Photius

[493] Photĭus, der Urheber der Trennung der griech. und röm. Kirche, war Patriarch von Konstantinopel und mit der kais. Familie verwandt. P. hatte schon die wichtigsten Staatsämter, unter andern auch das eines Gesandten am Hofe des Khalifen von Bagdad bekleidet, als er, dem geistlichen Stande gänzlich fremd, aber ausgezeichnet durch vielseitige Kenntnisse und Gelehrsamkeit, nach Absetzung des Patriarchen Ignatius durch Vermittelung eines Oheims des regierenden Kaisers Michael III., noch jung im I. 858 zur höchsten kirchlichen Würde erhoben wurde, nachdem er zuvor in sechs Tagen die ganze Stufenfolge geistlicher Würden durchlaufen hatte. Da indeß der röm. Bischof Nikolaus I. diese nach röm. Kirchenrechte ungesetzliche Weihe eines Laien zum Bischof verwarf, so entstand zwischen beiden ein heftiger Streit, in welchem sich jeder das höchste Ansehen beilegte, der aber, als auch P. auf einer nach Konstantinopel berufenen Synode 867 gegen den Papst Bann und Entsetzung aussprach, die gänzliche Trennung der griech. von der lat. Kirche zur Folge hatte. Einen weit gefährlichern Feind erhielt von jetzt P. an dem Kaiser Basilius, dessen Gesellschafter und Prinzenerzieher er war, als er demselben wegen Michael's, seines Vorgängers, Ermordung die Kirchengemeinschaft verweigerte. Durch eine Synode entsetzte ihn der Kaiser 869 seines Amtes und schickte ihn in die Verbannung. Aber im I. 877 erhielt er seine Würde aufs Neue, bis er sie, von Leo dem Weisen 886 der Theilnahme an einer Verschwörung beschuldigt, abermals verlor und in ein armen. Kloster verwiesen wurde, in welchem er 891 starb. Neben Herrschsucht und Strenge, den Ursachen seines wechselvollen Schicksals, da er sie an der kais. Willkür geltend machte, und ohne sich von den Vorurtheilen seines Zeitalters frei machen zu können, war P. der gelehrteste und fruchtbarste Schriftsteller seiner Zeit, der in allen Wissenschaften eine Menge Schriften verfaßte und eine Bibliothek von 12000 Bänden besessen haben soll.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 493.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: