Esel [1]

[890] Esel (Equus asinus L.), Art aus der Gattung Pferd, kenntlich an den langen Ohren, dem Haarbüschel am Schwanze, dem schwarzen Kreuze auf dem Rücken; a) Wi der E. (Eq. asin. onager, bei den Kirgisen Kulan genannt), kommt auf den Gebirgen der Tatarei u. Persien heerdenweise vor, wandert, unter Anführung der männlichen Thiere, im Winter südlich, im Sommer nördlich; hat einen großen Kopf, mit gebogener Stirn, tiefer u. dicker Nase, langen, aufrechten u. beweglichen Ohren u. kleinen Augen, der Hals ist schlank, die Mähne aufrecht stehend, der Schwanz mit Endbüschel, der Körper schmal mit seinen schmalhufigen Beinen; die Hauptfarbe ist hellsilberweiß, unten fast rein weiß, Kopf, Hals, Schultern u. Seiten flachsgelb, Mähne, Rücken- u. Querstreif (letzter über den Schultern), sowie die Schwanzquaste schwarz; Höhe 4 Fuß 2 Zoll. Der Hamar in Persien u. in der offenen Ebene Mesopotamiens ist wohl nur Abart; er ist kleiner, hat einen großen, schweren Kopf, keinen Querstreif u. eine schmutzigbraune Farbe. Vom Kulan stammt wahrscheinlich der zahme E. in Arabien, Nordafrika u. Europa, vom Hamar dagegen der kleine zahme E. von Ispahan u. Beludschistan. b) Zahmer E., mit höheren Beinen, ist grau. Varietäten: aa) Wald-E., größer, bes. im Süden u. Orient heimisch, u. bb) Stein-E., kleiner, heller, bes. im Norden heimisch. Er empfiehlt sich durch Genügsamkeit, Ausdauer u. Geduld; Alter: gegen 316 Jahre; Geschrei: Ya, das der Eselin höher, das des verschnittenen E-s tiefer, als das des Eselhengstes; er schläft noch weniger als das Pferd u. liegt wenige Stunden des Tages; trächtig u. in der Brunst legt er sich fast gar nicht. Er frißt Heu u. Stroh u. bes. gern Disteln u. Gemüse, säuft aber nur das hellste Wasser. Fortpflanzung: Die Eselstute wird in manchen Gegenden nach dem erstenmal Bespringen geprügelt u. von hinten mit kaltem Wasser begossen, weil man glaubt, daß sie überreizt nicht das erstemal empfange. Sie trägt gewöhnlich 290 Tage u. sucht zum Werfen einen dunklen verborgenen Ort. Die Jungen saugen 5 Monate u. sind lustig u. possirlich; sie vermehren sich schon im 2. Jahre. Die Eselin liebt die Jungen zärtlich u. ist untröstlich, wenn man dieselben von ihr trennt; 7 Tage nach der Geburt ist sie schon wieder hitzig. Krankheiten: wenig, doch muß der Stall trocken u. warm sein. Von Ungeziefer leidet der E. an der Eselslaus (Pediculus asini). So sehr der E. bei uns gemißhandelt u. herabgewürdigt wird, so muthig u. lebhaft ist er doch von Natur, bis er endlich durch die schlechte Behandlung träge, furchtsam u. gefühllos wird. Seine Sinneswerkzeuge sind vortrefflich, Gesicht, Gehör u. Geruch namentlich bewundernswerth. Er ist geduldig u. verträgt alle Mißhandlungen seines Herrn mit Gelassenheit, hat sie aber auch bald wieder vergessen. Er liebt Reinlichkeit u. verabscheut Nässe u. Schmutz, weshalb er auch gewöhnlich nur gezwungen durch kothige Stellen od. Bäche zu bringen ist. Sein Gang ist bei uns langsam, er geht aber sehr vorsichtig durch Gebirge u. auf dem Eise u. fällt u. strauchelt daher in der Regel nicht. Man kann sich ihm daher auf gefährlichen Wegen in Gebirgen zwischen Klippen mit Zuversicht anvertrauen, da er