Schwere

[138] Schwere nennt man die Kraft, mit welcher der Erdkörper alle übrigen Körper anzieht, und welche eine Äußerung des Gesetzes ist, daß sich alle Körper im Verhältnisse ihrer Massen anziehen. Jeder irdische Körper wird von der Erde (als der Gesammtheit aller übrigen) angezogen und besitzt also Schwere, daher ist diese die gemeinschaftliche Eigenschaft aller Körper. Eine Folge der Schwere ist der Fall der Körper (s.d.); der Druck, welchen die Körper auf ihre Unterlagen ausüben und welcher von ihrer Masse abhängt, und das Gewicht (s.d.) der Körper. Bei dem Gewicht werden aber die Massen verschiedener einzelner Körper untereinander verglichen, während bei der Schwere die Gesammtheit der Masse alles Irdischen mit der eines bestimmten einzelnen Körpers in Beziehung gesetzt wird. Auch die Weltkörper untereinander ziehen sich nach Maßgabe ihrer Massen an, und diese Anziehung, von welcher die Ordnung des Weltgebäudes abhängt, heißt die allgemeine Schwere oder Gravitation (s.d.) – In jedem Körper gibt es je nach der Vertheilung der Masse in ihm einen Punkt, in welchem sich seine ganze Schwere so gleichsam concentrirt, daß man nur diesen Punkt zu unterstützen nöthig hat, um damit zugleich dem ganzen Körper eine Unterlage zu verschaffen, in welcher er vor dem Fallen gesichert ist, d.h. in welcher seine einzelnen Theile im Gleichgewicht gegeneinander stehen. Man nennt jenen Punkt den Schwerpunkt des Körpers. Ist der Körper ein solcher, in welchem die Masse durchgängig ganz gleichmäßig vertheilt ist, so hängt die Lage des Schwerpunktes nur noch von der Gestalt des Körpers ab, und die Geometrie gibt die Mittel an die Hand, die Lage des Schwerpunktes mit mathematischer Genauigkeit zu berechnen. Bei allen Maschinen und mechanischen Bewegungen kommt die Lehre vom Schwerpunkt und vom Gleichgewicht in Anwendung, und diese ist daher in der Mechanik von der allergrößten Wichtigkeit. Alle Kunst des Balancirens besteht nur darin, daß man den zu balancirenden Körper im Gleichgewicht erhält, d.h. daß man, wie er sich auch bewegen möge, stets seinen Schwerpunkt unterstütze und ihn so vor dem Fallen schütze. Selbst das Gehen des Menschen besteht in nichts Anderm als in der Kunst, seinen Körper auf den Beinen zu balanciren, die Beine so zu stellen, daß sie stets den Schwerpunkt des Leibes unterstützen und ihn auf diese Weise hüten zu fallen, d.h. dem Gesetze der Schwere, das auch ihn beherrscht, gehorchend, unwillkürlich sich so lange zu bewegen, bis er eine Lage erlangt hat, in welcher sein Schwerpunkt oder die Schwerpunkte seiner einzelnen Glieder Unterstützung gefunden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 138.
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