn ist von Verrières an der französischen Grenze über Travers u. Neuenburg nach St. Blaise zum Anschluß an die Centralbahn projectirt. Die Jurabahn führt von Locle über Chaux de Fonds nach Neuenburg. Die Freiburger Bahn von Lausanne über Freiburg nach Bern. Die Centralbahn beginnt in Basel, geht über Liestal, Sissach an den untern Hauenstein, welchen sie durchbricht, überschreitet die Aare unterhalb Olten u. bildet in Olten einen Hauptknotenpunkt. Hier theilt sie sich in mehre Zweige, welche theils nach Wöschnau bei Aarau, theils über Aarburg, Zofingen u. Sursee nach Luzern, theils nach Solothurn u. Biel, theils nach Burgdorf u. Bern (mit Zweigbahn nach Thun) führen. Die Nordostbahn geht von Wöschnau bei Aarau von der Centralbahn aus über Brugg, Baden, Zürich, Winterthur, Frauenfeld, Weintelden bis Romanshorn am Bodensee u. hat eine Zweigbahn von Baden nach Coblenz am Rhein zum Anschluß an die Badensche Staatsbahn. In Walliselen schließt sich diese Bahn an die Glattthalbahn u. in Winterthur gleichzeitig an die Rheinfallbahn u. an die St. Gallen-Appenzeller Bahn. Die Glattthalbahn geht bei Walliselen von der Nordostbahn aus über Greifensee u. Uster nach Rapperswyl.[623] Die Rheinfallbahn führt von Schaffhausen oberhalb des Rheinfalls über den Rhein durch einen Tunnel des Felsens von Laufen über Marthalen u. Andelfingen nach Winterthur, wo sie sich mit der St. Gallen-Appenzeller Bahn u. der Nordostbahn vereinigt. Die St. Gallen-Appenzeller Bahn beginnt in Winterthur u. geht über Elgg, Wyl, Flawyl u. st. Gallen nach Rorschach an die von hier ausgehende Südostbahn u. wird mittelst Dampfbooten mit den deutschen Eisenbahnen in Friedrichshafen u. Lindau in Verbindung gesetzt. Die Südoftbahn geht von Rorschach dem Rheinthale entlang bis Sargans, von wo der eine Zweig, die Linthlinie, über Wallenstadt, Wesen (mit Zweigbahn nach Glarus), Uznach u. Schmerikon nach Rapperswyl an die Glattthalbahn, der andere über Ragatz u. Mayenfeld nach Chur führt. Von hier soll die Bahn weiter das Rheinthal hinauf bis Disentis u. durch das Medelserthal über den Lukmanier fortgesetzt werden, um durch das Val Leventina mit Italien in Verbindung gesetzt zu werden. An den Erdarbeiten dieser Lukmanierbahn wurde am 29. April 1861 zwischen Biasca u. Bellinzona begonnen. Die Badensche Staatsbahn u. die Ostfranzösische Bahn berühren das Schweizergebiet nur auf kurzen Strecken, erstere die Cantone Basel u. Schaffhausen, letztere den Canton Basel. Die Anlegung von Telegraphen ist nach dem im Decbr. 1851 angenommenen Telegraphengesetz Staatsangelegenheit, u. die Telegraphenlinien von Zofingen, wo das Hauptbüreau sich befindet, ausgehend, durchziehen die ganze S. nach folgenden Richtungen: nach Basel-Chaux de Fonds-Genf zum Anschluß an Frankreich u. Sardinien; Bern. Sion; Luzern-Airolo-Chiasso (Mailand); Zürich-St. Gallen-Splügen-Bellinzona- Locarno. Durch einen Telegraphenvertrag mit Österreich wurde der Anschluß der gegenseitigen Telegraphen bei Bregenz, Feldkirch u. Como verabredet u. die Anlegung von Linien dahin bestimmt. Mit Frankreich, Belgien u. den Deutschen Staaten trat die S. am 7. Februar 1853 von Basel aus in telegraphische Verbindung.

Die intellectuelle u. moralische Bildung betreffend war bis 1830 vom Staate wenig Sorge dafür getragen worden; es erwarben sich in dieser Zeit Private, namentlich Salis von Marschlins, Nesemann von Reichenau, Niederer von Yverdun, Fellenberg u. Pestalozzi, Verdienste um das Unterrichtswesen. Dasselbe nahm seit 1830 einen großen Aufschwung, u. die Bildung verbreitet sich durch alle Schichten des Volkes. In den meisten Cantonen stehen gewählte Behörden (Erziehungsräthe) dem Unterrichtswesen vor, welchen Schulvorstände untergeordnet sind. Es gibt 5500 Schulen, welche den größten Theil des Jahres von 350,000 Schülern besucht werden; ihre Kosten bezahlen die Cantons mit 41/2 Mill., der Staat mit 900,000 Francs; das jährliche Schulgeld beträgt in der Regel 3–6 Frcs. Secundärschulen, welche an manchen Orten mit Realschulen verbunden sind, gibt es 150; Gymnasien u. Lyceen 26, zu ihnen kommen noch die Cantonsschulen in den Cantonen Zürich, Bern, Luzern, Freiburg, Baselland, Schaffhausen, St. Gallen, Graubündten, Aargau, Thurgau, Waadt, Genf. In 10 Seminaren werden Schullehrer, in 4 Lehrerinnen gebildet. Landwirthschaftliche Schulen sind zu Oberstraß, Altenryf, Kreuzlingen, Wettingen, in den Cantonen Waadt u. Genf; Industrieschulen od. Technische Realschulen in Aargau, Bern, Basel, St. Gallen, Chur, Thurgau, Waadt u. Genf, meist mit den Cantonsschulen verbunden. Die 3 Universitäten Basel, Bern u. Zürich haben zusammen an 90 Professoren u. 400 Studenten. Zu Genf u. Lausanne sind zwei sogen. Akademien mit theologischen, philosophischen u. juristischen Facultäten, mit 40 Professoren u. an 300 Studenten. Seit 1855 ist zu Zürich ein akademisches Polytechnicum mit 45 Docenten. Forstcurse gibt es in Chur, Hebammencurse fast in allen