Calderon

Calderon

[364] Caldĕron (Don Pedro) de la Barca Henao y Riano, geb. 1601 zu Madrid, einer der berühmtesten und fruchtbarsten span. Dichter, durch den das ältere span. Nationaltheater seine höchste Entwickelung erlangte.

Schon vor dem 14. Jahre verfaßte er sein erstes Schauspiel und suchte nach Beendigung der gewöhnlichen Universitätsstudien seit 1625 sein Fortkommen am Hofe zu Madrid, wo er frühzeitig Gönner fand. Allein noch im nämlichen Jahre nahm er Dienste im Heere und wohnte mehren Feldzügen in Italien und in den Niederlanden bei, bis sein zunehmender Ruf als dramatischer Dichter den für das Theater sehr eingenommenen König Philipp IV. veranlaßte, ihn 1636 an den Hof zurückzurufen und bald darauf den St.-Jago-Orden zu ertheilen. Von nun an lebte C. in den glänzendsten Verhältnissen; seine Schauspiele wurden mit der größten Pracht aufgeführt, auch bediente man sich seines Rathes bei der Anordnung von Hoffesten und als 1640 alle span. Orden gegen die aufgestandenen Catalonier ins Feld ziehen mußten, durfte C. sich dem Heere nicht eher anschließen, als bis er noch ein vom Könige verlangtes Stück vollendet hatte. Nach hergestelltem Frieden begann C. wieder seine frühere Thätigkeit, der er auch nicht entsagte, nachdem er 1652 in den geistlichen Stand getreten und Kaplan bei der erzbischöflichen Kirche zu Toledo geworden war, von wo er jedoch, weil er dadurch zu weit vom Hofe entfernt wurde, [364] nach einigen Jahren wieder nach Madrid versetzt und mit einer zweiten Stelle bei der Hofcapelle bekleidet ward. Seitdem verfolgte er jedoch immer mehr eine religiöse Richtung, wendete allen Fleiß auf die Ausarbeitung seiner Autos sacramentales oder Frohnleichnamsstücke, eine Art geistlicher Komödien, welche in Beziehung zu dem Sacrament des Altars nach katholischen Begriffen stehen und in denen C. alle seine Vorgänger übertraf. Mit Geringschätzung sprach er selbst von seinen übrigen dramatischen Dichtungen, von denen sich die Zahl der gesammelten auf 128 beläuft; außerdem verfaßte C. noch 300 Vorspiele und kleine Stücke, 95 Frohnleichnamsstücke und viele kurze Gedichte aller Gattungen, welche letztere aber verloren gegangen sind. Bewundert von seinen Landsleuten und durch reiche Einkünfte und Geschenke vom Hofe geehrt, starb C. im Mai 1687 und hinterließ sein großes Vermögen der Brüderschaft von S.-Pedro, in die er als Priester aufgenommen worden war. Bei der großen Zahl seiner Werke laufen freilich einzelne Wiederholungen und manche breite Stelle mitunter, allein Wahrheit und Eleganz des Ausdrucks, Adel des Gefühls und die glänzende Selbständigkeit seines Dichtergeistes schmücken doch alle mehr oder weniger; indessen ist die Kenntniß der Zeit, in welcher C. lebte, zur richtigen Schätzung seiner Vorzüge unentbehrlich. Deutsche Übersetzungen vieler Stücke dieses Dichters lieferten seit 1803 A. W. v. Schlegel, I. D. Gries, O. von der Malsburg und Andere, durch Göthe aber kam das erste Stück von C. auf die deutsche Bühne, nämlich »Der standhafte Prinz«, welches 1810 auf dem Hoftheater zu Weimar zuerst aufgeführt wurde; unter mehren seiner an verschiedenen Orten später gegebenen Stücken hat jedoch die Schicksalstragödie »Das Leben ein Traum« den meisten Beifall gefunden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 364-365.
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