Pilatus

[133] Pilatus, 1) Pontius P., 26–36 u. Chr römischer Procurator (Landpfleger) in Judäa u. Samaria. Vor ihm wurde Jesus von der Partei der Hohenpriester angeklagt, u. obgleich das Verhör ihm denselben schuldlos zeigte, so gab er doch dem Ungestüm des Volkes u. den Drohungen der Priester nach u. verurtheilte ihn zum Tode. Seine Gemahlin, nach der Tradition Claudia Procula, hatte ihn, in Folge eines Traumes, vor Jesu Verurtheilung gewarnt. 36 wurde er wegen seines despotischen Verfahrens gegen die Samariter abgesetzt u. nach Vienne in Gallien verwiesen. Die sogenannten Acta et relationes Pilati ad Tiberium (s. u. Apokryphen) sind unecht. Nach der Tradition soll[133] P. in Folge von Gewissensbissen wegen seines ungerechten Verfahrens gegen Jesus sich aus Verzweiflung entleibt haben. Nach der deutschen Pilatuslegende war P. der Sohn des Königs Tyrus in Mainz, tödtete seinen älteren Bruder, den Landeserben, u. wurde dann von seinem Vater als Geißel nach Rom geschickt, wo er abermals einen Mord beging u. deshalb zur Bezwingung der wilden Völker nach Pontus u. zur Bändigung der aufständischen Juden nach Judäa geschickt wurde. Wegen seinerungerechten Überlieferung Jesu zum Tode wurde er nachher zur Verantwortung gezogen, tödtete sich aber vor dem Urtheil u. sein Leichnam wurde in den Tibris geworfen; doch erregte hier der böse, nicht von ihm lassende Geist gewaltige Überschwemmungen, weshalb er in die Rhone, u. da hier gleiches geschah, in den Pilatussee in der Schweiz geworfen wurde, wo zwar sein Geist auch die Fluthen aufwühlt u. Sturm u. Wetter auf dem Pilatusberge erregt, wo er aber bis zum Jüngsten Tage liegen wird. Die Sage ist herausgegeben in Mone's Anzeiger 1835, S. 421 (lateinisch S. 434), deutsch auch im 1. Bde. von Maßmanns Gedichten des 12. Jahrh. 2) Leo od. Leontios P., s. u. Leontios 4).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 133-134.
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