Cantonen. Für den Unterricht zahlen die Staatskassen 21/2 Mill. Francs. Viele Lehrer u. Lehrerinnen kommen aus der S. nach dem Norden, bes. zum Unterricht ertheilen in der Französischen Sprache; sowie auch die französischen Pensionen in der Französischen S. vom Auslande sehr besucht sind. Zeitungen: Im Jahre 1852 erschienen 226 Zeitungen u. Zeitschriften, darunter 150 politische, 14 religiöse u. theologische, 13 belletristische, 10 Handels- u. industrielle Blätter, ebensoviel ökonomische, 4 pädagogische etc. Der Buchhandel blüht bes. in den reformirten Cantonen u. ist dem deutschen fast gleich zu stellen. Gesellschaften u. Vereine bestehen viele, so Literarische Gesellschaften, die Helvetische Gesellschaft (gestiftet 1763), die Schweizer gemeinnützige Gesellschaft, die Naturforschende Gesellschaft, Bibelgesellschaften, Missionsanstalten (Basel). In Genf wurde durch Gesetz vom 7. Mai 1852 das Institut national Genevois gegründet, bestimmt alle ähnlichen Privatgesellschaften in sich aufzunehmen u. in 5 Abtheilungen Naturwissenschaften, Geschichte u. Archäologie, Literatur, Schöne Künste, Landbau u. Gewerbfleiß zu fördern u. am 1. Sept. in das Leben zu treten. Künstlergesellschaft, Gesellschaft von Ärzten, viele landwirthschaftliche u. industrielle Vereine, Allgemeine Schweizer Musikgesellschaft, Eidgenössischer Sängerverein, Verein von Milizoffizieren, Militärische Cantonalvereine, Schützengesellschaften, bes. die Große eidgenössische Schützengesellschaft mit zweijährigem Freischießen. Die größte Bibliothek (von 40,000 Bänden) ist in Genf; es gibt Botanische Gärten, Sternwarten, Kunst- u. Naturaliensammlungen, jährlich finden Gemäldeausstellungen statt; ein stehendes Theater gibt es nicht, größere Schauspielhäuser sind in Basel, Bern, Genf, Zürich, Lugano. Die sittlichen Zustände in der S. sind befriedigend; im Durchschnitte kommen jährlich 2 Hinrichtungen vor; an Verurtheilungen: 60 wegen Brandstiftung, 20 wegen Raubes, 30 wegen Tödtung, 300 wegen Gewaltthat, 1000 wegen Diebstahls. Gut eingerichtete Gefängnisse sind namentlich in Genf, Lausanne, St. Gallen, Bern. Aus öffentlichen Mitteln Unterstützte gibt es gegen 130,000, welche eine Summe von 51/2 Mill. Francs, zum großen Theile aus dem Ertrage von Armengütern, erhalten; große Spitäler, welche auch ihre eigenen Güter haben, sind in Bern, Zürich, Lausanne, Basel, Genf etc. Kaum ein anderer Staat ist an Stiftungen für milde u. gemeinnützige Zwecke so reich als die S. In kirchlicher Hinsicht sind die beiden Hauptconfessionen die Reformirte u. die Römisch-katholische. Die Reformirte ist vorwaltend in den Cantonen Zürich, Bern, Glarus, Basel, Schaffhausen, Appenzell-Innerrhoden, Thurgau, Waadt, Neuenburg; die Römisch-katholische in Luzern, den Urcantönen, Zug, Freiburg, Solothurn, Appenzell-Außerrhoden, St. Gallen, Tessin, Wallis; ziemlich im Gleichgewicht, doch mit Überzahl der Reformirten, ist das Verhältniß in Graubündten, [624] Aargau u. Genf. Die Reformirte Kirche hat in einigen Cantonen eine presbyterianische Verfassung, in andern nähert sie sich mehr dem Episkopal- od. Consistorialsystem; sie haben einen Antistes (obersten Geistlichen) u. Dekane od. Kirchenräthe; es gibt 943 reformirte Pfarreien. Die Katholiken unterstehen in ihren 1120 Pfarreien den 7 Bischöfen von Sitten, Freiburg, Basel, Chur, St. Gallen, Mailand u. Como. Klöster gibt es 73, nämlich 27 Kapuziner-, 6 Benedictiner-, 40 Frauenklöster, dazu 9 Chorherrnstifte, im Ganzen mit etwa 1700 Inwohnern.

Die 22 einzelnen Cantone, in welche die S. eingetheilt wird, sind ihrem Alter, ihrer Größe u. der Einwohnerzahl (nach Volkszählung vom 19. Decbr. 1860) nach folgende: Die alten Vororte: Zürich (seit 1351), 31,01 geogr. QM. mit 257,941 Ew., Bern (seit 1353), 123,02 QM., 468,516 Ew.; Luzern (seit 1332), 22,59 QM., 130,965 Ew. Die Urcantone (sämmtlich seit 1308): Uri, 19,67 QM., 14,761 Ew.; Schwyz, 16,83 QM., 45,191 Ew.; Unterwalden, seit 1114 u. 1150 in Obwalden (8,73 QM., 13,399 Ew.) u. Nidwalden (5,26 QM., 11,561 Ew.) getheilt. Die späteren ältesten Cantone: Glarus (seit 1352), 12,11 QM., 33,459 Ew.; Zug (seit 1362), 4,26 QM., 19,667 Ew. Die alten Cantone: Freiburg (seit 1481), 29,47 QM., 105,970 Ew.; Solothurn (seit 1481), 13,73 QM., 69,527 Ew.; Basel (seit 1501), ist seit 1833 in Baselstadt, 0,69 QM., 41,25 Ew., u. Baselland, 7,79 QM., 51,773 Ew., getheilt; Schaffhausen (seit 1501), 5, 55 QM., 35,646 Ew.; Appenzell (seit 1513), ist seit 1597 in Appenzell-Außerrhoden, 4,81 QM., 48,604 Ew., u. Appenzell-Innerrhoden, 2,88 QM., 12,020 Ew., getheilt. Die neuen Cantone (alle seit 1798 u. 1803): St. Gallen, 36,71 QM., 181,091 Ew.; Graubündten, 127,29 QM., 91,177 Ew.; Aargau, 25,31 QM., 114,600 Ew.; Thurgau, 18,07 QM., 90,347 Ew.; Tessin 50,89 QM., 131,396 Ew.; Waadt, 57,66 QM., 213,606 Ew. Die neuesten Cantone (sämmtlich seit 1815): Wallis, 94,82 QM., 90,880 Ew.; Neuenburg, 14,51 QM., 87,847 Ew.; Genf, 5, to QM., 83,345 Ew.

Verfassung. Die am 12. Septbr. 1848 gesetzlich verkündete Bundesverfassung bestimmt: die 22 Cantone üben alle nicht der Bundesgewalt ausdrücklich übertragenen Souveränetätsrechte selbst aus. Dem Bunde liegt die Wahrung der Unabhängigkeit nach außen, Handhabung von Ruhe u. Ordnung im Innern, Schutz der Freiheit u. Rechte der Eidgenossen u. Beförderung ihrer gemeinschaftlichen Wohlfahrt ob. Alle Schweizer sind vor dem Gesetz gleich; es gibt in der Regel keine Unterthanenverhältnisse, keine Vorrechte des Orts, der Geburt der Familien u. Personen. Gebiet, Rechte, Verfassung u. Volksfreiheiten durch den Bund sind gewährleistet, sofern nichts der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes in den Cantonalverfassungen enthalten, die republikanische Form gesichert u. die Revision durch das Volk vorbehalten ist. Zu den ausschließliche Rechten des Bundes gehören: Kriegserklärungen st. Friedensschlüsse, Staatsverträge, auswärtige Vertretung u. Verbot politischer Sonderbündnisse ohne. Bundesgenehmigung; die Annahme fremdherrliche Pensionen, Gehalte, Titel, Geschenke od. Orden an Mitglieder der Bundesbehörden, Civil- u. Militärbeamte, Repräsentanten u. Commissäre während der Amtsdauer ist verboten u. auf schon besitzende muß verzichtet werden. Selbsthülfe bei Streitigkeiten der Cantone unter einander ist verboten. Vom Ausland drohende Gefahr od. Störungen im Innern müssen angezeigt werden. Der Bund hat das Recht einzuschreiten, wenn eine Cantonsbehörde behindert ist Hülfe nachzusuchen; im Interesse der Eidgenossen u. auf deren Kosten öffentliche Werke auszuführen od. deren Ausführung zu gestatten, sowie eine eidgenössische Universität u. Polytechnische Schule zu gründen. Alle christlichen Schweizer haben in allen Cantonen das Recht sich niederzulassen gegen Beibringung eines Heimathsscheines, Sittenzeugnisses u. des Nachweises über Ernährungsfähigkeit. Die Niederlassung gewährt Stimmrecht in der Gemeinde, Antheil an Gemeinde- u. Bürgerschaftsgütern, freien Gewerbsbetrieb etc., nach zweijährigem Aufenthalt darf er auch in Cantonsangelegenheiten mitsprechen. Ausweisung ist statthaft durch richterliches Erkenntniß, od. nach Verlust der Ehrenrechte durch polizeiliche Anordnung. An Ausländer darf das Bürgerrecht nur nach ihrer Entlassung aus dem früheren Staatsverbande ertheilt werden. Alle anerkannten christlichen Bekenntnisse haben freie Religionsübung u. stehen in bürgerlicher Beziehung gleich. Gewährleistet ist Preßfreiheit, Petitions- u. Vereinsrecht, sofern Vereine nicht rechtswidrig u. staatsgefährlich sind; dagegen ist die Aufnahme von Jesuiten u. der zu ihnen gehörigen Orden u. Gesellschaften im Bundesgebiet verboten. Entziehung des verfassungsmäßigen Gerichtsstandes, Ausnahmegerichte u. Todesstrafen wegen politischer Vergehen sind verboten; Auslieferung von Angeklagten wegen politischer u. Preßvergehen darf ein Canton dem andern versagen. Rechtskräftige Civilurtheile müssen von allen Gerichten der S. vollzogen werden. Der angesessene schweizerische Schuldner kann nur an seinem Wohnort belangt u. auf sein Vermögen außerhalb seines Cantons kein Arrest gelegt werden. Die Abzugsrechte im Innern sind abgeschafft u. Freizügigkeit nach außen unter Vorbehalt des Gegenrechtes gestattet. Die Verhältnisse der Heimathlosen werden geordnet durch die Landesgesetzgebung. Der Bund hat das Recht der Ausweisung gefährlicher Fremden.

Verwaltung. Die gesetzgebende Gewalt steht bei der Bundesversammlung, welche aus einem National- u. einem Ständerath besteht. Der Nationalrath wird aus Abgeordneten des Schweizervolkes (je 1 auf 20,000 Seelen) gebildet, wozu jeder Canton od. Halbcanton mindestens 1 Vertreter senden darf. Durch das Wahlgesetz vom December 1850 wurde die S. in 49 Wahlkreise getheilt, welche 120 Abgeordnete zu ernennen haben, u. zwar: Zürich in 4 Kreisen 13 Abgeordnete, Bern in 6 Kr. 23 Abg., Luzern in 3 Kr. 7 Abg., Uri in 1 Kr. 1 Abg., Schwyz in 1 Kr. 2 Abg., die beiden Unterwalden in je 1 Kr. je 1 Abg., Glarus in 1 Kr. 2 Abg., Zug in 1 Kr. 1 Abg., Freiburg in 2 Kr. 5 Abg., Solothurn in 1 Kr. 3 Abg., Baselstadt in 1 Kr. 1 Abg., Baselland in 1 Kr. 2 Abg., Schaffhausen in 1 Kr. 2 Abg., Appenzell Außerrhoden in 1 Kr. 2 Abg., Appenzell Innerrhoden in 1 Kr. 1 Abg., St. Gallen in 4 Kr. 8 Abg., Graubündten in 4 Kr 4 Abg., Aargau in 3 Kr. 10 Abg., Thurgau in 1 Kr. 4 Abg., Tessin in 2 Kr. 6 Abg., Waadt in 3 Kr. 10 Abg., Wallis in 3 Kr. 4 Al g., Neuenburg in 1 Kr. 4 Abg., Genf in 1 Kr. 3 Al g. Der Nationalrath wird auf[625] 3 Jahre gewählt; wahlberechtigt ist jeder 20jähriger Activbürger; wählbar ist jeder stimmberechtigte Schweizer, Naturalisirte erst nach fünfjährigem Genuß des Bürgerrechts. Mitglieder des Stände- u. des Bundesrathes u. von letzterem gewählte Beamte können nicht Mitglieder des Nationalrathes sein. Der Nationalrath wählt für jede ordentliche u. außerordentliche Sitzung seinen Präsidenten u. Vicepräsidenten; erster ist für die nächste ordentliche Sitzung nicht wieder wählbar. Bei Wahlen stimmt der Präsident nicht mit; außerdem gibt seine Stimme den Stich entscheid. Die Abgeordneten zum Nationalrath erhalten Tagegelder aus der Bundeskasse. Der Ständerath besteht aus 44 Mitgliedern, wozu jeder ganze Canton 2, jeder halbe 1 Mitglied ernennt. Mitglieder des National- u. Bundesrathes können nicht zugleich Ständeräthe sein. Wahl u. Befugnisse der Präsidenten u. Vicepräsidenten sind wie. beim Nationalrath. Entschädigt werden die Ständeräthe durch die Cantone. Zur Competenz der Bundesversammlung gehört Alles, was in den Kreis des Bundesrechts fällt, also: Gesetze zur Ausführung der Bundesverfassung, Staatsverträge, Organisation u. Verwendung des eidgenössischen Heeres, Zölle, Münzwesen, Posten etc. Ferner Anstellung u. Besoldung eidgenössischer Beamten, Wahl des Bundesrathes u. Bundesgerichts, des Kanzlers (Vorstandes der Bundeskanzlei auf 3 Jahre), des Bundesgenerals, Chefs dessen Stabes u. der eidgenössischen Commissare, Oberaufsicht über eidgenössische Verwaltung u. Rechtspflege, staatsrechtliche Streitigkeiten unter den Cantonen, Streitigkeiten über Competenz des Bundes u. der Cantonalsouveränetät, des Bundesrathes od. Bundesgerichts, Revision der Bundesverfassung. Beide Räthe stimmen ohne Instruction, versammeln sich jährlich an bestimmten Tagen zu einer ordentlichen Sitzung, außerordentlich aber auf Berufung des Bundesrathes, od. auf Verlangen von einem Viertel des Nationalrathes od. von 5 Cantonen. Nach öffentlicher Verhandlung wird in Anwesenheit der absoluten Mehrheit der Mitglieder