Messkunst

[121] Messkunst (die) ist ein sehr wichtiger Theil der angewandten Mathematik und die nach ihren Grundsätzen mit Hülfe der geeigneten Meßinstrumente angestellten Messungen führen zur Ermittelung der Größe beträchtlicher Räume und Körper; so die astronomischen Messungen zur Bestimmung der Größe, Bahnen und Entfernungen der Weltkörper, die geographischen Gradmessungen (s. Grad) zur genauen Erkenntniß von Größe und Gestalt, die Höhenmessungen (s. Berg) zur Bestimmung der Unebenheiten der Oberfläche der Erde. Vermessungen ganzer Provinzen und Länder bezwecken sowol den Flächeninhalt derselben zu erfahren, als auch einen vollständigen Grundriß davon zu bekommen; die Ausmessung von Feldern, Wiesen und ähnlichen Grundstücken endlich ist Gegenstand des Feldmessens (s.d.). In Bezug auf Anwendung der Meßkunst zur Ermittelung von Raumgrößen der Erde wird sie auch Geodäsie und ein darin bewanderter Mann oder Feldmesser ein Geodät genannt, der sowol in der reinen Mathematik und in der Anwendung ihrer Formeln und Sätze, als auch in der Benutzung der Meßinstrumente hinreichend erfahren sein muß. Zu den letztern gehören die Meßketten, aus einen Fuß langen Gliedern von starkem Eisendraht gebildete und meist 50 F. lange Ketten, welche mit Ringen an beiden Enden an zwei starken Stäben befestigt sind, die beim Gebrauche mit den Spitzen in die Erde gestoßen werden und zum Straffziehen der Kette dienen. Als Ersatzmittel der Meßketten werden hänfene Meßschnuren und Meßleinen angewendet; das beste Mittel zum Ausmessen gerader Linien bleiben jedoch die Meßstangen, lange und einige Zoll starke, viereckige und mit dem geltenden Maße in Ellen, Fußen, Zollen u.s.w. bezeichnete, an den Enden mit Metall beschlagene Stangen, das sowol ihre Abnutzung verhindert, als auch das genaueste Aneinanderfügen erlaubt. Ferner gehören hierher alle geometrische und astronomische Werkzeuge, welche mittel- oder unmittelbar die Höhe oder Entfernung eines Gegenstandes und die Winkel bestimmen helfen, welche er mit andern bildet, wie die Boussole (s. Compaß), der Meßtschi (s.d.), der Sextant, das Astrolabium, der Theodolit u.a. (S. Winkelmesser.) Bei Vermessungen großer Bezirke und ganzer Länder wird zuerst eine möglichst lange, gerade und wagerechte Linie als Standlinie oder Basis gemessen, von deren zwei Endpunkten aus nach einzelnen ins Auge fallenden Gegenständen, wie Thurmspitzen, Bäume oder dazu besonders aufgestellte Signalstangen visirt und so auf der Basis eine Reihe von Dreiecken gebildet wird, deren Scheitelpunkte jene Gegenstände sind. Die gegenseitigen Verhältnisse dieser Dreiecke werden mittels Winkelmessern und Berechnung gefunden, und indem man von ihnen aus ebenso nach andern auffallenden Gegenständen visirt und neue, auf den Seiten der frühern ruhende Dreiecke bildet, wird ein Netz mit dreieckigen Maschen (trigonometrisches Netz) über das ganze zu vermessende Gebiet erhalten, im verjüngten Maßstabe zu Papier gebracht, und indem nun die Fächer desselben mit den auf gleiche Weise gefundenen, innerhalb derselben liegenden Punkten ausgefüllt werden, bekommt man einen, dem zu vermessenden Gebiete im Kleinen völlig entsprechenden Grundriß und das genaue Maß seines Flächenraums. Bei Landesvermessungen von solchem Umfange, daß dabei die Krümmung der Erdoberfläche berücksichtigt werden muß, tritt die Nothwendigkeit ein, die durch die gebildeten großen Dreiecke gefundenen Punkte auch mit Hülfe astronomischer Beobachtungen festzustellen, d.h. ihre geographische Länge und Breite und ihre Mittagslinie genau zu bestimmen. Diese Punkte und die dieselben verbindenden großen Dreiecke machen dann das Hauptnetz aus und in den großen angelegte kleinere Dreiecke helfen nun die Vermessung über das Einzelne (die Special- oder Detailvermessung) vollenden. Dies ganze Geschäft wird auch das Aufnehmen einer Gegend oder eines Landes genannt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 121-122.
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