Uebel (Subst.)

Uebel (Subst.).


1. Alles Uebel kommt von dem, was die Jugend nicht weiss und das Alter nicht kann.


2. Alles Uebel kommt von oben.

»Wie der Meister, so der Geselle.« (Briefe aus Berlin, S. 161.)


3. Alles Uebel nimmt ein Ende.

Böhm.: Zlého se sprostiš, a i smutku se zhostiš. (Čelakovsky, 196.)


4. Alte Uebel sind schwer zu heilen.

Holl.: Eene kwaal, die men heeft laten verouderen, is moeijelijk te genezen. (Harrebomée, I, 461.)


5. An dem gegenwärtigen Uebel soll man ein künftiges tragen lernen.


6. Anderer Uebel sind uns nur ein Traum, wir bemerken sie kaum.

Frz.: Mal d'autrui n'est que songe.


7. Auf ein überwundenes Uebel sieht man leicht zurück.

Böhm.: Přestálé zlé se líbí. (Čelakovsky, 110.)


8. Besser dem Uebel zuvorkommen als dann darüber klagen.

Schwed.: Bättre förekommas än sörekommas. (Grubb, 68.)


9. Besser Ein Uebel als zwei.Simrock, 1942.

Bei Tunnicius (171): Beter is ein quât to lyden dan twe. (Est unum satius, duo quam mala ferre moleste.)

Lat.: Uni atque geminis praestat in volvi malis. (Aristophanes.)


10. Das ärgste Uebel ist ein lügnerisch (ränkesüchtig) Weib.


11. Das Uebel führt zur Bibel.


12. Das Uebel ist für die, welche es suchen.


13. Das Uebel kommt geritten und geht zu Fuss wieder weg.Grubb, 612.

Lat.: Ad mala patrata, sunt atra theatra parata. (Chaos, 166.)


14. Dem Vbel soll man entgegen gehn (und stehn).Lehmann, II, 60, 73; Petri, II, 76; Eyering, I, 380; Simrock, 10581; Körte, 6101; Braun, I, 4631.

Frz.: Contre mauvais fortune bon coeur. (Masson, 344.)

15. Der vbel nit strafft, leit es zu hauss.Franck, I, 69b; Gruter, I, 19; Egenolff, 330b; Schottel, 1126b.

Lat.: Invitat culpam, qui peccatum praeterit. (Franck, I, 69b.)


16. Die vnbedachten vbel sind am schwersten. Petri, II, 146.


17. Drei Uebel schwer sind Feuer, Weib und Meer.


18. Drei Uebel seynd in der Welt: der Talmud, Alkoran und der Menschen Satzungen. Chaos, 973.


19. Ein Uebel, das man kennt, ist halb geheilt.

It.: Un male ben conosciuto è mezzo guarito.


20. Ein Uebel, das man nicht kennt, kann man nicht heilen.

It.: Un male ignoto non può esser guarito.


21. Ein Uebel, das man vorgesehen, ist halb überwunden.

Dän.: De skud man har seet tilforn, skade lidet. – Varnet ondt skader mindst. (Prov. dan., 176.)

It.: Liema la doglia la prevision dal male. (Pazzaglia, 94, 4.)

22. Ein Uebel, das morgen droht, muss man heute nicht fürchten.Schlechta, 29.


23. Ein Uebel, das nicht schadet, ist so viel, als Gutes das nicht nützt.Winckler, XIII, 5.


[1384] 24. Ein Uebel folgt dem andern.Graf, 306, 163.

Holl.: De eene kwelling volgt somtijds de andere. (Harrebomée, I, 463a.)

Lat.: Gradus est faturi finis alterius mali. (Philippi, I, 169.)


25. Ein Uebel gebiert das andere.

Lat.: Aliud ex alio malum. (Egeria, 3.)


26. Ein Uebel ist des andern Geschwisterkind.


27. Ein Uebel kommt pfundweis und geht lothweis.

Holl.: Het kwaad komt met ponden en het gaat weg met oncen. (Harrebomée, I, 460b.)


28. Ein Uebel muss man in der Geburt ersticken.

Lat.: Flamma recens parva sparsa resedit aqua. – Sero clypeum post vulnera sumo. (Ovid.) (Philippi, I, 157; II, 178.)


29. Ein Uebel muss man klopfen, weil's klein ist.

Lat.: Principiis obsta, sero medicina paratur. (Ovid.) (Philippi, II, 107.)


30. Ein Uebel und ein Mönch kommen selten allein.

Frz.: Un mal et un Cordelier rarement seul en un sentier. (Kritzinger, 431b.)


31. Ein Uebel vertreibt das andere.

Holl.: Het eene kwaad verdrijfst het andere. (Harrebomée, I, 460b.)

It.: Un male caccia l'altro.


