Hoheit

[402] Hoheit nennt man im Staatsrecht den aus den materiellen Rechten der Staatsgewalt fließenden Wirkungskreis des Herrschers. Der Hoheit in diesem Sinne wird die Verwaltung entgegengesetzt, als der Wirkungskreis der mit der Ausübung eines staatsgewaltlichen Rechts vom Herrscher oder vom Volke Beauftragten. Die Hoheit faßt wesentlich in sich das Recht der Organisation, der obersten Leitung, der Verfügung und höchsten Entscheidung in allen Zweigen der Staatsregierung mit einziger Ausnahme der Rechtspflege, bei welcher in gebildeten Staaten die letzte Entscheidung [402] unabhängigen Gerichten zusteht. Da aber auch die Rechte der Hoheit nicht von dem Herrscher allein, sondern unter Mitwirkung verantwortlicher Minister ausgeübt werden sollen, und in Bezug auf die einzelnen Provinzen des Staats ihre Ausübung den Provinzialbeamten und Behörden übertragen werden muß, so erscheint auch die Hoheit wieder als ein besonderer Verwaltungszweig, und somit die ganze Staatsregierung in ihrer Wirklichkeit als Staatsverwaltung, welche eigentlich in drei Hauptzweige zerfällt, in die Verwaltung der Gesetzgebung, der Rechtspflege und der Regierung. Nach den einzelnen Gegenständen des hoheitlichen Wirkungskreises spricht man auch von einer Policei-, Kirchen- und Schulen-, Finanz-, äußerer und Kriegshoheit. Auch bezeichnet man oft einzelne der Staatsgewalt zustehende Rechte, die sogenannten Regalien (s.d.) mit dem Namen Hoheitsrechte, wie denn überhaupt nicht blos im gemeinen Leben, sondern auch bei den Staatsrechtslehrern das Wort Hoheit in sehr verschiedenem Sinne gebraucht wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 402-403.
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