jedes Rathes durch einfache Stimmenmehrheit entschieden. Jeder Rath verhandelt abgesondert, doch müssen sie in ihren Beschlüssen übereinstimmen, wenn diese gesetzliche Kraft erlangen sollen. Nur für Wahlen, bei Ausübung des Begnadigungsrechts u. bei Competenzstreitigkeiten treten beide Räthe unter dem Vorsitz des Präsidenten des Nationalrathes zu gemeinsamer Beschlußfassung zusammen. Die Initiative steht jedem Rathe, jedem Mitgliede derselben, sowie jedem Cantone durch schriftliche Anträge zu. Die vollziehende Gewalt übt ein aus 7 Mitgliedern bestehender Bundesrath aus, welcher von der Bundesversammlung aus allen wahlberechtigten Schweizerbürgern auf 3 Jahre ernannt wird. Der Bundesrath wird aus der Bundeskasse besoldet, doch darf keines seiner Mitglieder im Laufe seiner Anstellung ein anderes eidgenössisches od. cantonales Amt verwalten, noch ein Gewerbe od. sonstigen Beruf treiben. Zu Beschlüssen ist die Anwesenheit von mindestens 4 Mitgliedern erforderlich Den Vorsitz führen die von der Bundesversammlung jährlich gewählten Präsidenten u. Vicepräsidenten. Die Mitglieder des Bundesrathes haben in beiden Räthen der Bundesversammlung berathende Stimme u. das Recht Anträge zu stellen, Gesetze vorzuschlagen u. die an ihn gelangenden Anträge der Räthe u. Cantone zu begutachten. Die Wahl der Beamten, welche nicht der Bundesversammlung, dem Bundesgericht od. anderen Behörden überlassen sind, steht ihm zu. Er ernennt Bevollmächtigte, prüft die Verträge der Cantone unter sich od. mit dem Auslande, leitet die auswärtigen Angelegenheiten, die Finanzen u. das Militärwesen, kann, wenn die Räthe nicht versammelt sind, Truppen aufbieten, bedarf jedoch der nachträglichen. Zustimmung, wenn diese mehr als 2000 Mann betragen od. länger als 3 Wochen unter den Waffen bleiben. Er erstattet der Bundesversammlung in jeder verdeutlichen Sitzung derselben einen Verwaltungsbericht, auf ihr Verlangen auch besondere Berichte. Die Geschäfte vertheilt er in die 7 Departements des Äußern (Politik), des Innern u. des Bauwesens, der Posten, der Justiz u. Polizei, der Finanzen, des Krieges, des Handels u. der Zölle, unter seine Mitglieder, was in der Art geschieht, daß jedes Mitglied zugleich Stellvertreter eines andern in der betreffenden Abtheilung ist. Es besteht ein Bundesgericht von 11 auf drei Jahre gewählten Mitgliedern u. Ersatzmännern, dessen Präsident u. Vicepräsident die Bundesversammlung auf ein Jahr ernennt, welches nach öffentlichem u. mündlichem Verfahren Streitigkeiten von nicht staatsrechtlicher Natur zwischen Cantonen, sowie des Bundes mit einem Canton, Körperschaften u. Privaten, entscheidet, wenn diese Kläger über Gegenstände von beträchtlichem Werthe sind; ferner über Ortsangehörigkeit der Heimathlosen, auch auf Anrufen beider Parteien u. auf deren Kosten bei streitigen Gegenständen von bundesgesetzlichem Werth. Zur Beurtheilung von Straffällen theilt sich das Bundesgericht in eine Anklagekammer, einen Assisen- u. einen Cassationshof u. ertheilt mit Zuziehung von Geschworenen Entscheide auf Antrag einer Bundesbehörde über amtliche Vergehen, Aufruhr u. Gewaltthat gegen die Bundesbehörden, über völkerrechtliche Verbrechen u. Vergehen u. die eine eidgenössische bewaffnete Dazwischenkunft herbeiführenden politischen Verbrechen, doch kann die Bundesversammlung solchenfalls das Begnadigungsrechtüben. Zu seiner Competenz gehören auch Klagen über Verletzung der vom Bunde gewährleisteten Rechte, wenn die Bundesversammlung ihm solche zuweist. Eine weitere Ausdehnung seiner Befugnisse ist vorbehalten. Besondere Gesetze verfügen über Staatsanwaltschaft, Gerichtsverfahren, Strafgesetze u. Gerichtskosten. (Vgl. Snell, Handbuch des Schweizerischen Staatsrechts, Zürich 1839–1844, 2 Bde.). Bundesstadt ist seit 1848 Bern. Nationalsprachen des Bundes sind die Deutsche, Französische u. Italienische. Alle Beamten sind für ihre Geschäftsführung, nach besonderm Gesetzen, verantwortlich Die Revision der Verfassung kann auf dem Wege der Bundesgesetzgebung jederzeit vorgenommen werden Sind die Räthe uneinig, od. verlangen es 50,000 stimmt berechtigte Schweizerbürger, so wird die Frage der Revision einer allgemeinen Volksabstimmung unterworfen. Wird diese Frage bejaht, so müssen beide Räthe neugewählt werden. Die revidirte Verfassung wird dem Schweizervolke zur Bestätigung vorgelegt. In Folge der Annahme dieser Bundesverfassung traten alle darauf widersprechende Bestimmungen der Cantonalverfassungen, Tagsatzungsbeschlüsse, Concordate u. der Bundesvertrag vom 7. August 1815 außer Kraft. Die Cantonalverfassungen wurden daher allerwegen danach umgestaltet, der Grundsatz[626] der Volkssouveränetät aber blieb od. wurde herrschend, so daß Änderungen der Grundgesetze nicht ohne Zustimmung der Mehrheit der Bürger eines Cantons vorgenommen werden können. Diplomatisch im Auslande wird die S. blos durch einen bevollmächtigten Minister in Paris u. zwei Geschäfsträger in Wien u. Turin, in den übrigen europäischen u. amerikanischen Staaten durch 77 consularische Personen in 62 Consulaten vertreten.

Die Finanzen der meisten Cantone sind günstig gestaltet, nur wenige haben Schulden, viele, wie Bern, Zürich u.a. beträchtliches Staatsvermögen. Eine Hauptquelle für die Finanzen ist der Reinertrag der Staatsgüter, größtentheils aus Zinsen von Activcapitalien bestehend, welche sich für die 12 Hauptcantone auf 4,1 16,185 Francs belaufen; Grenzzölle werfen 5,560,000 Francs ab, das Salzmonopol 3,041,250 Francs Vermögens- u. Einkommensteuer etc. 1,850,000 Francs, das Postwesen 1,500,000 Francs, ebensoviel die Gerichtssporteln, Stempel, Militärpflichtersatz, Hunde- u. Jagdsteuer, Bußgelder etc., Grundsteuern, nur in Waadt, kaum 1 Mill. Unter den Einnahmen im Jahre 1860 (zusammen 21,685,566 Fr.) brachten die Regalien u. Verwaltung 21, 138,163 Fr. ein; unter den Ausgaben wurden in demselben Jahre (im Ganzen 21,913,766 Fr) in den Specialverwaltungen 383,185 Francs für allgemeine Verwaltungskosten, 3,698,419 Frances für Militär, 3,482,755 Francs für Zollverwaltung, 6,916,911 Francs für Postverwaltung erfordert. Das Budget schloß mit einem Deficit von 228,200 Francs. Dagegen zeigte im Jahre 1861 die eidgenössische Staatsrechnung Einnahmen 20,621,559 Francs, an Ausgaben 20,322,324 Francs, also einen Überschuß von 299,335 Francs Die Cantonalschulden belaufen sich auf etwa 9 Mill. Francs; die eidgenössische Schuld, vom Sonderbundskriege her, ist 3,300.000 Francs. Das Staatsvermögen beträgt 1251/2 Mill. Francs (Bern 46, Zürich 21, Aargau 161/2 Mill.).

