Hiob

[390] Hiob, der Name eines biblischen Buchs, den es von der gleichbenannten Hauptperson desselben führt. Obwol gewöhnlich für ein Lehrgedicht gehalten, gehört es doch keiner Gattung der Poesie ausschließend an. Außer dem Reichthum weiser Lehren ist ihm auch die Erhabenheit der Ode und die lebendige Handlung des Trauerspiels eigen. Dem Inhalte nach ist das Gedicht eine Theodicee oder eine Rechtfertigung der göttlichen Vorsehung Dem Menschen als einem ohnmächtigen Wesen steht nur die Unterwerfung unter Gottes erhabenen Rath zu, so sehr sich auch bei dem Bewußtsein der Unschuld die Natur des Leidenden dagegen sträuben mag. Das Beispiel H.'s, der bei seiner Rechtschaffenheit und Frömmigkeit dennoch die ganze Bitterkeit des Misgeschicks erfuhr, und seine Gespräche mit seinen Freunden Eliphas, Bildad, Zophar und Elihu dienen dazu, diese Wahrheit in das hellste Licht zu setzen. Letztere läßt der Dichter die unbescheidenen Gedanken der Menschen bei Beurtheilung des Unglücks, das den Menschen trifft, aussprechen. Die endliche Entscheidung des Gesprächs ist Gott zuertheilt, der auf eine erhabene Weise aus einer Gewitterwolke den Streitenden die gesuchte Wahrheit verkündigt. Der durch das Ganze herrschende Ton ist erhaben. Eine begeisterte, kühne, prächtige und kraftvolle Sprache herrscht in diesem Gedichte, welches geläuterte Vorstellungen über Religion und Sittlichkeit enthält, indem z.B. die sittlichen Grundsätze Gottesvertrauen und allgemeine Menschenliebe athmen. Ist der Verfasser dieses Gedichts seinem Namen nach auch unbekannt, so ist es doch nicht der fromme Sinn und der hohe Geist, der aus seinen Worten spricht. De Wette und Umbreit haben vortreffliche Übersetzungen dieses Gedichts geliefert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 390.
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