32. Ein unbekanntes Uebel fürchtet man doppelt.

Lat.: Semper plus metuit animus ignotum malum. (Philippi, II, 174.)


33. Ein unverschuldet Uebel trägt sich leicht(er).

It.: Qualun que male è lieve dove colpa non è.


34. Einem Uebel kann man wol abhelfen, aber nicht der Furcht.

Frz.: On peut bien guérir du mal mais non pas de la peur. (Kritzinger, 363b.)


35. Erkanntes Uebel ist gut.Körte, 6102.


36. Es ist das alte Uebel, sagte der Bettler, und kraute sich auf dem Kopfe.

Holl.: Dat is het oude zeer, zei Lazarus, en hij kraauwde zijn kop. (Harrebomée, II, 396a.)


37. Es ist ein grosses Uebel, kein Uebel ertragen können.

It.: È un gran male il non poter sopportare male alcuno.


38. Es ist kein schlimmeres Uebel, als ein Uebel fürchten.

It.: Il mal peggiore – è dei mali il timor.


39. Es ist kein Uebel, als was für Uebel halten.

Holl.: Geen kwaad kan ooit ons overkomen, dan dat voor kwaad wordt opgenommen. (Harrebomée, I, 460b.)


40. Es ist kein Uebel angenehm zu tragen.

Böhm.: Zlé se zle trpi; ale když přetrpíš, i to dobré. (Čelakovsky, 110.)


41. Es kommt kein Uebel und kein Gut ohne Mühe.

Frz.: Nul mal et nul bien sans peine ne vient. (Kritzinger, 431b.)


42. Für das Uebel von gestern gibt es morgen kein Mittel.


43. Jeder schmiedet ihm sein Uebel selber.

Lat.: Nemo laeditur, nisi a se ipso. (Chaos, 750.)


44. Jedes Uebel will seine besondere Arznei.


45. Kein Uebel bleibt ungestraft.Volkmar, 167.


46. Kein Uebel ohne Trost.Winckler, XVI, 93.


47. Man muss dem Uebel beizeiten wehren.

Lat.: Principiis obsta, sero medicina paratur quum mala per longas convaluere moras. (Ovid.) (Kruse, 857; Binder I, 1395; II, 2652; Egeria, 228; Fischer, 181, 91; Frob., 535; Philippi, II, 107; Seybold, 456; Wiegand, 483.) Principiis obstare opus est. (Binder II, 2652; Palingen, 8, 469; Schonheim, P, 20.)


48. Man muss ein Uebel mit dem andern vertreiben.

It.: Al mai fagli male.


49. Ohne Uebel ist nichts in der Welt.

Dän.: Et fornødent ondt. (Prov. dan., 437.)


[1385] 50. Unter zwei Uebeln muss man das kleinste wählen, sagte jener mit seiner kleinen Frau.Hoefer, 469.


51. Vergiss das Uebel, so bist du genesen.Simrock, 10580; Körte, 6103; Braun, I, 4632.

Ung.: A' meg-esett dolognak leg jobb orvossága az el felejtés. (Gaal.)

52. Viel Uebel und danach der Tod, das ist des Lebens Botenbrot.

Frz.: Que de maux, et puis mourir. (Kritzinger, 431b.)


53. Vier übel khumen aus dem krieg: zerstehrung der güeter, verzehrung der personen; hinternuss der aufwachsenden manschafft, schand mit weibern.Rasch, B2.


54. Vier übel kumen aus beeser zung: vnkrautssamen, schalkhafftige deittung, ehr entziehung, vnterweisung des beesens.Rasch, E2.


55. Von zwei Uebeln muss man das kleinste wählen.Bücking, 256; Pistor., VI, 23; Müller, 34, 1; Eiselein, 608; Körte, 6104; Simrock, 10584; Ramann, Unterr., I, 26; Braun, I, 4628; Dove, 196, 314 u. 403.

»Von zwei Uebeln können Frauen so lange nicht das kleinere wählen, bis ihnen das grössere auf den Hals gekommen ist.« (Bogumil Goltz, Zur Charakteristik und Naturgeschichte der Frauen.) Eine jüdisch-deutsche Redensart sagt ironisch: Dus Beste vün die eysser (zehn) Makkes (Plagen), die beste der Plagen Pharao's, d.i. von allen vorhandenen Uebeln das kleinste.

Mhd.: Doch vnder zwein bösen ist eins besser, das weisz got christ, denn das andere. (Hans v. Buhel, Dyocletian's Leben, herausgegeben von Ad. Keller, Quedlinburg 1841, 536-538.)

Dän.: Af to onde udvælg der ringeste, ligesom af to gode det beste. (Prov. dan., 437.)

Engl.: Of two evils chose the least. (Gaal, 1564.)

