Futter

[823] Futter, 1) alle Nahrungsmittel der Thiere; bes. 2) die Pflanzen, Pflanzentheile, Wirthschaftsabfälle, Fabrikrückstände, mit welchen die landwirthschaftlichen Hausthiere genährt werden. Man theilt das F. ein: in Grünfutter, das in den grün abgemäheten Gräsern u. Kräutern besteht; Trocken- od. Rauhfutter, als Heu u. Grummet; Stroh u. Kraftfutter, wozu Körner u. Ölkuchen gehören. Eine andere Eintheilungsart des F-s ist die in saftiges: Gras, Klee in grünem Zustande, Kartoffeln, Rüben etc.; u. trockenes: Heu, Grummet, Stroh, Körner etc.; od. in Kurzfutter, bes. für Pferde u. Rindvieh zu kräftigerer Nahrung, aus einem Gemenge von Getreidekörnern u. klein geschnittenem Heu od. Strohhäcksel, od. auch aus klein gehackten Wurzelgewächsen, mit Häcksel od. Kleien bestehend; u. langes Futter, nämlich Heu u. Stroh. Eine andere Eintheilungsart des F-s beruht auf dessen Nahrungswerth: Magenfüllungsfutter, wozu das Halm- u. Blattfutter gehört, u. Kraftfutter. Nur bei Schweinen genügt das Kraftfutter den Nahrungsschlauch genügend auszufüllen; anderen Thieren muß deshalb neben dem Kraft- noch ein Magenfüllungsfutter gegeben werden. Der Umfang des Kraftfutters ist vier- bis sechsmal geringer, als der des Magenfüllungsfutters. Die größte Menge letzteren F-s, die ein Thier in 24 Stunden gedeihlicherweise fressen u. verarbeiten kann, beträgt beim Pferde 25 bis 30 Pfd. Heu od. 100–120 Pfd. Grünfutter; beim Rinde 30–40 Pfd. Heu od. 120–125 Pfd. Grünfutter; beim Schafe 4–41/2 Pfd. Heu od. 12–16 Pfd. Grünfutter. Soll das F. ausschließlich aus umfangreichen Futtermitteln bestehen, dann ist nach der Nährkraft zu berechnen, ob in der fraglichen Gewichtsmenge die erforderliche Nährkraft enthalten ist od. nicht; im letzteren Falle muß durch Kraftfutter nachgeholfen werden. Die Nährkraft in dem F. wird nach Heuwerth berechnet; 100 Pfd. gutes Wiesenheu kommen in Nährkraft gleich 331/2 Pfd. Roggenkörner, 30 Pfd. Weizenkörner, 38 Pfd. Gerstenkörner, 40 Pfd. Haferkörner, 30 Pfd. Erbsen, 32 Pfd. Wicken, 32 Pfd. Bohnen u. Lupinen, 48 Pfd. Leinkuchen, 50 Pfd. Rübölkuchen, 42 Pfd. Roggenkleie, 75 Pfd. Esparsettegrummet, 82 Pfd. Esparsettehen, 90 Pfd. Luzerne- od. Kopfkleehen, 100 Pfd. Heu von Wickfutter, 1334 Pfd. geringeres Wiesenheu, 1662/3 Pfd. geringes Wiesenheu, 200 Pfd. schlechtes Wiesenheu, 150 Pfd. Stroh von Samenesparsette, 170 Pfd. Stroh von Samenkopfklee, 400 Pfd. grüner Klee, 662/3 Pfd. Spreu von Samenesparsette, 1331 Pfd. Spreu von Samenkopfklee, 150 Pfd. Spreu u. Überkehr von Getreide, 160 Pfd. Linsen- u. Wickenstroh, 170 Pfd. Erbsenn. Bohnenstroh, 200 Pfd. Gersten- u. Haferstroh, 250 Pfd. Roggen- u. Weizenstroh, 200 Pfd. Kartoffeln, 300 Pfd. Kohlrüben, 350 Pfd. Runkelrüben u. Möhren, 500 Pfd. Wasserrüben, 500 Pfd. Kohlrübenblätter, 600 Pfd. Runkelrübenblätter, 200 Pfd. Rübenpreßrückstände, 126 Pfd. Branntweinschlampe von Getreide, 300 Pfd. Branntweinschlampe von Kartoffeln, 150 Pfd. Biertrebern. Was das Kraftfutter anlangt, so darf die geringste Menge desselben