Das Bundesheer der Eidgenossenschaft ist zuletzt durch das Militärreglement von 1841 geordnet worden. An der Spitze des Bundesheeres steht mit souveräner Gewalt die Bundesversammlung. Vollziehende Behörde ist der Bundesrath u. in diesem besorgt das Militärdepartement die Organisation des Wehrwesens, Beschaffung u. Unterhaltung des Kriegsmaterials, Herstellung u. Beaufsichtigung der Befestigungen, Anordnung des militärischen Unterrichts etc. Die Geschäftsabtheilungen im Militärdepartement sind die Departementskanzlei, der Adjunct des Departements für das Personelle u. Oberinstructor der Infanterie u. endlich die Inspectoren u. Chefs der einzelnen Waffen u. Verwaltungszweige Dazu gehören 13. Inspectoren der Infanterie, je 1 Inspector der Jäger, der Artillerie, des Genie u. der Cavallerie, ferner die Oberauditoren, das Oberkriegscommissariat, der Oberfeldarzt, der Oberpferdearzt Verwalter des Materiellen u. der Pulvercontroleur. Zur Aufrechterhaltung des Verhältnisses der eidgenossischen Militärverwaltung u. zu der der einzelnen Cantone sind besondere Bestimmungen erlassen, nach denen die Militärverordnungen der Cantone stets dem Bundesrathe vorgelegt werden müssen u. alle Cantone, sowie Gemeinden, Corporationen od. Privaten verpflichtet sind das erforderliche Eigenthum gegen Entschädigung zu Kriegszwecken abzutreten. Der Oberbefehlshaber u. der Chef des Generalstabes, welcher vorkommenden Falls Stellvertreter des Erstern ist, werden von der Bundesversammlung ernannt. Die Commandanten der Divisionen u. Brigaden, sowie der einzelnen Waffen, ernennt der Oberbefehlshaber. Das Bundesheer besteht aus dein Bundesauszuge, der Bundesreserven, der Landwehr, von denen die beiden erstern die eigentliche Operationsarmee bilden u. gemeinsame organisatorische u. Dienstbestimmungen haben, wovon die Landwehr in Einigem abweicht. Im Bundesauszuge dienen die tauglichen jungen Männer vom 20–34. Lebensjahre, u. zwar 3 Procent der Bevölkerung; in der Bundesreserve, welche die Hälfte des Auszuges beträgt, dienen die aus dem Auszuge Scheidenden bis zum vollendeten 40. Lebensjahre; die Landwehr besteht aus der Mannschaft, welche die Reserve verläßt, u. dient bis zum vollendeten 44. Lebensjahre. Dem Bunde steht das Recht zu in Zeiten der Gefahr auch über die Landwehr der einzelnen Cantone bes. zu verfügen. Was die Stellung der einzelnen Cantone an Specialwaffen betrifft, so bestehen nur die Contingente der größten Cantone. Zürich, Aargau u. Waadt, aus allen Waffengattungen; die Gebirgscantone, Uri, Unterwalden, Zug, Glarus u. Wallis, stellen keine Cavallerie, die Cantone Solothurn, Basel, Appenzell, Schaffhausen u. Genf stellen gar keine, die übrigen mehr am Flachlande gelegenen Cantone eine verhältnißmäßig geringe Zahl von Scharfschützencompagnien. Die größte taktische Einheit ist die Division; sie besteht aus 3 Infanteriebrigaden von je 31/2-4 Bataillonen u. 2 Scharfschützencompagnien, 1 zwölfpfündigen Batterie, 2 sechspfündigen Batterien, 1 Park., 1 Sappeur- u. 1 Guidecompagnie, zusammen 9000 Mann. Die Artilleriereserve ist in Brigaden zu Feld- od. 4 Raketen- od. Gebirgsbaterien zusammengestellt; die Cavallerie ist in Brigaden von 4 Compagnien formirt. Im Jahre 1860 war die. Eintheilung des eidgenössischen Heeres: 9 Infanteriedivisionen, das Pontoniercorps zu 6 Compagnien, die Artilleriereserve mit 6 Brigaden (11 Feldbatterien), 4 ganze u. 4 halbe Raketen- u. 4 Gebirgsbatterien, ein Reservepark zu 3 Compagnien; die Cavalleriereserve zu 3 Brigaden, die disponible Cavallerie mit 12 Compagnien, 2 disponible Infanteriebrigaden. Von der Bundesreserve waren außerdem noch disponibel: 4 Infanteriebataillone, 5 Halbbatailone, 13 einzelne Compagnien, 15 Scharfschützencompagnien, 3 Sappeurcompagnien, 13 Artileriepositionsbatterien u. 11 Dragonercompagnien. Die vorgeschriebene Stärke dieses Heeres betrug Ende 1860 im Auszug 69,569 M., in der Reserve 34,785 M., in der Landwehr 57,416 M, zusammen 161,912 M.; in Wirklichkeit aber waren vorhanden im Auszug 81,257 M., in der Reserve 43,284 M. u. in der Landwehr 61,848 M., zusammen also 186,379 Mann. Außer den von den Cantonen zu stellenden Bundesgruppen besteht noch der eidgenössische Stab, getheilt in General-, Genie-, Artillerie-, Justiz-, Commissariats- u. Gesundheitsstab. Der Generalstab besteht aus 45 Obersten, 38 Oberstlieutenants u. 31 Majors, der Artilleriestab aus 6 Obersten, 9 Oberstlieutenants u. 17 Majors, der Geniestab aus 2 Obersten, 3 Oberstlieutenants u. 7 Majors. Die Zahl der Hauptleute u. Lieutenants ist unbestimmt. Die Infanterie theilt sich in Jäger u. Fusiliere; ein Bataillon besteht aus 4 Fusilier- u. 2 Jägercompagnien[627] u. hat eine Stärke von 2 Stabsoffizieren, 27 Ober-, 102 Unteroffizieren, 20 Spielleuten, 480–540 Soldaten, zusammen mit den Stabsmannschaften u. Zimmerleuten 657–717 Mann. Die Formation ist in 2 Gliedern, die beiden Jägercompagnien auf den Flügeln. Die Scharfschützen bestehen aus einzelnen Compagnien, 70–100 Mann stark, sind mit besonderer Vorliebe behandelt u. sollen vorzüglich im zerstreuten Gefechte verwendet werden. Insgesammt zählte die Infanterie im Auszuge: 74 Bataillone, 10 Halbbataillone u. 7 ungetheilte Compagnien, in der Reserve 31 Bataillone, 10 Halbbataillone u. 15 Compagnien; dazu Scharfschützencompagnien 45 im Auszuge u. 26 in der Reserve. Die Cavallerie theilt sich in Dragoner u. Guiden; letztere sind für den Boten- u. Ordonnanzdienst bei den Stäben bestimmt. Zwei Dragonercompagnien können zu einer Escadron von 4 Zügen formirt werden. Eine Dragonercompagnie mit 3 Ober-, 10 Unteroffiziere, 4 Trompeter u. 56 Reiter, mit den Professionisten 77 Köpfe; eine Guidencompagnie zählt 32 Mann; in der Reserve zählen die Dragoner u. Guiden per Compagnie nur 60 u. 19 Mann; der