Wellington

Wellington
Wellington

[689] Wellington (Arthur Colley Wellesley, Herzog von), der ausgezeichnetste engl. Feldherr in dem letzten langen Kriege Englands und Europas wider Frankreich, ist der dritte Sohn von Lord Garret Colley, Grafen von Mornington, und am 1. Mai 1769 zu Dungancastle in Irland geboren.

Nach dem Besuche der Schule zu Eton erhielt er auf der franz. Kriegsschule zu Angers seine militairische Vorbildung und trat 1787 als Fähnrich in die Armee. Dem Feldzuge von 1794 in Flandern wohnte W. schon als Oberstlieutenant bei, 1797 aber ward er mit seinem Regimente nach Ostindien geschickt, wo sein ältester Bruder, Marquis von Wellesley, damals Generalgouverneur war. W. zeichnete sich hier im Kriege wider den Sultan von Mysore, Tippo Saib, und als Generalmajor und Oberbefehlshaber durch Besiegung der Mahratten (im J. 1803) aus, wurde nach der Rückkehr nach England 1806 ins Unterhaus gewählt, war 1807 kurze Zeit Secretair des Statthalters von Irland, wohnte aber noch im nämlichen Jahre dem Bombardement [689] von Kopenhagen bei, führte im Jul. 1808 ein engl. Hülfsheer nach Portugal und siegte bei Vimeira über die Franzosen, unterhandelte auch mit ihnen die Convention von Cintra über die Räumung von Portugal. W. mußte jedoch den Oberbefehl auf der pyrenäischen Halbinsel auf einige Zeit abgeben, übernahm ihn aber am 22. Apr. 1809 von neuem und führte ihn nun bis zu Ende des span. portugies. Befreiungskriegs im J. 1814 mit großem Ruhm. Seinen glänzenden Waffenthaten und Siegen folgten aber auch auf dem Fuße die außerordentlichsten Belohnungen. So brachte ihm die Schlacht bei Talavera (28. Jul. 1810) den Titel eines Viscount von Talavera, die Vertheidigung der Linien von Torres Vedras in Portugal den eines Marquis von Torres Vedras, die Belagerung und Erstürmung (20. Jan. 1812) von Ciudad Rodrigo die Ernennung zum Herzoge von Ciudad Rodrigo und span. Granden, sowie zum engl. Grafen von W., der große Sieg bei Salamanca (22. Jul. 1812) den Hosenbandorden und 100,000 Pf. St. vom Parlamente ein. Nach dem Siege über König Joseph (Bonaparte) bei Vittoria (21. Jun. 1813) wurde W. Feldmarschall und Herzog von Vittoria und erhielt von Spanien ansehnliche Grundbesitzungen geschenkt. Im J. 1814 drang er über die Pyrenäen in Frankreich vor und erkämpfte bei Toulouse am 10. Apr. den letzten Sieg über den Marschall Soult, worauf er sich nach dem von den Verbündeten inzwischen eingenommenen Paris begab und endlich über Madrid, wo ihn Ferdinand VII. noch zum Generalcapitain von Spanien ernannte, nach England zurückkehrte. Vorher schon war er zum Herzoge von W. und Marquis von Duero ernannt worden und erhielt jetzt vom Parlament noch 300,000 Pf. St. zum Ankauf von Gütern geschenkt. Er begab sich hierauf als Gesandter nach Paris und bekleidete seit dem 1. Febr. 1815 die Stelle des engl. Hauptbevollmächtigten beim wiener Congresse, übernahm nach der Rückkehr Napoleon's am 6. Apr. den Oberbefehl der engl., niederländ., hanov. und braunschweig. Truppen, mit denen er bei Quatrebras und bei Waterloo (s.d.) neuen Ruhm erntete. Man wetteiferte ordentlich, ihn zu belohnen; der Ernennung zum Fürsten von Waterloo durch den König der Niederlande folgten Geschenke kostbarer porzellanener Tafelservice vom Kaiser vom Rußland, den Königen von Preußen und von Sachsen, und eines silbernen vom König von Portugal, welches 1 Mill. Thaler an Werth hatte. Außerdem ward er Inhaber fast aller hoher Orden und Feldmarschall der engl., span., portugies., niederländ., östr., preuß. und russ. Armeen. Londoner Wechsler und Kaufleute ließen nach dem Vorbilde des von Homer beschriebenen Schildes des Achilles (s.d.) einen prächtigen und überaus kunstreichen silbernen Schild von 3 F. 8 Zoll im Durchmesser verfertigen, welcher in dem goldenen und vorstehend abgebildeten mittlern Felde W. mit den Hauptgefährten seiner Thaten zu Pferde in halberhabener Arbeit vorstellt. Dies mit einem breiten Eichenkranze eingefaßte Mittelstück umgibt ein in zehn Felder getheilter Rand, deren jedes das Bild einer Großthat W.'s, wie das hier unten abgebildete die Erstürmung von Badajoz am 6. Apr. 1812 enthält. Dieser Schild wird von zwei 4 F. 4 Z. hohen Säulen getragen, auf welchen die Göttinnen Fama und Victoria stehen und deren Fuß Trophäen und symbolische Figuren umgeben.