nicht weniger als 1/4 der ganzen Futtermenge ausmachen u. dafür ist 1/4 des Magenfüllungsfutters abzuziehen. Hiernach wäre die größte Menge Magenfüllungsfutter neben Kraftfutter in geringster Menge beim Pferd auf 18–20, beim Rind auf 20–25, beim Schaf auf 21/2–31/2 Pfd. trockenes Halmfutter zu setzen. Die geringste Menge Magenfüllungsfutter, die neben Kraftfutter in größter Menge erforderlich ist, ist beim Pferd auf 4–5, beim Rind auf 5–6, beim Schaf auf 1/23/4 Pfd. trockenes Halmfutter zu setzen. In der Regel ist es aber unstatthaft, das Magenfüllungsfutter in so kleiner Menge zu verabreichen. Am richtigsten verfährt man, wenn das Pferd 8, das Rind 10, das Schaf 11/4 Pfd. Magenfüllungsfutter neben dem Kraftfutter erhält. Nach seiner Zusammensetzung besteht alles F. aus Sauer-, Wasser- u. Kohlenstoff allein, od. aus diesem u. Stickstoff u. einigen Salzen. Von großer Wichtigkeit für die Ernährung ist die Gegenwart od. das Fehlen von Stickstoff in dem F. Die stickstoffhaltigen Nährstoffe werden in jedem Futtermittel angetroffen; sie erscheinen als Eiweiß, Kleber od. Pflanzenleim u. Legumin. Jeder dieser Stoffe dient zur Ernährung, u. es ist wesentlich gleich, welcher verabreicht wird, da sich jedes Thier aus jedem derselben seine Körperbestandtheile zu bilden vermag. Die stickstoffhaltigen Nährstoffe werden zur Bildung der Organe u. bildsamen Stoffe in Blut verwandelt; außerdem enthalten sie[823] auch die wichtigsten unorganischen Stoffe, bes. phosphorsaure Salze u. Gase u. Eisen, die ebenfalls zur Bildung der Körpertheile dienen. Übrigens bleibt es sich für die Ernährung gleich, in welcher Form die stickstoffhaltigen Nährstoffe in den Körper eingeführt werden. Sie zerfallen in fette Körper u. in Zuckerstoffe. Die fetten Körper (Öle) gehören nicht nur zu den wesentlichen Bestandtheilen des thierischen Körpers selbst, sondern sie vermitteln auch die Aufrechterhaltung der thierischen Lebensvorgänge u. die Erzeugung der Körperwärme. Von den Zuckerstoffen: Stärke, Gummi, Pflanzenschleim u. Pflanzengallerte, kommen beide erstere in größter Menge vor u. können die fetten Körper ersetzen. In jedem Futterstoffe muß nun nicht blos ein stickstoffhaltiger u. stickstoffloser Nährstoff vorhanden sein, wenn er überhaupt eine Nährwirkung äußern soll, sondern beide müssen auch in einem bestimmten Mengeverhältniß zu einander stehen, wenn sie die möglich größte Nutzwirkung hervorbringen sollen. Deshalb sind die verschiedenen Futtermittel nach ihrem Nährstoffgehalt so zu mischen, wie es der Stoffverbrauch im thierischen Körper u. die verschiedenen Nährzwecke erfordern. Hierbei kommt es darauf an, theils die Stoffmenge, die ein Thier zu seiner Erhaltung u. zu den verschiedenen Nutzungszwecken bedarf, theils den Nährstoffgehalt zu kennen, den die verschiedenen Futterstoffe nach Art u. Menge besitzen. Von Wichtigkeit ist auch die Zubereitung des F-s, indem dadurch das F. aufgeschlossen, verdaulicher u. nahrhafter gemacht wird. Die Futterbereitung geschieht durch Zerkleinerung, Erweichung