Humor

[423] Humōr wird im gemeinen Leben häufig für heitere Laune, Aufgeräumtheit gesagt und ist ursprünglich ein lat. Wort, hūmor, welches Feuchtigkeit bedeutet. Die übertragene Bedeutung ist durch die Art entstanden, in welcher die ältern Naturforscher die verschiedenen Temperamente der Menschen auf die unterschiedene Mischung von vier elementarischen Feuchtigkeiten im Menschen zurückführten. – Eine bestimmtere Bedeutung hat das Wort Humor in der Ästhetik erhalten, indem man darunter eine zwischen der komischen und tragischen mitten inne liegende Auffassung und Darstellung in der Poesie versteht. Im Menschenleben, dem wichtigsten Gegenstande poetischer Darstellung, sind die geistigen ewigen und erhabenen Interessen fortwährend mit den irdischen kleinlichen und endlichen Interessen verknüpft. Während der tragische Dichter den Menschen nur in seiner Beziehung auf jene hohen geistigen Interessen darstellt, zeigt ihn der Komiker dagegen mitten in dem endlichen Treiben, welches sich vergebens zu der Würde des Geistes aufzublähen sucht. Der Humorist steht, wie gesagt, zwischen Tragiker und Komiker, indem er jenes Ineinanderspielen des Endlichen und Ewigen darstellt; er nähert sich dem Komiker, wenn er zeigt, wie die ewigen Interessen des Menschen durch das thörichte endliche Treiben bedingt werden, wie auch der größte, die gewaltigsten Thaten des Geistes vollbringende Mensch doch von allen Erbärmlichkeiten des irdischen Daseins sich nicht loszumachen vermag; – und er tritt dem Tragiker näher, wenn er zeigt, wie in allen Kleinlichkeiten des Menschenlebens doch auch wieder der unsterbliche Geist sich regt und somit das scheinbar Nichtige zum tief Bedeutungsvollen macht. Die größten humoristischen Schriftsteller sind die Engländer Swift und Sterne und die Deutschen Hippel und Jean Paul.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 423.
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