Vorsehung

[627] Vorsehung (die) und lat. providentia, auch Fürsehung, ist nichts Anderes als die der Schöpfung, Regierung und Erhaltung der Welt zum Grunde liegende und vorstehende Allweisheit Gottes, welche Alles so geordnet hat, daß die im Weltganzen wirkenden Kräfte auch in den scheinbar widersprechendsten Äußerungen doch Gottes väterlichem Willen gemäß zur allgemeinen Wohlfahrt und zur Beförderung des Gottesreiches dienen müssen. Der Glaube an Gott bedingt daher auch den an eine göttliche Vorsehung, welche den blinden Zufall ebenso ausschließt, wie die blinde Nothwendigkeit oder das Fatum. Wo sie nach für uns faßlichen und bekannten Gesetzen der Veltordnung wirkt, kommt sie uns natürlich und mittelbar vor, wo sie davon abzuweichen scheint, übernatürlich, unmitelbar und wunderbar. Aber der religiösen Ansicht der Dinge erscheint auch das Natürliche schon wunderbar, und so sieht man sich bei der Unzulänglichkeit menschlicher Vorstellungen von Gott und göttlichen Dingen um so mehr auf das Gebiet des Glaubens versetzt. Dieser aber weist uns tröstlich hin auf die göttliche Liebe, welche Alles zum Besten lenkt und auf die Heiligkeit Gottes oder sittliche Vollkommenheit, welche nur die höchsten sittlichen Zwecke verfolgen kann. Dabei darf man endlich auch nicht aus dem Auge lassen, daß vor dem ewigen Wissen und Schauen Gottes die menschlichen Vorstellungen von groß und klein, von wichtig und unwichtig nicht bestehen, sondern daß, bildlich gesprochen, seinem Vaterherzen Alles gleich nahe liegt. Wo aber der menschliche Verstand nicht ausreicht, wird dem Christen die heilige Schrift den besten Trost gewähren.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 627.
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