Camoens

[371] Camoens (Luis de), der vortrefflichste portug. Dichter und von seinen Landsleuten »der Große« genannt, geb. 1524 zu Lissabon, war der Sohn eines Schiffscapitains, erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung auf der hohen Schule zu Coimbra und suchte nach deren Beendigung sein Fortkommen am Hofe König Johann VIII. zu Lissabon. Hier knüpfte der durch Gestalt und Talente gleich ausgezeichnete Jüngling ein zärtliches Verhältniß mit der Hofdame Katharine von Attayde an, das sehr bald seine Entfernung vom Hofe zur Folge hatte. Aus Verdruß nahm er nun Kriegsdienste, zeichnete sich aus und verlor in einem Seetreffen das rechte Auge, fand aber als Krieger so wenig Anerkennung in seinem Vaterlande, wie als Dichter, daher er sich mit dem Vorsatze, es für immer zu meiden, 1550 nach Ostindien einschiffte. Hier nahm er an vielen kriegerischen Unternehmungen Theil und lebte außerdem der Dichtkunst, bis ihm eine Satire wider die portug. Regierung in Indien die Verbannung nach der Insel Macao zuzog, wo er sich durch das Amt eines Verwalters der Nachlässe Verstorbener seinen Unterhalt erwerben mußte. Dennoch vollendete er hier sein berühmtes Epos, »Die Lusiaden«, was gleichbedeutend mit »Portugiesen« ist, die im Alterthume Lusitaner hießen, schilderte darin die Entdeckungen und Thaten seiner Landsleute in Indien mit patriotischer, durch eigne Anschauung des Schauplatzes jener Ereignisse entflammter Begeisterung und schmückte sie im damaligen Geschmacke mit den Wundern der griech. Götterlehre aus. Wahrscheinlich sehnte er sich dieses Gedichts wegen wieder nach Europa, nachdem er endlich aus der Verbannung nach Goa zurückgerufen worden, auf der Reise dahin aber Schiffbruch gelitten und nur sich und seine Verse gerettet hatte. Ehe jedoch sein Wunsch erfüllt ward, ließen ihn unbarmherzige Gläubiger noch einkerkern und erst nachdem ihn Freunde ausgelöst und ihm die Reisekosten vorgeschossen hatten, konnte er sich nach Lissabon einschiffen, wo C. nach 16jähriger Abwesenheit 1569 blutarm aus dem reichen Indien wieder anlangte. Allein in Lissabon wüthete die Pest und wer hätte da Zeit gehabt, poetisches Verdienst zu beachten; der jugendliche König Sebastian nahm jedoch die Zueignung der »Lusiaden« an, die 1572 gedruckt erschienen und C. erhielt dafür ein kümmerliches Jahrgeld von 25 Thlrn. nebst der Erlaubniß, den Hof überall zu begleiten. Allein auch diese Unterstützung verlor C. nach Sebastian's 1578 erfolgtem Tode und ein aus Indien ihm gefolgter treuer Sklave soll nun durch Betteln seinen dringendsten Bedürfnissen zu genügen gesucht haben, bis das Übermaß des Misgeschicks ein Jahr später des Dichters Tod in einem Hospitale herbeiführte. Mit vieler Mühe fand man 16 Jahre später sein Grab wieder auf, um es mit einem prächtigen Denkmale zu bezeichnen und erst die Nachwelt feierte diesen großen Dichter, den seine Zeitgenossen fast Hungers sterben ließen. – C. versuchte sich in allen Gattungen der Dichtkunst, sein Hauptwerk aber sind die »Lusiaden«, das in fast alle Sprachen, ins Deutsche zuletzt von Donner (Stuttg. 1833) übersetzt worden ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 371.
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