Cavallerist muß das Pferd selbst anschaffen. Es bestehen insgesammt im Auszuge 22 Dragoner- u. 71 Guidencompagnien, in der Reserve 13 Dragoner- u. 8 halbe Guidencompagnien. Die Artillerie theilt sich in Kanoniere, Trainsoldaten u. Parksoldaten. Das Material besteht in zwölf-, acht- u. sechspfündigen Kanonen, 24pfündigen Haubitzen, achtpfündigen Gebirgshauhitzen, Raketen u. 50pfündigen Mörsern. Es ist eingetheilt in Geschütz für die bespannten Batterien, Ergänzungsgeschtz für die bespannten Batterien, Geschütz für die Gebirgsartillerie, Raketenbaterien u. Positionsgeschütz. Die bespannten Batterien zählen entweder 412 Pfünder od. 4 24Pfünder od. 48 Pfünder u. 2 24Pfünder od. 7 6Pfünder u. 2 l2Pfünder; die Gebirgsbatterien bestehen aus 4 Gehirgshanbitzen od. 8 Raketengestellen. Das Ergänzungsgeschütz wird für die 12- u. 24 Pfünder zu 1/6, für die Gebirgsartillerie zu 1/4, für alle übrigen Geschütze zu 1/5 gestellt. In neuester Zeit (October 1881) hat man auch gezogene 4 Pfünder nach dem System des eidgenössischen Oberst Müller eingeführt. Man zählt im Auszuge 6 Pfünder, 16 6 Pfünder, 324 Pfünder, 2 Gebirgs- u. 4 Raketenbatterien; in der Reserve 4 8Pfünder, 11 Pfünder u. 4 halbe Raketenbatterien, zusammen 226 Geschütze u. 48 Raketengeschütze. Dazu kommen 12 Positionscompagnien mit 90 12 Pfündern, 56 6Pfündern, 46 24 Pfündern u. 10 50pfündigen Mörsern, u. an Ergänzungsgeschütz 28 Kanonen u. 18 Haubitzen. Die Genietruppen theilen sich in Sappeure u. Pontoniere; jede Compagnie ist 100 Mann stark; im Auszug gibt es 6 Compagnien Sappeure u. 3 Compagnien in der Reserve, eben so viele Compagnien Pontoniere. Das Brückenmaterial besteht in 3 Equipagen nach Birago'schem System. Das Krankenwärtercorps, zum Dienst in den Ambulancen u. Spitälern bestimmt, zählt im Auszuge 21 Ambulancecommissäre u. 126 Krankenwärter, in der Reserve 10 Commissäre u. 63 Wärter. Die Bekleidung des Stabes besteht in Filzhut, dunkelgrünem Waffenrock mit schwarzsammtenen Kragen u. Aufschlägen u. dunkelgrünem od. eisengrauem Beinkleid. Die Infanterie trägt Kepi, dunkelblauen Waffenrock mit scharlachenem Kragen u. zwei Reihen Knöpfe, Mantel graublau, ebenso die Beinkleider, Schuhe mit Kamaschen. Die Jäger haben am Kepi ein Pompon von grüner Wolle, die Fusiliere von weißer, schwarzer, gelber od. hellblauer Wolle. Die Scharfschützen tragen Filzhut mit aufgeschlagener Krämpe u. schwarzem Federbusch, Epauletten von dunkelgrüner Wolle mit schwarzen Fransen, dunkelgrünen Waffenrock mit schwarzem Kragen u. dergl. Aufschlägen, Mantel, Beinkleider u. Fußbekleidung wie die Infanterie. Die Dragoner tragen schwarzlackirten Helm, dunkelgrünes Collet mit carminrothem Kragen, Mantel blaugrau, Beinkleider dunkelgrün u. bis über die Knie mit Lederbesatz; ganz wie die Dragoner sind die Guiden uniformirt, nur tragen sie ein Kepi mit weißem Pompon u. rothe Fangschnuren. Die Artillerie trägt ein Kepi, Epauletten von rother Wolle, dunkelblaues Collet mit scharlachenem Kragen, blaue Beinkleider. Die Genietruppen habenden Hut der Scharfschützen, dunkelblauen Waffenrock mit gleichfarbigem Kragen, blaugraue. Beinkleider. Die Krankenwärter tragen das Kepi der Infanterie mit dunkelblauem Pompon, dunkelblauen Waffenrock mit kornblumenblauem Kragen, blaugraue Mäntel u. Beinkleider. Der Vorstoß ist im Allgemeinen an dunkelblau roth od. hellblau, an roth dunkelblau. Das allgemeine Feldzeichen aller im activen Dienste befindlichen Militärs ist am linken Oberarm ein rothes Armband mit weißem Kreuz. Die Offiziere des Stabes haben goldene, die Commandanten u. Majore der Infanterie silberne, die Hauptleute u. Lieutenants aller Waffengattungen goldene od. silberne Epauletten, je nach der Farbe der Knöpfe. Die Rangabzeichen der Beamten bestehen in Sternchen am Kragen u. in Gold- od. Silberborten. Der Oberbefehlshaber hat zwei goldene Epauletten mit goldenen Bouillons, u. drei silbernen Sternchen; der Oberst ebenso, aber ohne Sternchen; der Oberstlieutenant hat zwei Epauletten von Gold mit silberner Contur u. Bouillons; der Bataillonscommandeur eine silberne Epaniette mit Bouillons auf der linken, eine Contreepaulette auf der rechten Schulter; der Major zwei Epauletten mit Fransen; der Hauptmann eine Epaulette mit Fransen auf der linken, eine Contreepaulette auf der rechten Schulter; die Lieutenants wie die Hauptleute, mit einem resp. zwei rothen Streifen. Die Unteroffiziere tragen schmale Borten auf den Ärmelaufschlägen. Die Bewaffnung der Jäger besteht in einem vierzügigen Jägerstutzen; die Fusiliere haben ein nach dem Systeme Prelat-Bournaud umgeändertes gezogenes Bayonnetgewehr; die Unteroffiziere tragen außerdem einen kurzen Säbel. Die Scharfschützen haben einen Stutzen mit Bayonnet u. ein Waidmesser mit gerader Klinge. Die Cavallerie führt einen Säbel mit Stablscheide u. zwei Pistolen; die Artillerie hat ein Faschinenmesser, die Parkartillerie Gewehre; die Genietruppen haben sogenannte Ordonnanzgewehre, Säbel mit Stablscheide u. gezahntem Rücken. Der Tornister der Infanterie ist von Kalbfell mit schwarzem Riemzeug; se drei Mann haben ein Zelt u. jeder Mann eine Feldflasche von Glas u. eine Eßschale von verzinntem Eisenblech. Die Cavallerie u. Artillerie hat Mantelsäcke von Tuch. Die Landwehr hat eine der Bundesreserve analoge Eintheilung u. besteht gleichfalls aus allen Waffengattungen. Sie ist in Territorialdivisionen eingetheilt. Die erste Division umfaßt Genf, Waadt, Wallis u. Freiburg die zweite Division Neuenburg, [628] Solothurn, Basel u. Bern; die dritte Division Aargau, Zürich, Thurgau u. Schaffhausen; die vierte Division St. Gallen, Appenzell, Graubündten, Glarus u. die fünfte Division Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug u. Tessin. Die militärische Ausrüstung u. Bekleidung ist den