Alexander VI.

[46] Alexander VI., der berüchtigtste unter den acht röm. Päpsten dieses Namens, geb. 1430, stammte aus der angesehenen span. Familie Lenznoli, welchen Namen sein Vater mit dem seiner Gemahlin Borgia, einer Schwester des Papstes Calixtus III., vertauscht hatte. Mit ausgezeichneten Talenten begabt, widmete er sich in seiner Jugend mit Erfolg den Wissenschaften. Später nahm er Kriegsdienste, lebte dann mit einer vornehmen Römerin in unerlaubtem Umgange und zeugte nach deren Tode mit einer ihrer Töchter, Vanozza, fünf Kinder, unter denen Cäsar und Lucretia Borgia am Berüchtigtsten sind. Durch seinen Oheim, Calixtus III., 1455 zum Cardinal erhoben, wußte er, in jeder Kunst der Verstellung geübt, fortwährend den äußern Schein der Ehrbarkeit und Frömmigkeit zu behaupten. Als er jedoch durch Bestechung der Cardinäle 1492 auf den päpstlichen Stuhl gelangte, zeigte er sich in seiner ganzen Nichtswürdigkeit. Er lebte ohne Religion und kannte keine Pflicht. Sein Geldgeiz war ohne Grenzen, wie seine Ehrbegierde, seine Grausamkeit unmenschlich und kein Mittel schien ihm verachtungswerth, wenn er dadurch seinen Zweck erreichen konnte. Er war schamloser Wüstling und soll mit seiner eignen Tochter Lucretia in verbrecherischem Umgange gelebt haben. Zu den größten Gewaltthätigkeiten verleitete ihn insbesondere das Bestreben, seine Macht zu vergrößern und seine Kinder zu bereichern, wozu ihn die politischen Händel in Italien eine willkommene Gelegenheit boten. Die Streitigkeiten der Spanier und Portugiesen wegen ihrer Besitzungen in Amerika suchte er dadurch zu schlichten, daß er 1494 ihre Eroberungen durch eine Scheidelinie trennte, die er 360 Meilen westl. von den Azoren durch das Weltmeer zog. Im Begriffe, sich mit einer neuen Schandthat zu beflecken, starb er am 18. Aug. 1503, nach der gewöhnlichen Sage an vergiftetem Weine, den er durch seinen Sohn für einige Cardinäle hatte bereiten lassen und aus Versehen selbst erhielt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 46.
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