zumal auch ein gutes Gedächtniß hat u. den Weg, den er einige Male gegangen, sogleich genau wieder findet. Obgleich beladen, steigt er doch ohne Hufeisen steile Berge hinaus. Er kann große Lasten (über 3 Ctr.) tragen; wenn man ihn aber überladet, so gibt er dies durch Senkung des Kopfes u. der Ohren u. Aufsperren des Maules zu erkennen. In wärmeren Gegenden sind die E. viel vorzüglicher; auch wendet man mehr Fleiß auf ihre Zucht. Im Orient, Spanien, Portugal, Südfrankreich u. Italien dienen sie nicht blos zum Lasttragen, sondern auch zum Reiten, hier u. da auch in Deutschland, z.B. in Bad Ems. Mit leichter Mühe halten sie die längsten Reisen aus, u. da sie härter als die Pferde u. weniger ekel in der Wahl des Futters, auch genügsam dabei sind, so gibt man ihnen auch den Vorzug bei langen Reisen durch die Wüsten. Muhammedanische Pilger reiten bei ihren Wallfahrten nach Mekka in der Regel auf E-n. Zu weiteren Reisen schützt man den Huf durch dünne u. leichte Eisen. Gezäumt werden sie wie die Pferde u. die Sättel sind wie Saumsättel, rund, erhaben u. weich. Das Fell des E-s gibt Pergament, das des wilden Chagrin; das Fleisch ist eßbar u. wird in Italien unter die Salamiwürste gemengt, jung hält man es in Italien u. Spanien, das des wilden E-s im Orient für delicat. Die Eselsmilch, der Menschenmilch am nächsten kommend, ist leicht verdaulich u. wird Schwindsüchtigen sehr empfohlen; man bereitet aus ihr bei Parma Käse. Die Haare können gesponnen werden; der Mist dient zur guten Düngung u. kann ganz frisch angewendet werden; in Ägypten dient er zur Feuerung. Der E. ist durch die ganze Welt verbreitet, bes. zieht man in Frankreich, Italien, Spanien u. Portugal viele E., wo fast jede Bäuerin einen solchen hat, der ihre Gemüse, Eier etc. u. sie selbst auf den Markt bringt. Vom Wilden E. fallen aus Vermischung mit dem zahmen schöne Bastarde, geschickt zum Reiten u. beliebter u. theurer als Pferde; vom zahmen u. dem Pferde fallen das Maulthier u. der Maulesel (s. b.). – Der E. war im Alterthume wegen des sicheren Trittes (bes. Eselinnen) das gewöhnliche Reitthier, selbst für Frauenzimmer u. Vornehme. Doch auch zum Lasttragen, zum Ziehen am Pfluge u. in Mühlen wurde er gebraucht. Er gehörte zu den bedeutendsten Symbolen. Von ihm wurden Bakchos u. Silen, Christus u. unter den Propheten Jesaias u. Zacharias getragen; in Bileams Geschichte findet man einen redenden E., wie ein solcher auch im Mythus von Bakchos vorkommt, der diesen, als er von der Here rasend gemacht worden war, durch das Wasser nach Dodona trug, weshalb ihn der Gott in das Gestirn des Krebses versetzte u. ihm die Gabe zu reden verlieh. Die E. waren der Kybele heilig, weil nach dem Mythus, bei einem Göttermahle, Silens E. die Keuschheit der schlafenden Vesta, welche durch die Lüsternheit des Priapos gefährdet war, rettete, indem sein Geschrei jene weckte. Bei den Römern trug ein E. die Heiligthümer der Kybele, wurde ein E. bei den Consualien u. bei den Vestafesten bekränzt, dem Mars u. Priapos aber, sowie bei den Hyperboräern dem Weissagegotte Apollon geopfert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 890.
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