Cantonen überlassen, doch müssen Kopfbedeckung u. Oberkleid gleichmäßig sein. Das Unterrichtswesen liegt bezüglich der Infanterie den Cantonen ob, bezüglich der Scharfschützen, Genietruppen, Cavallerie u. Artillerie dem Bunde. Die Schulen theilen sich in die für den Unterricht der Mannschaft u. in die höheren für Ausbildung der Offiziere, Offiziersaspiranten u. ganzer Truppenkörper. Eine allgemeine Kriegsschule besteht in Thun. Die Recruten der Infanterie werden nach 28 Tagen (Fusiliere) od. 35 Tagen (Jäger) der Ausbildung dem Auszuge zugetheilt; der Bundesauszug soll alljährlich auf drei Tage u. mindestens zu halben Bataillons zusammengezogen werden; die Bundesreserve wird jährlich zwei Tage, die Landwehr einen Tag geübt. Bei den übrigen Waffen dauert die Recrutenausbildung 28–.42 Tage u. die jährliche Zusammenziehung 3–12 Tage. Zur Verwaltung besteht in jedem Canton ein Commissariat. Die Gehaltssätze sind für den Oberbefehlshaber täglich 40 Fr., den Corpscommandant 24 Fr., den Divisionscommandanten u. Chef des Generalstabes 16 Fr., Oberst 12 Fr., Oberstlieutenant 9 Fr., Major 6–7 Fr., Hauptmann 4–5,5 Fr., Lieutenant 2–4 Fr. Die Militärstrafgesetzgebung ist, der anderer Armeen ziemlich analog. An befestigten Plätzen bestehen der Luciensteig, Bellinzona, St. Maurice u. Ba sel. Zeughäuser sind in St. Maurice u. Bellinzona; Kriegsdepôts befinden sich in Zürich, Luzern, Thun, Brugg u. Solothurn. Jeder Hauptort hat außerdem sein Tantonalzeughaus. Orden hat die S. nicht. Militärdenkmünzen: a) Medaille vom 10. August 1792, für alle, bei Vertheidigung der Tuilerien an diesem Tage thätigen Schweizer, in Eisen mit doppeltem Silberrand, einerseits: Treue u. Ehre als Umschrift um ein Herzschild mit lateinischem Kreuz; andererseits in einem Lorbeerkranz die Schrift : X August MDCCXCII; Band, auf einer Seite ganz weiß mit einem rothen Kreuz, auf der andern roth mit schmalem weißem Rand u. einem weißen Kreuz; b) Medaille der Wiedervereinigung, für die treuen Schweizertruppen, welche 1815 Napoleon zu dienen sich weigerten, in Silber, einerseits: Treue u. Ehre, andererseits: Schweizerische Eidgenossenschaft 1815, als Umschrift um ein Herzschild mit einem lateinischen Kreuz, Band roth u. weiß. Das gemeinsame Wappen der S. ist ein rother Schild mit weißem Kreuz, oder auch ein alter Schweizer, welcher in der einen Hand eine Hellebarde hält u. mit der andern sich auf ein Schild lehnt, auf welchem die Umschrift ist: XXII Cantone schweizerischer Eidgenossenschaft. Jeder Canton führt außerdem sein eigenes Wappen, welche man auch zuweilen in Kreisform um den Schild anbringt.

Münzen, Maße u. Gewichte. Man rechnet in der ganzen S. nach dem Münzgesetz vom 27. April 1850, in welchem das französische Münzsystem angenommen wurde, nach Franken (s.u. Franc, vgl. Frankreich S. 515), welcher gesetzlich in 100 Rappen (in der Französischen S. Centimes genannt), im gewöhnlichen Verkehr aber in 10 Batzen à 10 Rappen eingetheilt wird. 1 Franc = 8 Sgr. 1,027 Pfennige preußisch. Geprägte Münzen, sind: in Silber: 5-, 2-, 1- u. 1/2-Frankenstücke; in Billon: 20-, 10- u. 5-Rappenstücke; in Kupfer: 5-, 2-u, 1-Rappenstücke (Centimes). Die Prägung ist auf Rechnung der Cantone ausschließlich dem Bundesrath überlassen, deshalb gibt es in, der ganzen S. nur noch Eidgenössische Münzen (daher sämmtlich gleichmäßig mit dem Weißen Kreuz im Rothen Schilde); Cantonsmünzen nur noch aus der frühern Zeit, welche aber jetzt immer, mehr u. mehr verschwinden. Früher rechnete man in den einzelnen Cantonen sehr verschieden, s. die betreffenden Artikel. 1839 wurde für die S. als Föderativstaat die Rechnung nach Schweizer Franken à 10 Batzen à 4 Kreuzer à 21/2 Rappen od. der Frank zu 100 Rappen angenommen, 35,5984 Schweizer Fr. = 1 Vereinsmark sein Silber, 27 dieser Schweizer Fr. = 40 französische (ab. jetzige Schweizer) Fr.; 1 Fr. = 11 Sgr. 9,58 Pf. preuß. u. 16 Fr. = 1 neuen Schweizer Louisd'or od. 102/3 Gulden; diese Rechnungsart wurde dann auch von mehren Cantonen angenommen. Ebenso verschieden war auch früher das Maß u. Gewicht (vgl. darüber die Artikel der einzelnen Cantone); doch vereinigten sich auf der ordentlichen Tagsatzung zu Zürich 1834 die Cantone Aargau, Basel (Stadt- u. Landtheil), Bern, Freiburg, St. Gallen, Glarus, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau, Zug u. Zürich zur Annahme eines allgemeinen Maßes u. Gewichtes (Concordats-Maß u. Gewicht der 12 Cantone), welche in den meisten gesetzlich 1. Jan. 1838, in Glarus 1839, in einigen früher eintrat; seit 1855 ist dasselbe gesetzlich in der ganzen S. eingeführt. Zur Grundlage hat man das französische metrische Maß u. Gewicht genommen. Die Einheit des neuen Maßes ist der schweizerische Fuß = 3 Decimeter in 10 Zoll à 10 Linien à 10 Striche getheilt, 100 Fuß = 95,59 preußische Fuß; die Elle hat 2 Fuß (= 600 Millimeter), 199 Ellen = 89,90 preuß. Ellen, der Stab 4 Fuß 1,2 Meter, das Klafter 6 Fuß – 1,8 Meter, die Ruthe 10 Fuß = 3 Meter, die Wegstunde 16,000 Fuß = 4800 Meter, 231/7 Wegstunden = 1 Grad des Äquators. Flächenmaß: der Quadratfuß hat 100 Quadratzoll, die Quadratklafter 36 Quadratfuß, die Quadratruthe 100 Quadratfuß, das Juchart 400 Quadratruthen = 36 Aren = 1,40805 preuß, Morgen. Hohlmaße a) für Frucht: die Einheit ist das Viertel (Quarteron) = 15 Liter, es hat 19 Immi (Emine), 10 Viertel = 1 Malter, 4 Viertel = 1 Mütt, auch ist es in 4 Mäßlein getheilt; 100 Malter = 272,92 preuß. Scheffel. b) Für Flüssigkeiten: die Einheit ist die Maß (le pot) = 11/2 Liter, 100 Maß = 1 Saum = 2,1834 preuß. Eimer. Gewichte: die Einheit ist das Pfund = 1/2 Kilogramm od. 500 Gramm; es ist im Verkehr in 32 Loth etc. od. in 16 Unzen getheilt; 100 Pfund = 1 Centner, vgl. Centner A) n). Medicinalgewicht ist noch in jedem Canton das alte.

