Lope de Vega

[410] Lope de Vega, vollständig: Don Frey Lope Felix de Vega Carpio, welcher in der Geschichte des Theaters Epoche macht, war 1562 zu Madrit geboren, diente bei mehrern Großen als Secretair, that auch Kriegsdienste, ward zuletzt Maltheserritter, und starb 1635. Außer einem Werke über die Kunst Lustspiele zu verfertigen schrieb er viele Schäfergedichte, Lieder, Romanzen, Heldengedichte, unter denen einige, besonders das eroberte Jerusalem, einen großen Reichthum an schönen Stellen enthalten, vorzüglich aber Schauspiele, deren man eine unglaubliche Menge hat, indem allein 295 in 25 Quartbänden gesammelt sind, und er noch weit mehr als diese schrieb; doch scheint die Nachricht der Spanischen Gelehrten, daß er über 400 religiöse und 1800 andere, theils komische, theils tragische, Schauspiele gemacht habe, sehr übertrieben zu sein. Die Spanier schätzten seine Stücke so hoch, daß die Schauspieler sich dieselben dem Golde gleich zuwiegen ließen; sie werden auch noch bei ihnen mit dem größten Beifall aufgeführt. Lope war gewiß eins der größten Genies unter seiner Nation: seine feurige Phantasie ist unerschöpflich im Erfinden; er schreibt kühn, überraschend, selbst in seinen flüchtigsten Arbeiten originell. Allein eben so oft verfällt er ins Abenteuerliche; sein Styl ist gekünstelt und pomphaft; und seine Stücke sind ein regelloses Gemisch von Ernst, Schwulst und Possenspiel (denn Könige, Große, personificirte Tugenden und Laster, Rollen aus der heiligen Schrift, [410] Engel und Teufel werden in beständiger Gesellschaft von Harlekins aufgeführt, welche Letztere bei ihm, wie überhaupt auf der Spanischen Bühne, nicht einen Augenblick fehlen können). Indeß fand er diesen verdorbenen Geschmack bei seiner Nation, wie auch bei den Italiänern; und er gestand auch selbst in seiner Kunst Lustspiele zu verfertigen, daß das Ernsthafte bloß mit dem Possenspiele verwebt auf seine Zeitgenossen wirken könne.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 410-411.
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