Fontevraud

[70] Fontevraud, so viel wie Ebraldsbrunnen, war eine berühmte Abtei in einem Thale an den Grenzen von Poitou und Anjou in Frankreich, welche von Robert von Arbrissel gestiftet wurde. Dieser, um 1047 geboren, hatte sich durch ein strenges Leben und durch eifrige Bußpredigten in den Ruf der Heiligkeit gesetzt. Er zog mit großem Ansehen in Frankreich umher und suchte namentlich gefallene Mädchen und lasterhafte Frauen zur Tugend zurückzuführen. In Begleitung einer großen Menge von ihm bekehrter Männer und Weiber kam er in das Thal von F. und schlug hier seine Hütten auf. Freiwillige Gaben setzten ihn bald in Stand, der unter seinem Einfluß stehenden Gesellschaft eine feste Einrichtung zu geben. Die Frauen und Männer wurden voneinander geschieden. Der Orden von F., wie sich diese Klostergesellschaft nannte, wurde vom Papste bestätigt und breitete sich bald über Frankreich, und selbst nach Spanien aus. Nicht wenig mochte zum Ansehen desselben der Umstand beitragen, daß Arbrissel sogar die Königin [70] Bertrade bewog, in den Orden zu treten und die strengen Büßungen, welche derselbe auflegte, zu übernehmen, weil sie ihren frühern Gemahl verlassen hatte, um sich mit dem Könige Philipp I. von Frankreich zu vermählen. Kurz vor seinem Tode übertrug Arbrissel die Oberaufsicht über den Orden einer Frau und setzte für alle Folge fest, daß stets eine Frau General des Ordens sein sollte. Die Äbtissinnen von F. waren meist aus sehr vornehmem Geschlecht und standen unmittelbar unter dem Papste. Als nach Milderung der strengen Regel des Ordens, welche sich der des h. Benedict anschloß, im 14. Jahrh. Unordnungen in den Klöstern eingerissen waren, verlor der Orden an Ansehen, bestand aber noch bis zur franz. Revolution, wo er aufgehoben wurde.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 70-71.
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