In Folge ihrer reichen Naturschönheiten ist die S, das Ziel u. der Aufenthalt vieler Reisenden aus allen Ländern. Die besuchtesten Punkte sind Zürich mit dem Züricher See, der Rigi u. die Umgebungen des Vierwaldstättersees, das Berner Oberland, die Ufer des Genfersees, die Umgebungen des Montblanc, die von Zermatt etc. Nach Bädeker wird eine Schweizerreise zu den bemerkenswerthesten Punkten vom Bodensee aus so unternommen: Von Friedrichshafen über Constanz nach Schaffhausen (Rheinfall)[629] u. Zürich (Ütliberg u. Zürichersee); von hier über Zug, Art u. Goldau auf den Rigi nach Luzern, Flüelen, die Gotthardtstraße hinauf, über die Furka an den Rhonegletscher, die Maienwand hinan über die Grimsel ins Haslithal u. Berner Oberland (Scheideck, Faulhorn, Grindelwald, Wengernalp, Lauterbrunnen, Staubbach, Wasserfälle des Schmadribachs, Interlaken, Gießbach); von Interlaken weiter nach Thun, auf den Niesen, nach Frutigen u. über die Gemmi nach Leukerbad, Susten, Vispach, St. Nicolaus, auf den Riffel, Gornergrat, nach Zermatt, zurück nach Vispach u. über Marligny, den Col de Balme od. die Tête-Noire ach Thamouny; von da nach Genf, Lausanne, Villeneuve, Chillon, Montreux, Clarens, Vevey, Freiburg, Bern u. Basel. An manchen Stellen nicht minder merkwürdig ist die östliche Schweiz (Appenzell, Bad Pfäffers, Via Mala, Engadin), von wo Reisende auch die Richtung nach Italien nehmen. Eine der großartigsten Alpenwanderungen gus der Erde ist die von Chamouny um den Montblanc, über den Col de Bonhomme, Col de la Seigne, Courmayeur, Col de Ferret, Kloster St. Bernhard, Aosta, Châtillon, Matterjoch, Zermatt, Saas, Monte Moro, Macugnaga, Varallo, Orta, Monte Motterone, Lago Maggiore. Die berühmtesten u. viel besuchten Aussichtspunkte sind: in der nördlichen u. östlichen S. der Weißenstein bei Solothurn, der Ütli bei Zürich, Rigi, Pilatus u. Frohnalp am Vierwaldstättersee, Mürren, Wengernalp u. Faulhorn im Berner Oberlande, der Kaien im Canton Appenzell, Piz Languard in Graubündten. In der westlichen S.: Chaumont u. Col des Loges im Canton Neuenburg, Jaman u. Moléson im Canton Freiburg, Signal de Bougy u. Dôle in Waadt, Saleve bei Genf, Gornergrat u. Eggischhorn in Wallis, Col de Balme u. Fleyère im Chamouny, Monte S. Salvadore u. Monte Generoso in Tessin. Der überaus zahlreiche Fremdenverkehr, welcher für viele Einwohner die Nahrungsquelle ist, hat in der S. eine sehr große Anzahl von Gasthöfen u. Wirthshäusern hervorgerufen; die großartigsten in Genf, Vevey, Zürich, Luzern, Basel, die Hotels auf berühmten Aussichtspunkten (Rigi, Faulborn, Hasli, Scheidegg, Wengernalp, Ütliberg, Weißenstein, Furka), die Gasthöfe an den Hochpässen u. die fünf Hospizien (auf dem St. Bernhard, Simplon, Gotthardt, S. Bernhardino u. der Grimsel). Im Ganzen zählt man 14,500 Gast- u. Wirthshäuser, von denen aber ein großer Theil nur im Sommer besucht ist u. 6–8 Monate geschlossen bleibt. Außerdem bestehen viele Pensionen, d.h. Gasthöfe, welche bei einem Aufenthalt von mindestens acht Tagen Gäste zu bestimmten Preisen ausnehmen.

Vgl. Lutz, Topographisches Lexikon der S., Aarau 1827, 3 Bde.; Franscini, Statistik der S, bearbeitet von Hagnauer, ebd. 1829, 2. A. Bern 1849, Bde.; Nachtrag dazu, ebd. 1851; Verfassung der Cantone der S. mit Einleitung von Bernhäuser, Trogen 1933–36, 2 Bde; Meyer, Erdkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zür. 1838; C. Meiners, Briefe über die S., Berl. 1788–91, 4 Thle.; K. Spazier, Wanderungen durch die S., Gotha 1790; I. G. Ebel, Anleitung die S. zu bereisen, 3. Ausg. Zür. 1810, 4 Bde.; Tagebuch einer Reise durch die S., Lpz. 1811; R. Glutz-Blotzheim, Handbuch für Reisende durch die S., Zür. 1818, n., A, von I. K. Schoch, ebd. 1825; F. Meißner, Meine Reisen in die S., Bern 1820–25, 4 Bde.; S. Walcher, Taschenbuch zu Schweizer-Reisen, Glarus 1841, 5. A. Schaffh. 1853; Derselbe, Touristenführer durch die S., Lpz. 1856; Heissr. Zschokke, Die S., geschildert in ihren klassischen Stellen, Karlsr. 1842, 2 A. Stuttg. 1857; A. vd. Fulda, Meine Reise nach der S. etc., Lpz. 1843; I. G. Ebel, Anleitung, auf die nützlichste u. genußvollste Art die S. zu bereisen, Zür. 1843; Bädeker, Die S., Handbuch für Reisende, Coblenz 1844, 9. A. mit 7 Karten, 6 Städteplänen u. 5 Panoramen, ebd. 1862; Reisehandbuch für die S. nebst den savoyer u. piemontesischen Alpen. Berl. 1844; Historisch-geographisch-statistisches Gemälde der S., St. Gallen 1844; Berlepsch, Neuestes Reisehandbuch für die S., Hildburgh. 1862. Beitzke. Die Alpen, ein geographischhistorisches Bild. Colberg 1843; Agassiz, Geologische Alpenreise, unter Agassiz Mitwirkung verfaßt von E. Desor, den deutsch mit einer topographischen Einleitung über die Hochgebirgegruppen von C. Vogt, Frankf. 1844; Kohl, Naturansichten aus den Alpen, 2. A. Lpz. 1862.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 619-630.
Lizenz:
Faksimiles:
619 | 620 | 621 | 622 | 623 | 624 | 625 | 626 | 627 | 628 | 629 | 630
Kategorien:

Buchempfehlung

Anonym

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Das kanonische Liederbuch der Chinesen entstand in seiner heutigen Textfassung in der Zeit zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Victor von Strauß.

298 Seiten, 15.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon