Quatre-bras

[608] Quatre-bras heißen einige Häuser, welche an der Straße von Charleroi nach Brüssel da liegen, wo dieselbe auf einer sanften Höhe von der Straße von Namur nach Nivelles durchschnitten wird und wo ein Wegweiser mit vier Armen, franz. à quatre bras, stand. Sie sind mit dem nordöstl. in der Nähe gelegenen Dorfe Ligny durch die Kämpfe geschichtlich berühmt geworden, welche hier am 16. Jun. 1815 als Vorspiel zu der folgenreichen Schlacht von Waterloo (s.d.) zwischen den Franzosen und den Preußen und Engländern stattfanden. In der Absicht, die zwischen Brüssel und Lüttich noch unvereinigt stehenden Heere unter Wellington (102,000 M.) und Blücher (120,000 M.), denen er nicht über 115,000 M. entgegenzusetzen hatte, einzeln zu schlagen, ließ Napoleon nach der Einnahme von Charleroi am 15. Jun. schon den Marschall Ney mit 42,000 M. auf der Straße nach Brüssel vorgehen, um bei Q. die von Brüssel her zu erwartenden engl., niederländ und, braunschweig. Truppen unter Wellington um jeden Preis aufzuhalten, sodaß sie den Preußen unter Blücher, während er dieselben anzugreifen gedachte, nicht zu Hülfe kommen könnten. Schon am 15. waren die Vorposten des Marschalls Ney bis in die Nähe von Q. gekommen, wo sie hartnäckigen Widerstand fanden und am 16. von Nachmittags vier Uhr an, wo Ney nach ihm von der einen Seite zur Last gelegtem, von der andern gerechtfertigtem Zögern erst zum ernstlichen Angriffe auf Q. schritt, mit den inzwischen angelangten niederländ. und den braunschweig. Truppen, deren Führer, Herzog Friedrich Wilhelm (s. Braunschweig), hier fiel, sowie mit mehren engl. Divisionen ein blutiges Treffen zu bestehen hatten. Ney konnte in Folge anderer Anordnung Napoleon's blos die Hälfte seiner Truppen zum Angriffe verwenden und verhinderte zwar die Vereinigung Wellington's mit Blücher, mußte aber am Abend und nach einem Verluste von 5000 M., sich vom Schlachtfelde zurückziehen. Inzwischen hatte Napoleon selbst um drei Uhr Nachmittags die Preußen angegriffen, welche südl. von der Straße von Q. nach Namur auf Anhöhen in einem engen Halbkreis, mit den Dörfern St.-Amand, Ligny, Tongrines und Sombref vor der Fronte, die Schlacht annahmen. General Vandamme griff mit dem dritten Corps St.-Amand und den preuß. rechten Flügel an, das vierte Corps unter Gérard richtete seinen Angriff auf Ligny und der preuß. linke Flügel wurde von Grouchy mit der franz. Reiterei bei Sombref bedroht. Da im Fortgange der Schlacht die von Ney, sobald er Q. genommen, von dort zu bewirkende Absendung eines Corps auf die Straße nach Namur in den Rücken Blücher's nicht erfolgte, wendete Napoleon seinen auf St.-Amand gerichteten und tapfer abgewehrten Hauptangriff auf Ligny, um das ein mörderischer Kampf geführt wurde, bis die ausgeruhten franz. Garden den das Dorf durchschneidenden Bach, diesseit welches sich die Franzosen, jenseit die Preußen behaupteten, zu beiden Seiten desselben überschritten und die Letztern abzuschneiden drohten. Blücher selbst kam mit etwa 1000 M. leichter Reiterei den Bedrängten zu Hülfe, die aber von franz. Kürassieren geworfen wurden, und wobei Blücher selbst mit dem Pferde stürzte und der Gefangenschaft nur durch Zufall und Dunkelheit entging. Ligny mußte hierauf verlassen werden und Blücher zog sich nach Wavre zurück, ohne verfolgt zu werden, wozu Napoleon erst am folgenden Tage 35,000 M. abordnete. Der Verlust Blücher's betrug gegen 20,000 M. und 15 Geschütze, der der Franzosen soll 7000 M. nicht überstiegen haben. Napoleon wendete sich nun am 17. gegen Wellington, der aber bereits eine rückgängige Bewegung gegen Brüssel gemacht hatte, und mit dem es erst am 18. Jun. zur Schlacht bei Waterloo kam.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 608.
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