None

[819] None. (Musik)

Ein dissonirendes Intervall von der Art der zufälligen Dissonanzen,1 welche auf einer guten Zeit des Takts, als ein Vorhalt ein Zeitlang die Stelle der Octav, oder der Decime einnimmt, und hernach in das Intervall, an dessen Stelle sie aus dem vorhergehenden Accord liegen geblieben ist, herüber geht, wie in diesen Beyspielen zu sehen ist.

None

Die Noten, welche hier den Namen der None haben, werden in andern Fällen, in eben dieser Entfernung von der Baßnote, Secunden genennt; weil sie in der That die Secunden der ersten oder zweyten Octave des Baßtones sind. Daher ist hier vor allen Dingen der Grund anzuzeigen, warum dasselbe Intervall einmal den Name der Secunde, ein andermal aber den Namen der None bekomme.

Erstlich ist die None allezeit ein Vorhalt, oder eine zufällige Dissonanz, die Secunde hingegen ist [819] oft eine wesentliche, aus der Umkehrung des Septimenaccords entstehende Dissonanz, wie hier:

None

Nach den Regeln der Harmonie muß hier der Baßton, dessen Secunde oben vorkommt, der Auflösung halber herunter treten, weil sie die eigentliche Dissonanz ist. Hier ist also die Secunde nur dem Scheine nach die Dissonanz, die Zerstöhrung der Harmonie liegt im Basse, wo sie auch wieder muß hergestellt werden. Die None aber ist eine würkliche Dissonanz, die nicht durch einen andern Ton aufgelößt wird. Es geschiehet zwar auch, daß die Secunde als ein Vorhalt des Einklanges oder der Terz vorkommt; alsdenn aber ist sie von der None daran zu unterscheiden, daß sie bey liegendem Basse frey anschlägt, und als ein Durchgang erscheinet, vermittelst dessen man von 1 nach 3, oder von 3 nach 1 geht. Die Secunde behält diese Eigenschaft, die sie von der None unterscheidet, auch so gar, wenn sie würklich den Stufen nach der neunte Ton vom Baß ist, wie hier:

None

Hier ist der Ton d den Stufen nach die None, aber in der Behandlung die Secunde des Basses.

Zweytens würde es unschiklich seyn, wo die None mit der Septime als Vorhalt der Octave zugleich vorkommt, jener den Namen der Secunde zu geben; denn da bey der Auflösung beyde über sich treten, folglich die Septime in die Octave, so geht die None in die Decime, und es würde seltsam klingen, wenn man sagte, die Secunde gehe in die Decime; oder die Septime, als der tiefere Vorhalt gehe in die Octave, die Secunde aber, als der höhere, in die Terz.

So viel von der Benennung dieses Intervalls; von seiner Behandlung, wird im folgenden Artikel gesprochen.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 819-820.
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