Nach hergestelltem Frieden erhielt W. den Oberbefehl der in Frankreich zurückbleibenden verbündeten Truppen und aller [690] von ihnen besetzten Festungen, und wohnte den Congressen (s.d.) zu Aachen 1818 und Verona 1822 bei. Seit diesen war er auch bis 1827 Mitglied des engl. Cabinets, hat sich aber auf dem diplomatischen und staatsmännischen Gebiete nicht besonders hervorgethan. Was man früher Besonnenheit genannt hatte, stellte sich bald als aristokratische Hartnäckigkeit hervor, nachdem W. 1828 engl. Premierminister geworden war und nach und nach lauter Tories um sich vereinigte. Die von ihm nothgedrungen durchgeführte Emancipation der Katholiken erwarb ihm zwar neue Beliebheit, aber die Verweigerung anderer Verbesserungen, die Vernachlässigung der constitutionnellen Angelegenheit in Portugal, wo Dom Miguel von ihm begünstigt wurde, sowie der Griechen, endlich auch sein hochfahrend rauhes Benehmen stimmten die öffentliche Meinung sehr gegen ihn, während er auch im Vertrauen der Tories durch sein Nachgeben hinsichtlich der Emancipation verlor. Obgleich dem 1830 zur Regierung gekommenen König Wilhelm IV. persönlich zuwider, bestätigte ihn derselbe doch im Amte, allein im Nov. trat W. zurück, da er im Unterhause die Majorität verloren hatte, und gehörte nun zu den eifrigsten Gegnern der von seinem Nachfolger Lord Grey betriebenen Reform. Als im Verlauf dieser wichtigen Maßregel W. 1832 zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen wurde, machte ihm die öffentliche Meinung dies unmöglich und Lord Grey blieb. Im J. 1834 wurde W. Kanzler der Universität Oxford und bei Auflösung des Ministeriums Melbourne (s.d.) abermals zum Nachfolger ernannt, überließ aber die Stelle des ersten Ministers an Sir Robert Peel (s.d.) und behielt das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten, mußte aber schon im Apr. 1835 mit dem ganzen Ministerium wieder abdanken, das natürlich ein Toryministerium war. W. hat mehr als mittlere Größe, ein auffallend langes Gesicht mit stark ausgeprägten Zügen, ist stark gebaut, aber sehr mager. Als Feldherrn sind ihm zu Kalkutta und in England Statuen und Denkmale errichtet worden, doch hat ihn auch das Volk in London wegen seines Widerstandes gegen die Reformbill im Bilde verbrannt und persönlich verhöhnt. – Die alte engl. Familie Colley, der er angehört, wanderte im 16. Jahrh. in Irland ein und brachte die Güter der erloschenen Familie Wellesley an sich, deren Namen sie auch annahm. Von seinen vier Brüdern hat der älteste Richard Colley, Marquis von Wellesley, geb. 1760, als Minister, Generalgouverneur von Ostindien (seit 1797) während der wichtigen Kriege gegen Tippo Saib, die Mahratten und die Franzosen in Ägypten, als Gesandter in Spanien (1809), Lordlieutenannt von Irland (1821–28) und in andern höchsten Staatsämtern wichtige Dienste geleistet. William Wellesley-Pole, geb. 1763, welcher von einem Vetter Sir Wellesley-Pole seinen Zunamen führt, dessen Universalerbe er wurde, hat unter Anderm als Parlamentsmitglied und Staatssecretair für Irland an den engl. Staatsangelegenheiten Theil genommen. – Gerhard Valerian Wellesley, geb. 1771, wählte den geistlichen Stand. – Der jüngste Bruder Henry Wellesley, geb. 1773, ging als Secretair seines ältesten Bruders mit nach Indien, wurde hier 1801 Statthalter von Audh, 1805 Secretair der Schatzkammer in England, war dann Gesandter in Spanien, in Brasilien, 1825 in Wien, wurde 1828 zum Lord Cowley erhoben, aber bald darauf abberufen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 689-691.
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