Athmen

[136] Athmen ist diejenige Verrichtung des thierischen Körpers, durch welche in steter Abwechslung atmosphärische Luft entweder in die Lungen eingezogen oder aus denselben ausgestoßen wird. Das Einziehen von Luft wird Einathmen, das Ausstoßen derselben Ausathmen genannt. Das Athemholen ist eine zum Leben ganz unentbehrliche Verrichtung; wird es mehr oder weniger erschwert und beeinträchtigt, so erfolgt Krankheit, wird es aber auf irgend eine Art ganz gehindert, der Tod. Bei dem Einathmen dringt die Luft durch die Nase oder den Mund, durch den Schlund, Kehlkopf und die Luftröhre in die Lungen; damit dies aber möglich werde, muß sich die Brusthöhle nach unten, vorn und den Seiten hin erweitern, was dadurch möglich wird, daß sich durch Zusammenziehen der verschiedenen Muskeln, besonders aber des sogenannten Zwerchfells, zugleich auch die minder beweglichen, den Brustkasten bildenden Theile zur Vergrößerung der Brusthöhle in Bewegung setzen; gleichzeitig wirkt der Druck der Atmosphäre auf die eindringende Luft und treibt dieselbe durch die genannten Öffnungen und Kanäle bis in die Luftzellen. Bei dem Ausathmen erschlaffen die zusammengezogenen Muskeln, die Brusthöhle verengert sich wieder, die Lungen fallen etwas zusammen und ein großer Theil der eingedrungenen Luft entweicht wieder auf demselben Wege, auf welchem er in die Lungen gelangt war. [136] Ist der Mund geschlossen, so tritt die Luft durch die Nase ein und aus, ist dagegen die Nase verstopft, so geschieht dies durch den Mund. Der erwachsene Mensch holt in einer Minute ungefähr 20 Mal Athem, allein eine Menge Umstände, wie Schlaf, Bewegung, Ausdehnung des Magens durch Speisen u.s.w. können die Zahl der Athemzüge vermehren oder vermindern. Die in 'die Lungen gelangte atmosphärische Luft erleidet daselbst eine große Veränderung; schon bei ihrem Durchgange durch die Nase, den Schlund u.s.w. wird sie erwärmt und ausgedehnt, hier aber gibt sie einen ihrer wesentlichen Bestandtheile, den zum Leben unbedingt nöthigen Sauerstoff, an die Blutmasse, mit welcher sie nun in Berührung kommt, ab und nimmt dagegen aus dieser verschiedene nachtheilige oder unbrauchbar gewordene Stoffe, besonders den sogenannten Kohlenstoff, auf, den sie als Kohlensäure aus dem Körper führt. Hier ist es, wo das schwärzliche, aus allen Theilen des Körpers zurückkehrende Blut der Venen oder Blutadern in das hellröthliche der Arterien oder Schlagadern verwandelt wird und schon hieraus allein ergibt sich die Nothwendigkeit des Athemholens für das Leben. Die allein zum Athmen taugliche Luftart ist die atmosphärische, alle andern Gasarten führen schneller oder langsamer den Tod herbei. Da nun das Athmen unentbehrlich zum Leben ist und z.B. erstickende und ertrinkende Personen sterben müssen, weil die Thätigkeit dieser Verrichtung unterbrochen und unmöglich gemacht wird, so sucht man zur Wiederbelebung solcher Verunglückten hauptsächlich das Athemholen wieder herzustellen und es durch Einblasen von Luft künstlich zu ersetzen. Überhaupt ist die Berücksichtigung der verschiedenen Zustände des Athmens zur Beurtheilung und Behandlung von Krankheiten höchst wichtig.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 136-137.
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