Tscheremissische Sprache

[886] Tscheremissische Sprache, ein Zweig des Finnischen Sprachstammes, hat die Vocale a, ä, e, i, o, u, ü, y u. die Consonanten b, ch, d, f, g, j, k, l, m, n, p, r, z (sanftes s), s, t, w, sh (sanftes sch), sch, ts, tsch. Die Substantiva sind geschlechtlos, haben einen Plural, welcher auf wla endigt, u. acht Casus: Nominativ, Genitiv, Accusativ, Dativ, Illativ, Inessiv, Prädicativ u. Abessiv, z.B. , der Stein, Gen. kün, Acc. küm, Dat. külan, Illat. küschka, Iness. küschta, Präd. küjesch, Abess. küte, Plur. Nom. küwla, Gen. küwlan etc. Der Adjectiv wird nicht flectirt, wenn es nicht substantivisch steht. Der Comparativ wird durch rak gebildet; der Superlativ durch ein vorgesetztes pisch, z.B. izi klein, izirak kleiner, pisch izi der kleinste. Die Zahlwörter sind: 1 ik, 2 kok, 3 kum, 4 nil, 5 wiz, 6 kud, 7 schim, 8 kandaksch, 9 indeksch, 10 lu. Wenn sie allein stehen, haben sie eine vollere Form: ikta, kokta, kumut, nilit etc. Die persönlichen Pronomina sind min ich, tyn du, tyda, ty er, wir, ihr, nyna, tydawla sie; Reflexivum schke, Relativa kuda, magana, Interrogativa kü, ma, Demonstrativa seda, tyda. Die Possessiva werden durch Suffixe am Hauptwort gebildet, z.B. aba Mutter, abám meine M., abát deine M., abasha seine M., abana unsere M., abáda euere M., abásht ihre M. Diese Suffixe stehen theils vor, theils nach den Casusendungen, z.B. Gen. abaman meiner Mutter. Iness. abaschtam etc. Dieselben Suffixe werden auch an Postpositionen gehängt, z.B. min anzalnem vor mir, tyn anzalnet vor dir etc. Das Verbum hat nur zwei Tempora, Präsens u. Präteritum, als Modi einen Conjunctiv, Conditionalis u. Imperativ; außerdem Infinitiv, Supinum, Participium u. Verbaladverb, z.B. Ind. Präs. ischten ich thue, ischtet du thust, ischtà er thut, ischtena wir thun, ischteda ihr thut, ischtat od. ischtebesch sie thun. Präteritum ischtenem, ischtescham ich that, Conjunctiv ischtenem, Conditionalis ischtegetsem, Imperativ ischta, ischtema thu, ischtemada thut, Infinitiv ischtasch, Sup. ischtschasch, Partic. ischten thuend, ischtema gethan, Verbaladverb ischtemynga nachdem ich (du, er) gethan hatte. Die negative Conjugation wird theils durch Flexion der dem Verbum vorgesetzten Negativpartikel, theils durch besondere Verbalformen gebildet, z.B. Präs. ámischta ich thue nicht, átischta du thust nicht, ákischta er thut nicht, Prät. ischtedelam ich that nicht, Conj. inemischta, Condit. ischtedegetsem, Imperat. itischt. Das Passivum wird durch das Part. Pass. mit dem Hülfsverbum liasch, ylasch, sein, ausgedrückt. Statt der Präpositionen gibt es Postpositionen. Die Wortbildung erfolgt theils durch Ableitung, theils durch Zusammensetzung. Der Anfang des Vaterunsers lautet: atja mämnam, piülwilnscha, lüm tynin svätoi lishe, d.h. Vater unser Himmel über-seyend, Name dein heilig werde. Grammatiken: Petersb. 1775, Kasan 1837, von Castrén, Kuopio 1845, von Wiedemann, Reval 1847.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 886.
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