Kitzel

[610] Kitzel wird eine nicht wohl zu beschreibende Empfindung genannt, die in Folge einer eigenthümlichen Berührungsweise in manchen Gegenden der äußern Haut und da, wo diese sich als Schleimhaut in das Innere des Körpers fortsetzt, entsteht, meist zum Lachen reizt, durch Übertragung des Empfundenen von der Berührungsstelle aus auf das Nervensystem des ganzen Körpers diesen in einen krampfähnlichen Zustand versetzt und im Anfange ein so lebhaftes Vergnügen gewährt, daß es nicht lange anhalten kann, darum bei längerer Dauer und höherer Steigerung in Schmerz ausartet. Der Kitzel ist stets eine durch Berührung hervorgebrachte, d.h. eine sogenannte äußere Empfindung. Nicht jede Stelle der äußern Haut und der Schleimhäute ist derselben fähig, sondern vorzugsweise nur die seitlichen Gegenden des Rumpfs, die Hohlhände, die Fußsohlen, die Oberlippe, die Öffnung des Mundes, der Nase, der Ohren und der Geschlechtstheile. Erfahrungsgemäß ist die Empfänglichkeit für die Empfindung des Kitzels größer oder geringer je nach der besondern Stimmung des Nervensystems; in der Regel sind Menschen, die sehr reizbare Nerven besitzen, so im Allgemeinen Frauen und Kinder kitzlicher, wie man zu sagen pflegt, als Andere, ja es gibt Personen, denen eine so außerordentliche Empfänglichkeit für diese Empfindung eigen ist, daß sie schon durch die Geberde dazu, ja selbst durch die bloße Drohung, man wolle sie kitzeln, in den Zustand von Krampf oder Nervenerschütterung, der dieses Gefühl zu begleiten pflegt, versetzt werden. Wie es übrigens zugehe, daß die Empfindung des Kitzels ein unwiderstehliches Lachen und unwillkürliche Bewegungen des ganzen Körpers hervorbringe, weiß man bis jetzt nicht zu erklären. Allzu häufige Hervorbringung desselben überreizt das Nervensystem, erschöpft und entnervt. Zuweilen wird das Kitzeln als Erweckungsmittel aus Ohnmachten benutzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 610-611.
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