Äquator

[103] Äquātor, d.h. Gleicher, nennt man denjenigen Kreis der Erde, welcher dadurch entsteht, daß man sich eine Linie rings um dieselbe gezogen denkt und zwar in allen ihren Punkten gleichweit, nämlich 90° von beiden Erdpolen entfernt. Dieser Kreis hat einen Umfang von 5400 deutschen Meilen, ist in 360 Grade getheilt, von denen jeder 15 deutsche Meilen umfaßt und theilt die Erde in zwei gleiche Hälften, in die südl. und die nördl. Halbkugel. Er durchschneidet die ostind. Inselgruppe, den indischen Ocean, Afrika, das atlant. Meer, Südamerika und das große Weltmeer. In seiner Richtung erfolgt die tägliche Bewegung der Erde von W. nach O. um ihre Achse und unter ihm sind, da die Sonne sich nicht weit von ihm entfernt, fast das ganze Jahr hindurch die Tage und Nächte von gleicher Länge. In der Nähe desselben findet öfters längere Zeit Windstille statt, während zu beiden Seiten die sogenannten Passatwinde wehen. Die Entfernung eines Ortes vom Äquator nennt man die südl. oder nördl. Breite desselben, je nachdem er auf der südl. oder nördl. Halbkugel liegt. In der Schiffersprache heißt gewöhnlich der Äquator die Linie, daher die Redensart »die Linie passiren« d.h. über den Äquator segeln. Da zur See nur Derjenige für einen wahren Seemann gilt, der schon die Linie passirt hat, so werden Die, welche zum ersten Male über den Äquator segeln, aus Kurzweil gewöhnlich feierlich geweiht. Zwei alte Matrosen, der eine als Neptun mit dem Dreizack, der andere als dessen Gattin Amphitrite angeputzt, umgeben von den übrigen alten Matrosen, welche Tritonen und Nereiden vorstellen, erscheinen auf dem Verdecke, wohin ihnen alle Die, welche die Linie noch nicht passirt sind, folgen. Hier müssen sie sich auf Breter setzen, welche über große Wasserkübel gelegt sind, werden sodann von den alten Matrosen mit Theer eingerieben, mit einem stumpfen Messer wieder gereinigt und zuletzt in den Wasserkübel gestürzt. Da man nicht eben zart mit den Einzuweihenden umgeht, so findet diese Ceremonie in der Regel blos bei neuen Matrosen statt, indem sich die Passagiere und Offiziere durch ein Geschenk von derselben loskaufen. Jederzeit aber wird der Tag, an welchem ein Schiff die Linie passirt, als Festtag begangen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 103.
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