Gallen

[137] Gallen werden die weichen, unter dem Drucke des Fingers eine wellenförmige Empfindung erregenden, bald größern, bald kleinern, kalten, unschmerzhaften Geschwülste genannt, welche bei den Pferden an gewissen Gelenken, an den Schleimbeuteln derselben oder an den Sehnen vorkommen. Nach der Verschiedenheit ihres Sitzes und ihres Grades haben sie mancherlei Benennungen erhalten, so z.B. Flußgalle, Sehnengalle, Kniegalle, Fersengalle u.s.w. Unter dem Ausdrucke Flußgalle versteht man eine Gallengeschwulst, die sich an den Gelenken der hintern Schenkel, selten der vordern, befindet und die Thiere an der freien Bewegung hindert. Zu frühe und übermäßige Arbeit, namentlich zu frühes Einspannen und Dressiren, das Klettern auf steinigen Bergen, lang anhaltendes Gehen in zähen und tiefen Sümpfen geben zur Entstehung des Übels Veranlassung. Übrigens sind ihm schlaffe Pferde mehr ausgesetzt als gute Race-Pferde. Pferdekäufern diene die Bemerkung, daß sie ein Pferd nicht in Augenschein nehmen unmittelbar nachdem es einen Marsch gemacht hat, sondern dasselbe wenigstens einige Stunden ruhen lassen, denn sehr oft verschwinden die Flußgallen nach einer starken Bewegung, stellen sich aber nach einer kurzen Ruhe wieder ein. Da dieselben ferner im Sommer gewöhnlich größer und stärker sind. als im Winter, erfodern Einkäufe zur Winterszeit besondere Vorsicht. Sehnengallen sind nichts Anderes, als widernatürliche Ausdehnungen der Sehnenscheiden mit gleichzeitiger Ansammlung lymphatischer Feuchtigkeiten ebenfalls in Folge zu großer Anstrengung. Die zur Beseitigung der Gallen empfohlenen Mittel sind sehr zahlreich; als das sicherste von ihnen hat sich bis jetzt die Anwendung des glühenden Eisens bewährt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 137.
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