u. Mischung der Futterstoffe. Die Zerkleinerung erfolgt durch Schneiden auf der Häcksel-, Kartoffel-, Rübenschneide-, Schrot- u. Quetschmaschine; die Erweichung durch Aufbrühen, Dämpfen, Selbsterhitzen; die Mischung in der Art, daß dem Magenfüllugsfutter Kraftfutter zugesetzt wird; letzteres ist entweder solches, das stickstoff- od. fett- u. ölhaltige Substanzen enthält. Eine neu erfundene Methode, wenig u. nur kurze Zeit sich haltendem F. längere Dauer zu geben, ist das Einsalzendes F-s. Alle grünen Pflanzen u. Blätter, Kohlköpfe, Rüben u. Kartoffeln, letztere gedämpft, sind dazu geeignet u. werden gemeiniglich in, mit Stroh ausgelegten Erdgruben gestampft u. mit Viehsalz überstreut od. auch in Haufen über der Erde gespeichert Beim Futterbau unterscheidet man den auf den Wiesen u. beständigen Weiden (s. Wiesenbau u. Weiden), auch natürlicher Futterbau genannt, u. den auf dem Ackerlande (s. Futterpflanzen u. Weiden), auch künstlicher Futterbau genannt. Der Futterbau ist die Grundlage jeder Landwirthschaft, insofern von ihm die Viehhaltung u. die Düngererzeugung abhängt; bes. seit Schubert von Kleefeld hat der Futterbau auf dem Felde große Fortschritte gemacht u. die Landwirthschaft bedeutend gehoben, indem es möglich wurde, die reine Brache u. die ertraglosen Wiesen abzuschaffen, den Viehstand ansehnlich zu erhöhen, das Rindvieh auch den Sommer über in dem Stalle zu füttern u. durch alles dieses der Düngerproduction großen Vorschub zu leisten. Vgl. Hoffmann, System des Futterbaues, Wien 1853. 3) Das, was einem Thiere auf einmal zu fressen gegeben wird, z.B. das zweite u. dritte F.; 4) die Zeit von einem Abfüttern zum andern; 5) so v.w. Atzungsgerechtigkeit; 6) der hölzerne Rahmen in dem Fenster, woran die Fensterflügel gehängt werden, s.u. Fenster; 7) (Maschinenw. u. Uhrm.), ein Stück hartes Metall, welches an dem Orte eingesetzt wird, wo ein Zapfenloch od. eine Pfanne angebracht werden soll, um dadurch die Friction zu vermindern. Bei größeren Maschinen nimmt man zum F. auch ein Stück hartes Holz, bes. Buchenholz, welches daher Futterholz heißt; 8) (Unterfutter), geringe Stoffe, welche zum inneren Überzug der Kleidungsstücke dienen; daher Futterbarchent, Futterflanell, Futterkattun, Futterleinleinwand, Futtertaffet etc., s.u. Barchent, Flanell, Kattun, Leinwand, Taffet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 823-824.
Lizenz:
Faksimiles:
823 | 824
Kategorien:

Buchempfehlung

Strindberg, August Johan

Inferno

Inferno

Strindbergs autobiografischer Roman beschreibt seine schwersten Jahre von 1894 bis 1896, die »Infernokrise«. Von seiner zweiten Frau, Frida Uhl, getrennt leidet der Autor in Paris unter Angstzuständen, Verfolgungswahn und hegt Selbstmordabsichten. Er unternimmt alchimistische Versuche und verfällt den mystischen Betrachtungen Emanuel Swedenborgs. Visionen und Hysterien wechseln sich ab und verwischen die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn.

146 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon