Gallenfieber

[137] Gallenfieber, eine hauptsächlich auf fehlerhafter Gallenabsonderung beruhende Krankheit, die, wie alle Fieber, mit Frösteln, Hitze, Gefühl von Mattigkeit u.s.w. beginnt, sich indeß hauptsächlich durch äußerst heftigen Kopfschmerz, Mangel an Eßlust, bitteres Aufstoßen, bittern Geschmack im Munde, Übelkeiten, Erbrechen galliger Stoffe, Störungen des Stuhlganges, bald Verstopfung, bald Durchfall, gelbliche Färbung der Haut, sowie des Weißen im Auge, im Anfange oft noch reine, später gelblich oder bräunlich belegte Zunge, großen Durst, besonders Verlangen nach kühlenden, säuerlichen Getränken, dunkelgelben Urin, Druck, Gefühl von Vollsein und Spannung in der Leber und Magengegend u.s.w. kund gibt. Die Krankheit entscheidet sich gewöhnlich binnen 4–14 Tagen durch gallige Ausleerungen nach oben oder unten, Veränderung des Urins, reichliche, oft sehr stark riechende und die Wäsche gelb färbende Schweiße, Entwickelung eines Ausschlages um den Mund, Eintritt eines ruhigen Schlafes, wobei die Zunge nach und nach rein wird, Eßlust und Verdauungskraft täglich zunehmen und die fieberhaften Bewegungen sich ganz verlieren. Das Gallenfieber ist immer [137] eine nicht unbedeutende Krankheit, die zwar meistens in kurzer Zeit mit Genesung endet, mitunter aber doch auch üble Nachkrankheiten zur Folge hat, so z.B. zuweilen in Gehirn- oder Leberentzündung ausartet und dann leicht tödtlich wird. Nicht selten kommt dasselbe epidemisch vor, bei uns am häufigsten in heißen Sommern, bei zugleich feuchter Witterung und kalten Nächten. In heißen Klimaten nimmt die Krankheit oft einen furchtbaren Charakter an. Als Ursache des Gallenfiebers ist Alles zu betrachten, was die Thätigkeit der Leber ungewöhnlich steigern und die sogenannte gallige Anlage erzeugen kann. Das cholerische und melancholische Temperament, der längere Aufenthalt in heißen und zugleich feuchten Landstrichen, anhaltende Sommerhitze, fortwährender Genuß einer allzu reichlichen, erhitzenden Kost, fetter, stark gewürzter Fleischspeisen und geistiger Getränke, öftere Störung oder Aufregung der Thätigkeit der Leber durch Gemüthsbewegungen, wie Zorn, Ärger, mangelhafte Absonderung und Ausführung der Galle begründen vorzugsweise Anlage zu Gallenkrankheiten und so auch zu dem Gallenfieber.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 137-138.
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