Daniel

[510] Daniel, der Prophet, wurde als Kind nach der Eroberung von Jerusalem 588 n. Chr. durch Nebukadnezar mit in die babylon. Gefangenschaft geführt und als Sohn vornehmer Ältern mit mehren seines Gleichen in Babylon zum Hofdienste erzogen, daher auch in der Sprache und Weisheit der Chaldäer unterrichtet. Durch seine Klugheit und Kunst in Auslegung von Träumen zog er bald des Königs Blicke auf sich und gelangte zu hohen Würden und Ehren. Als unter dessen Sohne und Nachfolger Belsazar das für uneinnehmbar gehaltene Babylon von den Medern belagert wurde, gab der König dem Feinde zum Hohne seinen Feldherren und Höflingen ein prächtiges Fest, bei dem auch aus den im Tempel zu Jerusalem früher erbeuteten geweihten Gefäßen gezecht wurde. Da erschien plötzlich an einer Wand des Prunkgemachs eine seltsame Schrift, allein der verheißenen Belohnungen ungeachtet las von allen herbeigerufenen Chaldäern und Weisen nur D. die Worte »Mene Tekel Upharsin« und deutete sie dem Könige dahin, daß seiner Sündhaftigkeit wegen Gott das Ende seines Reiches beschlossen und es den Medern und Persern gegeben habe. Dies ward noch in derselben Nacht erfüllt, indem der Feind an einer unbewehrten Stelle in die Stadt drang und Belsazar bei der letzten Gegenwehr erschlagen ward. Auch unter dem neuen Herrscher behielt D. sein Ansehen, wurde aber durch Ränke seiner Neider und wegen seiner Treue an dem Gott Israels verurtheilt, in die Löwengrube geworfen zu werden. Auf wunderbare Weise vor den dort eingesperrten, hungernden Löwen geschirmt, ließ ihn Tags darauf der König wieder daraus befreien, verlieh ihm noch höhere Würden, verurtheilte aber dafür seine Widersacher. Dem Einflusse D.'s wird auch die 547 von Cyrus (s.d.) gestattete Rückkehr der Israeliten nach Palästina zugeschrieben, wohin er ihnen jedoch nicht folgte. Das nach ihm benannte Buch des A. T. ist erst nach seiner Zeit aus schriftlichen und mündlichen Überlieferungen entstanden und enthält theils seine Geschichte, theils von ihm bekannt gewordene Weissagungen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 510.
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