Garcilaso de la Vega

[329] Garcilaso de la Vega (spr. gardsilāßo de la wēga), 1) einer der größten span. Dichter, geb. 1503 in Toledo, gest. 14. Okt. 1536, kam schon früh an den Hof Kaiser Karls V., wo er 1526 durch Boscan (s.d.) und Navagiero zum tiefern Studium der Alten und der Italiener angeregt wurde. Im Heere Karls erwarb er sich dessen Gunst, so daß dieser ihn zu einem seiner Ehrenkavaliere ernannte und ihn auf fast allen seinen Reisen mitnahm, so auch 1529 nach Italien (Genua, Bologna, Florenz), wo er bis Beendigung des Feldzugs blieb. Später wurde G. als Karls Gesandter am Hofe Franz' I. von Frankreich, mit Clément Marot und andern berühmten Dichtern bekannt. In Deutschland, wohin er sich mit seinem Freunde Fernando Alvarez de Toledo (spätern Herzog von Alba) begab, zog er sich Karls Ungnade zu und wurde (1531) gefangen auf die Donauinsel Schütt gesandt, deren landschaftliche Reize er in seiner dritten Kanzone schildert. Nach wenigen Monaten nach Neapel verbannt, verlebte er dort durch die Gunst des damaligen Vizekönigs Marquis von Villafranca glückliche Tage im Verkehr mit ausgezeichneten Männern und schrieb die schönsten seiner Gedichte, so die hochberühmte erste Ekloge. Durch Vermittelung des Marquis mit dem Kaiser versöhnt, nahm er an dem Feldzug gegen Tunis (1535) teil und tat sich wiederum durch Tapferkeit hervor. Im Kriege gegen Frankreich (1536) wurde er als Führer eines Infanterieregiments beim Sturm auf einen befestigten Turm bei Fréjus durch einen Steinwurf tödlich am Kopfe verwundet und starb kurz darauf in Nizza. Die Spanier haben G. stets die größte Bewunderung gezollt und nennen ihn mit einiger Berechtigung den »Fürsten« ihrer Dichter, denn G. war es, der dem von Boscan in die spanische Dichtkunst eingeführten italienischen Stil durch die ausgezeichnete Behandlung der neuen Formen dauernde, für lange Zeit fast ausschließliche Geltung verschaffte. Fast alle seine Gedichte sind in italienischen Versmaßen geschrieben, viele von vollendeter Schönheit. Der Wohllaut seiner Verse ist in Spanien kaum übertroffen worden. Doch fehlte es G. an Vielseitigkeit und an Selbständigkeit. Wie in seinen Eklogen Vergil, so ahmte er in seinen Sonetten Petrarca nach. Seine Gedichte wurden mit denen seines Freundes Boscan zusammen gedruckt, bis Fr. Sanchez de las Brozas eine Einzelausgabe mit erklärenden Anmerkungen veranstaltete (Salamanca 1574). Mit ausführlichem Kommentar gab sie Fern. de Herrera (Sevilla 1580; Neudruck, Madr. 1896), mit kürzern Erläuterungen Tomas Tamayo de Vargas (das. 1622) heraus. Unter den zahlreichen spätern Drucken sind die von I. N. de Azagra (Madr. 1765, das. 1817) und von I. M. Ferrer (das. 1827) die besten. Die Gedichte erschienen auch in der »Biblioteca de autores españoles«, Bd. 32, und Madrid 1886. Lateinische Oden von ihm zogen neuerdings italienische und spanische Gelehrte aus Licht. Vgl. Navarrete in der »Coleccion de documentos ineditos para la historia de España«, Bd. 16; Ben. Croce, Intorno ai soggiorno di Garcilasso in Napoli (Neap. 1894); Justi im »Jahrbuch der königlich preußischen Kunstsammlungen«, Bd. 14 (Berl. 1893).

2) Span. Historiker, genannt der Inka, weil er mütterlicherseits von den alten Herrschern Perus stammte, geb. 4. Dez. 1537 in Cuzco, gest. 1616 in Spanien, kam in seinem 20. Jahr nach Spanien, wo er unter Don Juan d'Austria gegen die Morisken in Granada kämpfte. Er schrieb eine Geschichte der Entdeckung von Florida (Lissab. 1606, Madr. 1723) und von Peru (Bd. 1, Lissab. 1609; Bd. 2, Cordoba 1617). Beide Werke enthalten zwar viel unverbürgte Nachrichten, aber auch viel wertvolles Quellenmaterial, und sind öfters wieder gedruckt worden (zuletzt Madr. 1800–1803, 17 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 329.
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