Kern

1. Auf den Kern gehört der Stern.Sprichwörtergarten, 295.

Anerkennung dem, der sie verdient, dem Würdigen.


2. Aus einem kleinen Kern kann ein grosser Baum werden.Reinsberg VII, 65.


3. Aus solchem Kern wird solcher Baum.Parömiakon, 463.

Aus einem kleinen Fehler entwickelt sich bisweilen ein grosses Laster.


4. Der Kern ist in der Schalen, das Mehl wird auss den Kleyen gemahlen.Petri, II, 97.


5. Der Kern ist unter der Schale.

Und doch beklagen sich viele, dass sie ihn nicht gleich oben darauf finden. »Begriffen habt ihr nicht den Spruch des Herrn: Glaubt ihr den Worten nicht [1252] glaubt doch den Werken. Das heisst verdolmetscht: Bis ihr schmeckt den Kern, mögt ihr euch an der Schale stärken.« (Fr. von Sallet, Leipzig 1842, S. 55.)


6. Der Kern straft oft die Schale Lügen.


7. Diesem Kern gehört eine bessere Schale.Parömiakon, 1953.

Schade, dass der kräftige Geist nicht in einem dauerhaftern Körper wohnt.


8. Ein guter Kern braucht keine dicke Schale.

Frz.: Biaux noiaux gist sos foible escorce (beau noyau git sous faible écorce). (Leroux, I, 44.)


9. Gute Kerne haben oft viel Schalen.


10. Man muss die Kerne nicht wegwerfen wegen der Spreu.


11. Wann me den Kêrn hawwen will, mot me de Nutt upbîten. (Waldeck.) – Curtze, 337, 290.


12. Wenn der Kern aus der Schale ist, fressen ihn die Mäuse.Parömiakon, 2436.

Die Jungfrau sei keine Gassenläuferin, es ist sonst bald um ihre Tugend geschehen.


13. Wer den Kern essen will, der muss die Nuss auffbeissen (knacken).Petri, II, 692; Simrock, 5560; Körte, 3343; Reinsberg III, 101; Braun, I, 1811.

Böhm.: Kdo chce jádro jísti, musí ořech rozlousknouti. (Čelakovsky, 126.)

Dän.: Hvo der vil æde kiærnen, faaer knække nøden eller bryde skallen. (Prov. dan., 7 u. 340.)

Engl.: He that will eat tho kernel, must crack the nut. (Čelakovsky, 126; Bohn II, 89.) – Madam Parnel, crack the nut and eat the kernel. (Gaal, 998.) – No nut does lack it's shell to knack. – No pains, no gains. – No sweet without some sweat.

Frz.: Il faut casser le noyau pour en avoir l'amande, (Lendroy, 1089.)

Holl.: Die de kern wil hebben, moet de dop kraken. (Bohn I, 308.)

Krain.: Ce te jedro mika, lupin jo zgrizi. (Čelakovsky, 126.)

Kroat.: Ki orehe hochi jeszti, pre lupine mora zgriszti.

Lat.: Frange nucis tegmen, si cupis esse nucem. – Qui nucleum esse vult, nucem frangat oportet. (Binder II, 1197; Gaal, 998; Seybold, 489; Eiselein, 497.)


14. Wer den Kern gegessen hat, dem schmeckt die Schale nicht.


15. Wer den Kern will, muss die Schale brechen.Gaal, 998; Oec. rur., 216; Steiger, 308; Sailer, 184; Eiselein, 371 u. 497.

Dän.: Hvo der vil æde kjernen, faae bryde skallen. – Hvo kæernen vil æde, skal nødden bryde. (Bohn I, 377 u. 378.)

Frz.: Nulle noix sans coque. (Leroux, I, 37.)

Lat.: Dulcia non meruit, qui non gustavit amara. (Altdorf, 22; Binder II, 854.)


16. Wer will den süssen Kern vermahlen, muss aufbeissen die bittern (harten) Schalen.


17. Wie der Kern, so der Keim.

Aehnlich russisch Altmann, VI, 405.


*18. Das ist der Kern vnd Stern davon.Herberger, I, 2, 789.


*19. Das ist der rechte Kern.

»Was mennt (meint) ihr, is dos nich der rechte Karn?« (Keller, 166b.)


*20. Den Kern essen und Gott die Schale vorlegen.Parömiakon, 1956.

Der Welt dienen mit der Kraft der Jugend und den schwachen, kraftlosen Rest des Lebens Gott weihen; Busse thun, wenn man nicht mehr sündigen kann.


*21. Den Kern verlieren und die Schale behalten.

Schon Plautus gebraucht die Redensart in den Gefangenen, wo der Herr, von dem man Nutzen hoffte, fort und an seiner Stelle der Sklave zurückgeblieben war.


*22. Die Kerne zerknicken, wenn die Kirsche schon gegessen ist.

Kommen, wenn das Beste weg ist, mit dem zufrieden sein müssen, was andere, als ihnen nicht zusagend, weggeworfen oder zurückgelassen haben.


*23. Du bist der Kernen, wenn man in die Nuss scheisst. (Weingarten.) – Birlinger, 296.


*24. Du bist der Kernen, wenn man Mausbollen gerbt. (Saulgau.) – Birlinger, 295.


*25. Ein goldener Kern in schlechter Schale.


*26. Einem den Kern stechen.

Ihm die Wahrheit sagen, ihm seinen Standpunkt klar machen.


*27. Er frisst die kern vnd lesset jm die Hülsen. Mathesius, Sarepta, CLIIb.


*28. Ihr seid goar der klare Karn.Gomolcke, 634.


[1253] *29. Kern essen wollen, ehe die Hülsen drab sein.Schottel, 1113a.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 1252-1254.
Lizenz:
Faksimiles:
1252 | 1253 | 1254
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon