Reif(en)

1. Auch ein Reifen platzt, wenn man ihn zu scharf antreibt.

Böhm.: I obruč udeří, když naň šlápneš. (Čelakovsky, 116.)

Poln.: I obręcz uderzy, kiedy kto na nię nastąpi. (Čelakovsky, 116.)


2. Aus blossen Reifen kann man kein Fass machen.Winckler, XX, 34.


3. Der faulste (schlechteste) Reifen am Fass platzt (zerspringt) am ersten.

It.: Il peggior cerchio della botte crepa il primo. (Pazzaglia, 36.)


4. Die Reifen machen nicht das Fass.

Die Russen: Der Reifen verspottet das Fass. (Altmann VI, 432.)


5. Ein Reifen macht kein Fass.Winckler, XVII, 30.


6. Einmal schlägt er auf den Reifen, das andere mal aufs Fass.

Bald redet er über die Sache selbst, bald wieder von etwas anderm.

Engl.: He giveth one knock on the hoop, and another on the barrel. (Bohn II, 12.)


7. Es hilfft kein Reiff noch binden an einem alten Fass; man muss es mit einem newen binden.Petri, II, 252.


8. Ist es mit dem Reifen gemessen, so kan man's nimmer verwerfen.Graf, 259, 198.

Von der Vollziehung eines Kaufgeschäfts. Die wirkliche Uebergabe besteht in der Anweisung der Sache durch den Verkäufer und Genehmigung durch den Käufer, welch letzterer stillschweigend dadurch kundgegeben werden kann, dass er sich die Waare zumessen, zuzählen oder zuwiegen lässt. Sobald die Waare über die Wagschale gegangen oder mit Reif oder Elle gemessen ist, so ist das Geschäft unwiderruflich. – In Schleswig: Wan id myt dem repe is gemeten, so mach man id nicht wedder op werpen. (Thorsen, Schleswig. Stadtrecht, 66, 42.)


9. Je fester man den Reifen legt, desto besser hält er das Fass.


10. Man klopfft so lange an den reiffen, das dem fass der boden ausspringt.Petri, II, 457; Henisch, 444, 66; Sailer, 53; Simrock, 2265a.


[1632] 11. Niemand steckt einen Reifen aus um Eines Gastes willen.Eiselein, 526.


12. Was ein guter Reifen werden soll, muss man früh krümmen.

Holl.: Het moet vroeg krommen, zal het een goede hoepel (reep, puthaak) worden. (Harrebomée, I, 311b.)


13. Wenn du einen Reifen aussteckst, so sorge auch für guten Wein.Eiselein, 526.


14. Wenn man auf den Reifen tritt, so springt er zurück.

Untergebene werden durch harte Behandlung zu Widersetzlichkeit getrieben. Jüdisch-deutsch in Warschau: As män tret auf der Rüg (Reifen), springt sie zurück.


15. Wenn man nur Reifen und Dauben hat, kann man leicht ein Fass machen.


16. Wer einen klosterneuenburger Reif hätte!


17. Wer einen Reiff aussteckt, der muss mancherley Geste gewertig seyn.Petri, II, 702.


18. Wer keinen Reifen drehen kann, schickt sich nicht zum Fassbinder.Altmann VI, 449.


19. Wo ein Reif aushängt, da verzapft man Wein.Eiselein, 526.


20. Wo ein Reif, da ist um Wein Geläuf.

»Also beschicht, wann man einen Reyff ausssteckt, so ist umb Wein ein G'leuff.« (Berein, 328.)


*21. Der ist auch der Reif g'sprungen. (Ergenzing.) – Birlinger, 973.

Hat ledig geboren.


*22. Der ist auch der Reif unta fürerkomma. (Unterbrettring.) – Birlinger, 973.

In demselben Sinne.


*23. Ein reiff ausstecken.Murner, Schelm., 31.

Andere zu etwas reizen. Die öffentliche Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand lenken. »Wer nicht schenken will den wein, der zeuch in's Teuffels namen ein den reiff.« » ... Die weiber haben ein freud daran, so vmb sie wirbet mancher man; sie sagen aber nit darneben, das sie darzu hand versach geben. Liessen sie das reiflin stan, sie wurden nit vil werber han.« (Kloster, I, 865.)


*24. Er hat die Reifen über die Ohren.Lehmann, 935, 13.

Er ist gebunden, er muss das thun. (S. Garn 44.)


*25. Er möchte sich einen Reifen um den Bauch legen.Klix, 74.


*26. Ich habe ihn zum Reif gebogen.

Ganz in meinen Willen gezwungen.


*27. Reifen aufstecken, wenn kein Bier (Wein) mehr im Keller ist.Simrock, 8380; Körte, 5041.


*28. Sie sind alle über einen Reif gebunden. (Oberösterreich.)

Einander ähnlich, gleichförmig, von gleichem Werthe.


[Zusätze und Ergänzungen]

29. As die Reifen springen, zerfallt dus Fass.

Wenn in einem Haus- oder Gemeinwesen keine Ordnung herrscht, so geht es aus Rand und Band.


30. 'S geht ke Rääf a, 's geht ke Wei' dra. (Pfalz.)

Es geht kein Reifen an, ohne dass Wein dazu kommt, dabei getrunken wird. In der Rheinpfalz ist man der Ansicht, dass bei der Arbeit der Wein nicht gespart werden dürfe.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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