Frz.: De deux maux íl faut éviter le pire et le moindre d'iceux élire. (Lendroy, 961; Kritzinger, 431a; Masson, 337.) – Il vaut mieux peter que crever. (Kritzinger, 457a.)

Holl.: Van twee kwaden moet men de geringste kiezen. – Van twee kwal moet men de grootste vermijden. (Harrebomée, I, 461a.)

It.: De' cattivi partiti bisogna pigliar in men reo. (Gaal, 1564.) – È meglio cader dal piè, che dalla vetta. – È meglio cader dalla fenestra che dal tetto. – È meglio dar la lana, che la pecora. (Biber.) – Piglio sicuro quel ch' è men duro.

Lat.: E duobus malis minus eligendum. (Cicero.) (Binder I, 394; II, 898 u. 1492; Seybold, 144; Gaal, 1564; Faselius, 71.) – E tribus malis unum. (Faselius, 72.)

Poln.: Z dwojga złego najmniéjsze obieraj. (Lompa, 36.)

Schwed.: Af twänne onda ting wälj det minsta. (Wensell, 5; Törning, 155.) – Bland onda wilkor wälier (wäljer) man gärna det bästa. (Grubb, 46.)

Span.: Del mal, el menos. (Cahier, 3517.)


56. Wenn man dem Vbel nicht wehret, so wechst es immer mehr.Petri, II, 663.


57. Wer das Uebel ärger macht, wird mit Recht verlacht.Parömiakon, 2239.


58. Wer das Uebel flieht, den verfolgt es.Simrock, 10582; Braun, I, 4630.


59. Wer das Uebel selbst verkost, der kann geben besten Trost.Chaos, 166.


60. Wer das vbel fleucht, dem läufft es nach. Henisch, 1153, 3; Petri, II, 689; Körte, 6100.


61. Wer das Vbel nicht straft, ladets nach Hause.Petri, II, 690; Simrock, 10583; Körte, 6099; Braun, I, 4632.


62. Wer dem übel entgegen laufft, den fleugt es; wer es fleugt, dem laufft es nach.Gruter, I, 79; Petri, II, 691; Henisch, 1153, 4; Eiselein, 608.

Lat.: Tempestatem praesentiunt, solus homo sua mala non praesentis, neque prospicit. (Sutor, 172.) – Tu ne cede malis, sed contra audentior ito. (Eiselein, 608.)


63. Wer ihm selbst übel wünscht, der kan wol dazu kommen.Acerra phil.


64. Wer vor dem Uebel zittert, der erliegt.


65. Zum Uebel schweigen, bewahrt was dein eigen.


*66. Das fallend vbel gehe dich an!Agricola I, 475.


*67. Dem Uebel entronnen und Besser gewonnen.Eiselein, 608.

Lat.: Effugi malum, inveni bonum. (Eiselein, 608.)


*68. Du machst nur vbel erger.Franck, II, 52a; Tappius, 49b u. 231a; Eyering, II, 401.

Holl.: Dat loopt van kwaad tot erger. (Harrebomée, I, 460a.)

Lat.: Morbum morbo addere. (Tappius, 220b; Erasm., 592.) – Oleo incendium restinquere. (Philippi, II, 64; Tappius, 49b.)


[1386] *69. Ein süss vbel. (S. Mausfalle 4.) – Eyering, II, 189; Sutor, 713.


*70. Er hät alli Uebel wis 's Nüssli's Hüener.Sutermeister, 44.


*71. Es ist ein nothwendiges Uebel.Seybold, 331.

Lat.: Necessorium malum. (Philippi, II, 9.)


*72. Uebel ärger machen.Schottel, 1115a; Eiselein, 608.

Lat.: Oleum addere camino. (Philippi, II, 64; Seybold, 404.)


[Zusätze und Ergänzungen]

73. Der sich vor übel hüten kan, den preiss ich hoch ohn allen wan.Loci comm., 203.

Lat.: Est uirtus uere, semper malefacta cauere. (Loci comm., 203.)


74. Drei Uebel sind über alle Stück: Feuersbrunst, Wasserflut und Weibertück.


75. Ein Uebel ruft das andere.

It.: Un male è vigilia dell' altro. (Giani, 970.)


76. Fünf Uebel lassen sich nicht ändern: der Hass, welcher vom Neid herrührt; die Gesellschaft des Verleumders, die Armuth, die aus Faulheit entspringt, Krankheit und Schwäche des Alters und ein Jüngling, der ein altes Weib geheirathet hat.Harssdörffer, 249.


77. Kann man ein Uebel nicht verjagen, so muss man's muthig tragen.

Poln.: Czego niemoźesz poprawić, lepiéj cicho w sobie strawić. (Čelakovský, 111.)


78. Vier vbel kommen aus dem gailflusse: nieren verstehrung, personen verzehrung, kinderwachs verhindernus, fäl vnd betrug den weibern.Rasch, 77.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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