Murmelthiere

Murmelthiere

[222] Murmelthiere (die) gehören zu den Nagesäugthieren, und die in Europa bekannteste Art derselben sind die Alpenmurmelthiere, auch Alpenmaus und in der Schweiz Murmentel und Mistbellerle genannt, welche die Größe eines Kaninchens erreichen und gesellig auf den höchsten Gebirgen der Schweiz, in Savoyen, Tirol und auf den Pyrenäen leben.

Ihr zottiger, grober Pelz sieht im Allgemeinen gelblichgrau, dunkler und mitunter schwarz auf dem Rücken, am Bauche mehr röthlich, an dem dicken Kopfe mehr grau. Die kurzen Ohren sehen kaum aus dem langen Haar hervor; die Füße sind kurz, der Schwanz buschig. Ihre Wohnungen legen sie dicht an die Grenze des ewigen Schnees in den Bergen an, in die sie mehre Klafter lange Gänge wühlen, welche zu mehren Fuß breiten rundlichen Kammern führen, wo sie auf einem Heulager den Winter und damit die Hälfte des Jahres, in Gesellschaft und ohne Nahrung verschlafen. Im Sommer sind Alpengräser und Pflanzen ihre Nahrung, die sie, gleich den Eichhörnchen, auf den Hinterbeinen aufgerichtet sitzend, zu sich nehmen. Überaus gern sonnen sie sich an der Mittagsseite der Berge, spielen miteinander und murren dazu wie junge Hunde, sind aber dabei stets wachsam gegen etwaige Gefahr. Fortwährend richtet Eins oder das Andere sich auf und späht umher, und wenn es das geringste Verdächtige bemerkt, gibt es durch ein gellendes Pfeifen allen seinen schüchternen Genossen das Zeichen zur schleunigen Flucht. Jung eingefangen werden sie leicht zahm, lernen allerlei kurzweilige Künste und die Knaben der armen Bergbewohner in Savoyen machen aus dem Umherziehen mit abgerichteten Murmelthieren einen Erwerb. Sonst stellt man ihnen auch ihres Pelzes, sowie des Fleisches wegen nach, das gesalzen und geräuchert vorzüglich beliebt ist. Eine andere Art Murmelthier, der Bobak, bewohnt die niedern Höhen von Polen bis nach Kamtschatka, sieht gelbgrau und am Kopfe rothbraun. Unter den in Nordamerika vorkommenden Arten erscheint der von seiner Stimme, die dem Gebelle eines Hündchens gleicht, sogenannte Prairie- oder Wiesenhund, durch seine Baue besonders merkwürdig. Diese bestehen aus runden Erhöhungen von anderthalb Fuß und zwei Fuß Durchmesser, mit denen oft der Boden ganze Stunden weit bedeckt ist und die den Eingang zu den unterirdischen Wohnungen bilden. Die Amerikaner nennen eine solche Murmelthiercolonie ein Dorf. Verlassene Baue der Prairiehunde pflegt eine besondere Art Eulen in Besitz zu nehmen, die auch sonst in vertraulicher Nähe mit ihnen leben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 222.
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