Gewohnen

1. As ik wennt bün, möt ik dôn, säd' de Bûr, dôr kloppt he sînen Jungen.Hoefer, 141.


2. Gewohn's, Mudel1, gewohn's, hat der Bäck g'sagt, hat mit der Katz den Ofen2 ausgekehrt.Leoprechting, 293; Hoefer, 33; Schmeller, II, 553; Reinsberg VII, 78; Eiselein, 236; Mayer, I, 193; Körte, 2161; Simrock, 3645; Globus, VIII, 176.

1) Miez = Katze.

2) Nämlich den geheizten.


3. Gewohn's, so kommt dir's nicht hart an.Simrock, 3644; Braun, I, 817; Körte, 2161.

Wer gewohnt ist, hart zu liegen, sagen die Bergamasken, dem scheint ein Strohbett Daun. (Reinsberg VII, 78.) »Durch die Macht der Gewohnheit lernt der Mensch das stärkste Gift und auch bürgerliche und geistige Knechtschaft ertragen, aber doch alles nur in einem gewissen Grade.« (Welt und Zeit, III, 64, 90.)


4. Ich hab sein gewont, es gehet mir eben so mehr vbel als wol.Franck, I, 161a.


5. Jung gewehnet, alt gethan.Tappius, 99b; Henisch, 1585; Petri, II, 411; Lehmann, II, 275, 25; Parömiakon, 490 u. 2197; Bücking, 35; Siebenkees, 58; Eiselein, 236; Sailer, 68; Mayer, I, 192; Bremser, 8; Simrock, 3634; Pistor., IX, 42; Müller, 24, 1; Teller, 144; Ramann, II. Pred., I, 67; Ramann, Unterr., I, 41; Hermann, 4; für Gladbach: Firmenich, III, 516, 33; für Hannover: Schambach, 19; für Waldeck: Firmenich, III, 325, 21; Curtze, 318, 56.

Mhd.: Gewonhoit is dâ schuldec an: diu gît dem lîbe selhen pîn; des er von kintheit ist gewon, ez sî im schade, ez sî im frum, dâ kumt er âne got niht von. (Winsbeke.) – Ihr sult iuwer kint ûf guotiu dinc wîsen, wann gewonheit ist etewanne rîcher danne dîu natûre. (Berthold.) (Zingerle, 55.)

Frz.: Ce qu'on apprend dans la jeunesse, on le retient dans la vieillesse.

Lat.: A vitiis nescit desistere, quando senescit. (Binder II, 18; Gartner, 15.) – Dura est antiqua cum consuetudine pugna. (Binder II, 890.) – Quidquid primis inolevit ab annis, non facile aufertur, naturam parturit usus. – Salivam imbibere. (Erasm., 472; Tappius, 170b.)

6. Jung gewohnt, alt gethan, hebt das Recht' und Schlechte an.


7. Lang gewohnt ist, als wäre es angeboren. Schamelius, 87, 3.

Lat.: Consuetudo altera lex est: Vetus consuetudo naturae vim obtinet. (Schamelius, 87, 3.)


8. Man gewohnt endlich eine Sache, sie sei gut oder böse.

»Wer sich zehn Jahre quälen lässt, ist im elften der Qualen gewohnt.« (Welt und Zeit, I, 140, 66.)

Lat.: Ab assuetis non fit passio.


9. 'S ist alles nur, bis man's gewohnt ist. (Nürtingen.)


10. Was einer gewohnt ist, das kommt ihm nicht sauer an.Kirchhofer, 155.

Daher lernen die Menschen allmählich, wie jener Kreter, einen Ochsen von Blödsinn ertragen, wenn man sie gewöhnt hat, das Kälbchen zu tragen.

Böhm.: Cemu kdo zvykl, není obtížno. (Čelakovský, 359.)


[1677] 11. Was man einmal gewohnt, kann man böse wieder entwohnen.

Mhd.: Den site ein man ungerne lât, den er von jugent gewonet hât. (Freidank.) – Swes der man gewont hât, daz ist wunder, ob er daz sanfte lât. (Cato.) (Zingerle, 54.)

Lat.: Assueta relinquere durum est. (Philippi, I, 45.)


12. Was man gewohnt ist, beschwert nicht.

Lat.: Marti arma non sunt oneri. (Binder I, 957; II, 1802; Seybold, 299) – Multa vestutas lenit. – Quod male fers, assuere: feres bene. (Philippi, II, 143.)


13. Was man gewohnt ist, beschwert nicht, sagte die Köchin, als sie die Krebse ins siedende Wasser warf.

Sie wollte sagen: Die Krebse sind ja von jeher lebendig gesotten worden, sind also daran gewöhnt. H. Heine in seinen Vermischten Schriften wendet das Sprichwort auf Judenverfolgungen an.


14. Was wir gewohnt sind, klebt uns an.


15. Wenn man gewennt öss, denn öss ok ön e Hell got.Frischbier2, 1268.


16. Wenn 't man îrst gewennt büst, sär de Bäcker, da wisch hei mit sin Katt de Backâben ut.Mecklenb. Kal. (Rostock 1864); Schiller, III, 6b; Raabe, 8; Hoefer, 33b; für Jever: Frommann, III, 38, 16; hochdeutsch bei Frischbier2, 1267.


17. Wer gewohnt ist, im Finstern zu leben, der fragt nicht viel nach der Sonne.


18. Wie gewohnt, so gethan.


*19. Er ist's gewohnt, wie David das Panzerhemd.Parömiakon, 1879.

Von denen, die sich in etwas nicht finden und fügen können.


*20. Er ist's gewohnt, wie der Hund zu Fuss zu gehen.


*21. Er ist's gewohnt, wie der Krammetsvogel das Kopfeindrücken. (Westf.)


*22. Gewohn' es, Hündchen, Pommerchen!

Ermuthigender Zuruf an sich selbst oder andere.


*23. Gewohn's, Bumal! (Oberösterreich) – Baumgarten.


*24. Hei is 't gewunnt, es der Schmid de Funken. (Soest.)


*25. Hei is 't gewûnt, äs de Isel 't Sack dregen. (Soest.)


[Zusätze und Ergänzungen]

26. Das einer gewont hat, lest er hart.Hauer.


27. Gut gewohnt, halb gelohnt. (Franken.)


28. Ma ka se an âlles g'wöhne, no net ans Köpfe.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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